Dunkle Wünsche
verabschiedete ich mich, die unwillige Angela Palmer hinter mir her
zerrend. Auf halbem Weg den Korridor entlang spürte ich dann, wie sie etwas
nachzugeben begann, und so ließ ich ihren Arm los. Sie blieb gleich hinter der
Küchentür stehen und starrte mich mit kaltem Blick an. »Es gibt hier eine
Seitentür, das erspart uns, durch den Hauptraum zurückzugehen; es sei denn, Sie
wollen noch etwas von der Show sehen?«
»Nach dem >Tanz des
gefallenen Engels< würde doch alles andere abfallen«, sagte ich.
»Danke.« Sie lächelte wider
Willen. »Wissen Sie, Sie hätten mich ihm seine dreckigen Augen auskratzen
lassen sollen.«
»Das hätte ich tun können, aber
Sie wollen doch wohl kaum wegen Körperverletzung zu dieser Nachtzeit
festgenommen werden?«
»Für einen Polypen sind Sie
beinahe menschlich.« Ihre Hand ruhte einen Augenblick lang leicht auf meinem
Arm. »Haben Sie außer >Lieutenant< nicht noch einen anderen Namen?«
»Al«, sagte ich.
»Al und Angela.« Sie lachte
leise. »Es klingt wie ein Lustspielduo; Trampeltier und Leisetreter.«
Sie öffnete die Tür, und wir
traten auf die neben dem Gebäude verlaufende Nebenstraße hinaus. Ich erbot
mich, sie nach Hause zu fahren, und sie nahm dankend an. Als wir angekommen
waren, erbot sie sich, mir einen Drink zurechtzumachen, und ich nahm dankend
an. In dem elegant ausgestatteten Wohnzimmer ließ ich mich auf der Couch nieder
und sah zu, wie sie eingoß. Dann reichte sie mir ein Glas und bat mich dann,
sie einen Augenblick lang zu entschuldigen. Nachdem sie im Schlafzimmer
verschwunden war, nippte ich an dem Scotch und stellte dann das Glas auf den
niedrigen Tisch am Ende der Couch. Er wirkte irgendwie kahl. Eine Weile lang
kam ich nicht dahinter, was fehlte, bis ich mich erinnerte, wie es am Morgen
ausgesehen hatte; und dann wurde mir klar, daß Nigel Slaters Foto verschwunden
war. Verlust war das nicht.
Angela kam in einem tief
ausgeschnittenen ärmellosen Oberteil aus Silberlamé zurück, das eben gerade die
Fülle ihrer cremefarbenen Brüste faßte. Die schwarze Samthose darunter lag bis
zu den Knöcheln an wie eine Haut. Sie sah wie der Traum dessen aus, was jeder
Mann vorzufinden wünscht, wenn er nach Hause kommt, und zum Teufel mit dem
Abendessen. Ich beobachtete den herrlichen Kontrapunkt ihres Samthinterteils,
als sie ihr Glas in die Hand nahm, und dann das leichte silbrig-rosige Wippen
ihrer Brüste, als sie zur Couch zurückkehrte. Ein einmaliges Einschnuppern
ihres Parfüms, als sie sich neben mich setzte, genügte vollauf, mich in das
Reich irgendeines arabischen Paradieses zu versetzen und mich gespannt auf den
kleinen schwarzen Nubier mit dem großen Straußenfedernfächer warten zu lassen.
»Was ist mit Nigel passiert?«
Ich wies auf den leeren Fleck auf dem Tischchen, wo die gerahmte Fotografie
gestanden hatte.
»Ich habe ihn in den
Abfalleimer geworfen; er fing an, mich zu langweilen«. Sie nahm das Glas vom
Mund. »Seit ich ihm heute morgen von Elinor erzählt habe, geht ihm etwas im
Kopf herum, und ich bin es nicht.« Ihre Unterlippe wölbte sich schmollend. »Das
paßt mir nicht.«
»Ich dachte, Sie liebten ihn?«
»Das war einmal.« Ihre dunklen
Augen flackerten ein wenig, und ihre Stimme war tiefer geworden, als sie
weitersprach. »Aber bei allem lechzenden Fleisch — ist Leidenschaft genug? Was
liegt hinter der Lust in seinen Augen, die nur meine eigene Nacktheit doppelt
widerspiegeln? Das Dunkel der Nacht — das Züngeln des Reptils — der geheime
Verrat und die dumpfe Schuld — sie alle lauern hinter den Spiegeln seiner
Augen, während er lächelt und während seine starken Hände meinen Leib liebkosen
— «
»Ah«, sagte ich geistreich,
»freies Versmaß, freie Liebe.«
Sie seufzte tief, und das
Resultat ließ meine Augen glasig werden. »Der intellektuelle Typ eines
Polizeibeamten sind Sie gerade nicht, Al. Oder?«
»Ich bin der praktische Typ«,
sagte ich. »Ich gehöre zu denen, die stur weiter Fragen stellen, bis jemand
einmal die verkehrte Antwort gibt.«
»Wenn mir nur die richtigen
Fragen für Nigel einfielen!«
»Was für Fragen?«
»Das ist eben mein Problem.«
Sie nahm einen tiefen Schluck. »Ich weiß nicht, wo ich ansetzen soll. Aus irgendeinem
Grund hat er mich seit heute morgen innerlich beiseite geschoben. Ach, ich und
die Liebe!« Sie lachte leise, aber es lag keine Freude darin. »Ich, die
exotische Tänzerin mit dem größten sinnlichen Appetit, den Sie je erlebt haben!
Aber Sex ist eine
Weitere Kostenlose Bücher