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Dunkler Grund

Dunkler Grund

Titel: Dunkler Grund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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gemacht. Auch er war verwundbar.
    »Miss McDermot«, setzte Gilfeather die Befragung fort, »haben Sie Miss Latterly kennengelernt, als sie in das Haus am Ainslie Place kam, um Mrs. Farraline nach London zu begleiten?«
    »Natürlich, Sir. Ich habe ihr Mrs. Farralines Arzneischatulle gezeigt und was sie zu tun hatte.«
    Plötzlich herrschte wieder gespannte Aufmerksamkeit im Saal. Drei der Geschworenen, die sich etwas entspannt hatten, richteten sich kerzengerade auf.
    »Sie haben ihr die Schatulle mit der Arznei gezeigt, Miss McDermot?«
    »Ja, ich wußte doch nicht, daß sie Mrs. Farraline vergiften würde!« Sie klang ängstlich und schien den Tränen nahe zu sein.
    »Natürlich nicht, Miss McDermot«, sagte Gilfeather beschwichtigend. »Niemand macht Ihnen einen Vorwurf daraus. Sie haben nur Ihre Pflicht getan. Sie hielten sie für eine gute Krankenschwester, und natürlich mußte sie über die Bedürfnisse der Patientin informiert werden. Aber das Gericht muß genau wissen, was passiert ist. Sie haben ihr den Medikamentenkoffer gezeigt und die Phiolen, die darin lagen. Sie haben ihr erklärt, was sie enthielten und in welcher Dosis die Arznei verabreicht werden mußte?«
    »Ja… so war es.«
    »Danke. Das ist alles, Miss McDermot.«
    Sie drehte sich um und wollte den Zeugenstand verlassen. Argyll sprang auf.
    »Nein, Miss McDermot. Schenken Sie mir bitte noch ein paar Minuten Ihrer Zeit.«
    Sie war dunkelrot im Gesicht, als sie sich erschrocken zu ihm wandte.
    Er lächelte, aber das machte es nur noch schlimmer. Sie schien einer Ohnmacht nahe.
    »Miss McDermot«, begann er leise – das sanfte Brummen eines verschlafenen Bären. »Haben Sie Miss Latterly den Schmuck Ihrer Herrin gezeigt?«
    »Natürlich nicht! Ich bin doch nicht…« Sie sah ihn fassungslos an.
    »Nicht verrückt«, sprach er für sie weiter. »Nein, das nehme ich auch nicht an. Ich denke, es wäre Ihnen nicht im Traum eingefallen, den Schmuck Ihrer Herrin einer Fremden oder sonst jemandem zu zeigen. Im Gegenteil, Sie sind sicher äußerst diskret damit umgegangen, habe ich recht?«
    Gilfeather erhob sich. »Euer Ehren…«
    »Ja, Mr. Gilfeather«, fiel ihm der Richter ins Wort, »ich weiß, was Sie sagen wollen. Mr. Argyll, Sie führen die Zeugin. Stellen Sie bitte Fragen, und legen Sie ihr keine Antworten in den Mund.«
    »Tut mir leid, Euer Ehren«, erwiderte Argyll folgsam. »Also, Miss McDermot, bitte klären Sie das Gericht über die Aufgaben einer guten Zofe auf. Was hätte Ihre Herrin gesagt, wenn Sie ihren Schmuck oder andere wertvolle Dinge einer fremden Person gezeigt hätten? Gab es irgendwelche Anweisungen in dieser Richtung?«
    »Nein, Sir, das ist nicht nötig. Jeder Bedienstete weiß, daß er mit so etwas seine Stellung riskiert.«
    »Sie sind also ganz sicher, daß sie Hester Latterly weder die Perlenbrosche noch irgendein anderes Schmuckstück gezeigt haben.«
    »Ja, ich bin absolut sicher. Mrs. Farraline bewahrte ihren Schmuck in einer Schatulle in ihrem Schlafzimmer auf, nicht im Ankleidezimmer, Sir. Und dazu habe ich keinen Schlüssel.«
    »Natürlich nicht. Ich danke Ihnen. Ich habe nicht an Ihnen gezweifelt, Miss McDermot. Ich denke, die Farralines können sich die besten Dienstboten in ganz Edinburg leisten und hätten es nicht nötig, Leute zu beschäftigen, die solche fundamentalen Regeln verletzen.«
    »Danke, Sir.«
    »Nun zu diesem Arzneikasten. Überlegen Sie bitte genau. Wie viele Phiolen enthält er?«
    »Zwölf, Sir«, antwortete sie und sah ihn mißtrauisch an.
    »Und jede von ihnen enthält eine eigene vollständige Dosis.«
    »Ja, Sir, so ist es.«
    »Wie sind sie in dem Kasten angeordnet, Miss McDermot?«
    »In zwei Reihen zu sechs Fläschchen, Sir.«
    »Nebeneinander oder übereinander in zwei Einschüben? Beschreiben Sie es uns«, bat er sie.
    »Eine Reihe über der anderen, im selben Einschub… wie zwei Hälften eines Buches. Nicht wie Schubladen«, antwortete sie. Sie schien nicht mehr ganz so ängstlich zu sein.
    »Ich verstehe. Eine sehr präzise Beschreibung. Haben Sie mit jedem Rezept neue Fläschchen bekommen?«
    »Nein, nein, Sir, das wäre ja Verschwendung. Sie sind aus Glas und haben einen Stöpsel. Da kommt kaum Luft rein.«
    »Welch lobenswerte Sparsamkeit. Der Apotheker füllte die Phiolen also wieder auf, wenn er die Medizin zubereitet hat?«
    »Ja, Sir.«
    »Extra für die Reise?«
    »Ja.«
    »Und wenn Mrs. Farraline zu Hause war?«
    »Auch dann kam das Mittel in Einzeldosen aus der

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