Dunkle Schwinge Bd. 2 - Der dunkle Pfad
seinen Stellvertreter kritisch musterte.
»Chris, Sie sind seit zwei Jahren mein XO. Ich kenne Jackie Laperriere seit mehr als zwölf Jahren. Sie ist stur, manchmal ist sie sogar etwas starrsinnig. Und sie kann ein ganz schönes Temperament an den Tag legen. Aber sie ist garantiert nicht verrückt. Wenn sie sagt, dass da Aliens sind, dann sind die auch da.«
»Aliens, die Menschengestalt annehmen können.«
»Wenn sie das so sagt.«
»Aliens, die Gedanken kontrollieren können.«
»Wenn sie das so sagt. Zweifeln Sie an ihren Befehlen, Kommandant?«
»Nein, Sir.«
»Gut, denn sonst …«
»Nein, Sir«, unterbrach er Georg Maartens und machte einen Schritt nach links, sodass sich das Holo nicht länger zwischen ihnen befand. »Ich ändere ihre Befehle.«
»Sie an …« Maartens sah seinen XO an und versuchte zu begreifen, was der gerade eben gesagt hatte. »… an …«, begann er noch einmal, bis ihm klar wurde, dass er nicht fähig war, etwas zu erwidern.
Oder sich zu bewegen.
Oder den Blick abzuwenden. Er nahm Christoph Kim wie am Ende eines langen Tunnels wahr. Ein zynisches Lächeln zeigte sich auf dem Gesicht des jungen Offiziers, in den Augen blitzte etwas auf – ein Hinweis auf eine fremde Intelligenz.
Sie werden den Befehl für die Marines widerrufen, hörte er den XO in seinem Kopf sagen. Deren Einsatz ist nicht erforderlich.
Aber meine Befehle …, dachte er. Eine extreme Mattigkeit hinderte ihn daran, den Satz zu Ende zu führen. Obwohl er nirgendwo anders hinsehen konnte als in Kims Augen, nahm er am Rand seines Gesichtsfelds wahr, dass der Bereitschaftsraum nicht mehr zu sehen war. Das ganze Schiff schien plötzlich verschwunden zu sein, und es kam ihm vor, als würde ihn eine flüssige Dunkelheit umgeben. Der Himmel war mit Sternen übersät, das Vakuum unerbittlich und eisig …
Angst überkam ihn wie ein lebendiges Wesen. Er hatte eben noch eingeatmet. Wenn er jetzt ausatmete, würde er im All ersticken.
Ogottogott …
»Entschuldigen Sie, Skip, aber ich …«, hörte er auf einmal eine Stimme, und ganz plötzlich war der Bereitschaftsraum wieder da. Maartens fühlte, dass das Bewusstsein, das ihn kontrollierte, den Griff ein wenig lockerte.
Er atmete aus.
»Was zum Teufel …«, sagte die andere Stimme. Maartens merkte, dass seine Hand auf dem kleinen Modell der Pappenheim ruhte, das auf dem Tisch stand – ein schweres Messingmodell, das fünf oder sechs Kilo wog.
Er wusste, er hatte nur diese eine Chance, also stand er auf und schleuderte das Modell mit aller Kraft nach Kim, wobei er auf dessen Kopf zielte.
Es war pures Glück. Das Modell erwischte den XO seitlich am Kopf. Der Mann kippte zur Seite weg, eine Hand nach Major Dante Simms ausgestreckt, der soeben in den Raum gekommen war. Er hatte nicht erst geklingelt, weil er das nie machte. Er musste Kim überrascht haben.
Simms sah zwischen dem Captain und dem XO hin und her, dessen Gesichtszüge sich veränderten, während er eine langgestreckte Hand an seinen Kopf legte. Sofort trat er kraftvoll von der anderen Seite gegen Kims Schädel. Es war kein tödlicher Treffer, aber er genügte, um Simms ein paar Sekunden zu geben, damit er seine Pistole ziehen konnte.
Nötig war die Waffe nicht. Der XO war bewusstlos, aber er war eindeutig nicht mehr Christoph Kim. Ein paar Mann der Brückencrew standen bereits in der Tür, da sie den Lärm gehört hatten. Mindestens einer von ihnen hielt seine Pistole schussbereit in der Hand.
»Dante«, sagte Maartens ruhig und stützte sich auf dem Tisch ab, »wenn ich Sie noch mal zusammenstauche, weil Sie ohne zu klingeln hier reinkommen, dann dürfen Sie mir eine kräftige Ohrfeige verpassen. Verstanden?«
»Aye-aye, Sir. Laut und deutlich, Sir.«
»Gut. Kom, suchen Sie Dr. Callison und lassen Sie ihn sofort herkommen. Dante, wenn sich dieses … Ding … auch nur einen Zentimeter von der Stelle rührt, dürfen Sie wieder zutreten.«
11. Kapitel
Es war eigenartig und beängstigend, sich inmitten des Personals auf der Basis zu bewegen und zu wissen, dass einige der Leute womöglich vom Feind übernommen worden waren. Nach so vielen Jahren im Dienst kannte Jackie die meisten von ihnen persönlich. Während sie deren Salut erwiderte, hoffte sie, ruhig und gefasst zu erscheinen. Sie durfte auf keinen Fall sie selbst sein, denn was sie einmal für ihre Untergebenen dargestellt hatte, war zerstört worden. Stattdessen musste sie sich als das Wesen ausgeben, von dem sie ersetzt worden
Weitere Kostenlose Bücher