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Dunkler Grund

Dunkler Grund

Titel: Dunkler Grund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Monks Tonfall von vorhin. »Aber ich werde versuchen, daß Argyll es zu unserem Vorteil nutzt. Eins hab’ ich immerhin erreicht…« Er sagte es ganz beiläufig.
    »Wie wunderbar – lassen Sie hören«, sagte Monk sarkastisch.
    »Wenn’s etwas Neues gibt, wäre ich gern auf dem laufenden.«
    »Dann halten Sie Ihre Zunge im Zaum, damit ich es erzählen kann!« Sie waren weitergegangen, und Rathbone beschleunigte den Schritt. »Florence Nightingale wird persönlich erscheinen und als Leumundszeugin für Hester aussagen.«
    »Das ist phantastisch!« rief Monk mit solchem Überschwang, daß zwei Passanten verwundert die Köpfe schüttelten. »Eine brillante Idee von Ihnen… Es ist…«
    »Danke. Wir haben bis jetzt festgestellt, daß jedes Mitglied des Haushalts die Möglichkeit gehabt hätte, Mary Farraline zu töten. Und wie steht’s um die Motive?«
    Die Begeisterung wich von Monks Gesicht. »Ich dachte, ich hätte zwei Motive…«
    »Davon haben Sie mir nichts geschrieben.«
    »Sie haben sich bei näherem Hinsehen in Luft aufgelöst.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Absolut. Alastair Farralines Frau gibt sehr viel Geld aus, und nachts zieht sie mit einem suspekten Individuum los, der Arbeitsklamotten trägt und eine Taschenuhr bei sich hat…«
    Rathbone blieb ungläubig stehen. »Und da steckt kein Motiv dahinter?«
    Monk schnaubte. »Sie bauen zusammen eine Flugmaschine.«
    »Wie bitte?«
    »Sie bauen eine riesige Flugmaschine, groß genug, um einen Passagier zu transportieren, und hoffen, daß das Ding fliegt«, erklärte Monk. »In einem alten Lagerhaus im Armenviertel. Gut, sie ist ein bißchen exzentrisch…«
    »Exzentrisch? So nennen Sie das? Ich würde sagen, sie ist verrückt!«
    »Die meisten Erfinder sind ein bißchen sonderbar…«
    »Ein bißchen? Eine Flugmaschine?« Rathbone verzog das Gesicht. »Kommen Sie, Mann, wenn das herauskommt, sperrt man sie ein.«
    »Deshalb macht sie es wohl heimlich, mitten in der Nacht«, stimmte Monk ihm zu und setzte sich wieder in Bewegung.
    »Aber soviel ich über Mary Farraline weiß, hätte sie es amüsant gefunden. Und sie hätte ihre Schwiegertochter ganz bestimmt nicht einsperren lassen.«
    Rathbone erwiderte nichts.
    »Die andere ist die jüngste Tochter, Eilish«, fuhr Monk fort.
    »Sie geht auch nachts aus dem Haus, heimlich, aber ohne Begleiter. Ich bin ihr gefolgt.« Er verschwieg, daß er bei diesen Gelegenheiten zweimal niedergeschlagen worden war. »Und ich habe herausgefunden, daß sie hinunter zum Cowgate geht. Das ist ein Armenviertel.«
    »Bitte nicht noch eine phantastische Maschine!« bemerkte Rathbone trocken.
    »Nein, etwas viel Schlichteres«, antwortete Monk. »Sie leitet eine Armenschule für Erwachsene.«
    Rathbone runzelte die Stirn. »Und warum mitten in der Nacht? Das ist doch eine sehr ehrenwerte Sache.«
    »Weil ihre Schüler tagsüber arbeiten, nehme ich an«, erwiderte Monk bissig. »Und dazu hat sie ihren Schwager, der in sie verliebt ist, überredet, für ihre Schüler Bücher aus dem Familienunternehmen abzuzweigen.«
    »Zu klauen, meinen Sie.«
    »Wenn Sie so wollen. Aber auch dabei hätte sie Mary Farralines volle Zustimmung gehabt. Vielleicht hat sie es sogar gewußt.«
    Rathbone hob die Augenbrauen. »Sie haben nicht danach gefragt?«
    »Wen denn?« wollte Monk wissen. »Eilish hätte ja gesagt, auch wenn Mary es nicht wußte. Und Mary kann ich nicht mehr fragen.«
    »Und das ist alles?«
    »Ja, bis auf die Geschäftsbücher der Firma.«
    »Wir haben keine Beweise«, gab Rathbone zu bedenken. »Sie haben gesagt, Hector Farraline ist die meiste Zeit betrunken. Selbst wenn er recht haben sollte, dürfte sein besoffenes Geschwätz nicht ausreichen, um eine Buchprüfung zu beantragen. Wäre er in der Lage, in den Zeugenstand zu treten?«
    »Das weiß Gott allein.«
    Sie waren vor dem Haus angekommen, in dem James Argyll seine Kanzlei hatte.
    »Ich komme mit rein«, sagte Monk.
    »Ich weiß nicht, ob…«, begann Rathbone, aber Monk war bereits eingetreten und ging die Treppe hinauf.
    Das Büro war klein und nicht annähernd so beeindruckend, wie Rathbone erwartet hatte. An drei Wänden standen Regale voller abgegriffener Bücher, in der vierten war ein kleiner Kamin, in dem ein wärmendes Feuer brannte. Das Zimmer war mit rissigem Holz, wahrscheinlich afrikanischer Herkunft, vertäfelt.
    Der Mann selber war von anderem Kaliber. Er war hochgewachsen mit breiten Schultern und muskulösem Körper, doch sein Gesicht zog alle

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