Dunkle Sehnsucht

erwische«, stellte sie nach einem endlosen Augenblick fest. Als sie sich umdrehte, war der Roseton in ihren Augen von einem leuchtenden Vampirgrün ersetzt worden.
    »Das kannst du nicht bestimmen. Das Einzige , was du bestimmen kannst, ist, ob ich es mit Unterstützung deines alten Teams mache, falls ich bestehe, was hier als Grundaus-bildung angesehen wird, oder ob ich es auf eigene Faust versuche.«
    »Selbst mit Unterstützung der Jungs wirst du vermutlich draufgehen. Du weißt nicht, wie gefährlich es ist.« Ich stieß einen zutiefst frustrierten Seufzer aus. »Bitte, tu es nicht .«
    Sie biss die Zähne zusammen, dass es knirschte. »Ich mache es.«
    »Gott, du bist genauso stur wie Don!«, sagte ich. Ich hatte die Schnauze voll.
    »Da kenne ich noch jemanden«, murrte Tate.
    »Klappe, Tate«, schnauzte ich.
    »Kätzchen.« Bones legte mir die Hand auf den Arm. Wellen der Gelassenheit schwappten über mein Unterbewusstsein hinweg und wirkten auf das Gefühlschaos in meinem Inneren so lindernd wie Salbe auf eine Verbrennung. »Es gibt Dinge, die muss man selbst herausfinden. Aber in einer Sache haben wir Einfluss: Wir können diese Ghul-Fanatiker stoppen. Bekommen sie noch mehr Zulauf, sind alle Vampire in Gefahr, deine Mutter eingeschlossen.«
    Richtig. Das Problem würde sich nicht einfach aufschie-ben lassen, bis ich meine verstockte Familie zur Vernunft gebracht hatte. Ich musste mich auf das Wesentliche konzentrieren. Erstens: die gefährliche faschistische Propaganda in den Reihen der Ghule stoppen, wegen der bereits einige herrenlose Vampire hatten sterben müssen. Wenn das geschafft war, konnte ich mich damit befassen, meiner Mutter und meinem Onkel ihre plötzliche Todessehnsucht auszureden.
    Die Zynikerin in mir fragte sich, ob das mit den Ghul-Fanatikern nicht vielleicht die leichtere Aufgabe sein würde.
    Böse starrte ich meine ehemaligen Teammitglieder an.
    »Ihr habt bei mir so was von Verschissen, weil ihr mir das hier und Dons Zustand verschwiegen habt, aber im Augenblick haben wir größere Sorgen. Kommt mit, dann bringe ich euch schnell auf den neuesten Stand. Mom.« Ich schüttelte den Kopf. »Wir unterhalten uns später.«
    Im Weggehen zog sie ihren dunklen Pferdeschwanz fester zusammen. »Viel später. Ich habe noch ein paar Stunden Training.«

    Don saß auf dem Bett; auf dem Tisch neben ihm lag eine Sauerstoffmaske. Der schwache Abdruck auf seinem Gesicht verriet, dass er sie aufgehabt hatte, bevor wir gekommen waren. Am liebsten hätte ich ihm gesagt, er solle sie aufbehal-ten, aber mein Ratschlag wäre doch nur auf taube Ohren gestoßen. Als wir zu sechst eingetreten waren, schloss ich die Tür und erläuterte die Lage.
    »Wie ich Cat bereits gesagt habe, brauchen wir einen In-sider«, stellte Don fest, als ich zu Ende gesprochen hatte.
    »Die Sache ist so wichtig, dass ich dich, Dave, bitte, dir eine längere Auszeit vom Team zu nehmen, um dich unter diese Fanatiker zu mischen. Dieses Land hat genug Probleme mit sterblichen Terroristen. Wir brauchen nicht noch untote zu-sätzlich. Das könnte katastrophale Auswirkungen haben.«
    Dave fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Du hast recht.
    Ich mach's.«
    Ich hatte gewusst, dass er so antworten würde. Dave war noch vor keinem gefährlichen Auftrag zurückgeschreckt.
    Nicht mal vor dem, bei dem er umgekommen war.
    Ein Gefühl der Befriedigung breitete sich kurz in mir aus und war dann gleich wieder verschwunden. Als ich Bones einen Blick zuwarf, konnte ich gerade noch sein leises Lä-
    cheln sehen, bevor auch das wieder verschwand. Da dämmerte es mir.
    Er hatte das von Anfang an geplant. Bones war klar gewesen, was Don tun würde, wenn wir ihm von den Ghulen erzählten, und ihm war auch klar gewesen, dass ich seinem Vorschlag, Dave als verdeckten Ermittler einzusetzen, energisch widersprochen hätte. Mir war es ja schon gegen den Strich gegangen, Scratch und Ed Lockvögel spielen zu lassen, und die hatten wir gerade erst kennengelernt.
    Kein Wunder, dass er so begeistert gewesen war, als ich vorgeschlagen hatte, meinem Onkel einen Besuch abzustatten.
    Ich hatte noch einen Tag warten wollen, aber Bones hatte gemeint, wir sollten gleich gehen. Ich hatte geglaubt, er wollte einfach schnell wieder zurück in Ohio sein, falls Scratch und Ed am Abend einen Zusammenstoß mit den Ghulen hätten, aber er hatte einen ganz anderen Plan verfolgt.
    »Wir beide sprechen uns noch«, informierte ich ihn mit leiser, beherrschter Stimme.
    Er zog die