Dunkle Rosen: Roman (German Edition)
werden; das war nach Weihnachten immer so. Daher nahm sich Roz ein Beispiel an Stella und begab sich ans Organisatorische. Sie reinigte Werkzeuge, schrubbte Arbeitstische, half bei der Inventur und entschied sich endlich, wie die Säcke ihrer Blumenerde aussehen sollten.
Als sie immer noch Zeit übrig hatte, machte sie sich mit Hayley daran, einen neuen Vorrat an Übertöpfen und Pflanzkübeln aus Beton zu gießen.
»Ich kann gar nicht glauben, dass Weihnachten schon vorbei ist.« Hayley ging in die Hocke und drehte die Form, während Roz den Beton hineingoss. »All die Vorfreude und die Vorbereitungen, und dann ist das Ganze im Nu vorbei. Letztes Jahr dagegen, mein erstes Weihnachten nach dem Tod meines Vaters … Das war einfach schrecklich, und die Feiertage zogen sich wie Gummi.«
»Kummer dehnt die Zeit eher in die Länge, Freude verkürzt sie. Ich weiß auch nicht, warum das so ist.«
»Ich weiß nur noch, dass ich wünschte, es wäre alles schon vorbei – damit ich nicht jeden Tag auf dem Weg zur Arbeit ›Jingle Bells‹ hören musste, verstehst du? Ich war schwanger, fühlte mich einsam, das Haus stand zum Verkauf. Den größten Teil der Feiertage habe ich damit zugebracht, Sachen zusammenzupacken und mir zu überlegen, was ich verkaufen will, damit ich Little Rock verlassen kann.«
Hayley hockte sich auf ihre Absätze und seufzte glücklich
auf. »Und hier, nur ein Jahr später, war alles so hell und fröhlich. Ich weiß, dass Lily noch nicht verstanden hat, was los war, aber es war so lustig, sie mit ihren Spielsachen spielen zu sehen oder mit den Kartons.«
»Es geht nichts über einen Pappkarton, wenn du ein Baby beschäftigen willst. Für mich, für uns alle war es auch etwas Besonderes, sie dabeizuhaben, ihr erstes Weihnachtsfest mit ihr feiern zu dürfen.«
Als die Form voll war, strich Hayley die Ränder mit einer Kelle glatt. »Ich weiß, dass du sie sehr lieb hast, aber ich habe einfach ein schlechtes Gewissen, wenn du an Silvester zu Hause bleibst und auf sie aufpasst, während ich auf eine Party gehe.«
»Ich bleibe an Silvester am liebsten daheim. Lily gibt mir die perfekte Ausrede dafür. Und ich freue mich schon darauf, sie ganz für mich allein zu haben.«
»Du bist doch bestimmt auf ein halbes Dutzend Partys eingeladen.«
»Mehr.« Roz richtete sich auf und drückte sich die Hände ins Kreuz. »Das interessiert mich nicht. Geh du mal mit David aus und feiere mit anderen jungen Leuten. Trag deine neuen Ohrringe und tanze. Lily und ich begrüßen das neue Jahr gemeinsam; das wird schön.«
»David hat erzählt, er hat dich noch nie überreden können, auf diese Party zu gehen, obwohl sie jetzt schon seit Jahren Tradition ist.« Hayley nahm sich eine Flasche Wasser und trank daraus. »Er hat gesagt, Harper kommt wahrscheinlich mal vorbei.«
»Das kann ich mir denken. Sie haben eine ganze Reihe gemeinsamer Freunde.« Amüsiert tätschelte Roz Hayleys Schulter. »Komm, machen wir noch einen und lassen es dann gut sein.«
Als Roz nach Hause kam, war sie müde, aber es war jene angenehme Müdigkeit, die einen erfüllte, wenn man einige Aufgaben von seiner Liste erledigt hatte. Als sie Mitchs Wagen in der
Einfahrt bemerkte, ertappte sie sich überrascht bei der Überlegung, ob sie nach oben gehen und sich umziehen sollte, bevor sie ihn in der Bibliothek aufsuchte.
Doch das war erstens Zeitverschwendung und zweitens nicht ihr Stil, erinnerte sie sich, und so trug sie noch ihre Arbeitsklamotten, als sie die Bibliothek betrat. »Haben Sie alles, was Sie brauchen?«
Mitch schaute von seinem Stapel aus Büchern und Papieren auf, der vor ihm auf dem Tisch lag. Durch die Gläser seiner horngeränderten Lesebrille starrte er sie an. »Hm?«
»Ich bin gerade erst hereingekommen. Ich dachte, ich sehe mal nach, ob Sie noch etwas brauchen.«
»Ein paar Dutzend Jahre, um all das hier zu ordnen, ein neues Paar Augen …« Mitch hob den Becher auf dem Tisch vor sich hoch. »Mehr Kaffee.«
»Zumindest das kann ich besorgen.« Roz ging zu ihm hinüber und stieg die Stufen zur zweiten Ebene hinauf.
»Nein, nicht nötig. Wahrscheinlich habe ich ohnehin schon neun Promille Koffein im Blut. Wie spät ist es?«
Roz bemerkte die Uhr an seinem Handgelenk; dann schaute sie auf ihre eigene. »Zehn nach fünf.«
»Morgens oder nachmittags?«
»Sitzen Sie schon so lange hier?«
»Lange genug, um den Überblick zu verlieren, wie üblich.« Mitch rieb sich die Rückseite einer Schulter und ließ den
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