Dunkle Sehnsucht
waren Humbug«, fiel er mir ins Wort. »So konnten die Leute sich vormachen, dass sie nichts für die Ausschweifungen konnten, denen sie sich hingaben. Niemand hat durch Maries Blut je wirklich Zombis Macht über die Toten erlangt. Du allerdings schon. Marie sagte, das hät-te sie noch nie erlebt, höchstens mal bei anderen Voodoo-Priesterinnen.«
»Mambos«, ergänzte ich bedrückt, und meine Erleichterung schwand, als mir wieder einfiel, was Marie gesagt hatte. Ich bin schwarze Magie , hatte sie erklärt, als sie mir er-zählt hatte, wie sie von der Mambo zur Ghula geworden war.
Also war anzunehmen, dass auch ihr Blut starke Zauberkraft enthielt. »Musstest du mich deshalb anketten? Weil Maries Zauberkräfte aus mir ein gewalttätiges Flittchen gemacht haben? Kein Wunder, dass du meinst, du hättest dir die Zigarette verdient.«
Jetzt kamen mir selbst die Probleme, die ich durch Vlads und Mencheres' Fähigkeiten gehabt hatte, nur noch wie tri-viale Unannehmlichkeiten vor. Ein paar Flammen, die mir aus der Hand schossen, wenn ich in Rage geriet? Kein Ding, und hey, manchmal war es ja sogar praktisch. Ab und zu ein paar Einrichtungsgegenstände durch Telekinese zerdeppern?
Na ja, die Couch und der Fernseher hätten's eh nicht mehr lange gemacht, und gegen die bösen Buben war es im Ernst-fall ja auch nützlich gewesen. Aber das? Überhaupt nicht nützlich, es sei denn, Bones hatte verborgene sadomasochis-tische Neigungen.
»Die gute Nachricht ist, dass Marie glaubt, eine solch blinde Gier würde dich vermutlich nicht noch einmal überkommen«, antwortete Bones. »Sie meint, das wäre nur eine an-fängliche, übersteigerte Reaktion auf das nun geöffnete Tor zwischen dir und den Toten, aber das würdest du kontrollieren können, sobald du wieder du selbst wärst, was ja jetzt augenscheinlich der Fall ist.«
Das war in der Tat eine gute Nachricht, aber meine Frage hatte Bones trotzdem noch nicht beantwortet, wie mir auffiel. »Ketten?«, hakte ich in strengem Tonfall nach, um ihm klarzumachen, dass ich das Thema nicht auf sich beruhen lassen würde.
»Also schön, Süße, wenn du es unbedingt wissen willst«, antwortete er gedehnt. »Wie gesagt, du warst verrückt vor Gier und sehr viel stärker als üblich. Und erkannt hast du offenbar auch niemanden, sodass du nicht gerade kleinlich bei der Wahl deiner Sexualpartner warst. Ich musste dich anketten, damit du dich nicht an irgendjemandem vergreifst, wenn ich nicht zur Stelle war. Und ab und zu brauchte ich einfach mal eine Pause, um etwas Blut zu saugen.«
Bei den Worten nicht gerade kleinlich klappte mir die Kinnlade herunter und sackte bei jedem weiteren Wort tiefer, bis ich fast überrascht war, sie nicht auf meinem Schoß vorzufinden, als Bones zu Ende gesprochen hatte. Ich schnappte mir das Bettlaken und wickelte mich, urplötzlich von brennender Scham überkommen, darin ein.
»Oh. Mein. Gott. Bitte sag mir, dass ich nicht ...«
»Hast du nicht«, antwortete Bones mit einem leicht grimmigen Lächeln im Gesicht. »Auch wenn du gerade dabei warst, einen Glückspilz im French Quarter ziemlich heftig zu befummeln, als ich dich einholen konnte, nachdem du dich auf dem Friedhof von mir losgerissen hattest. Zu diesem Zeitpunkt war ich noch nicht wieder ganz in Form, und dass du so stark sein würdest, hatte ich auch nicht erwartet.
Nachdem ich etwas Blut getrunken hatte, schaffte ich es, mit dir zu Tepeschs Anwesen zu fliegen, aber als wir ankamen, kam deine Gier erst richtig zum Ausbruch. Marie hat mich davor gewarnt, und ich muss zugeben, dass sie nicht übertrieben hat.«
Bones hatte mich von einem Touristen wegzerren müssen, damit ich ihn nicht zum Sex nötigte? Warum hatte ich nicht auf Bones gehört, als er mir geraten hatte, das Thema auf sich beruhen zu lassen? Da ich aber nun schon einmal so weit im Bilde war, wollte ich den Rest auch noch wissen.
»Ich wollte mich also an einem Touristen vergreifen und habe dich zwei Tage lang als Sexsklaven missbraucht.« Mein Tonfall war neutral, weil meine Beschämung so groß war, dass sie jeder Gefühlsregung spottete. »Sonst noch was, das ich wissen müsste? Zum Beispiel, von wem ich eine einst-weilige Verfügung zu erwarten habe? Sind wir noch in Vlads Haus? Sag mir nicht, du musstest mich auch von ihm run-terzerren.«
Bones gab eine Art Hüsteln von sich. »Nein, und in Vlads Haus sind wir auch nicht mehr. Er hat dort nur vorübergehend gewohnt, sodass es keine Möglichkeit gab, einen Vampir gefangen zu
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