Dunkler Highlander: Sie waren unendlich weit entfernt – aber ihre Liebe überwand alles (German Edition)
waren. Hogmanay war vorbei, der Ernst des Lebens begann wieder, und doch war Egan nicht nach Arbeiten zumute.
Als Zarabeth gesagt hatte: Ich wünschte, ich würde dich weniger lieben, hatte ihm der Atem gestockt. Diese Enthüllung und die darauffolgende, dass sie hörte, was andere dachten, hatten ihn in ein wahres Gefühlschaos gestürzt.
Er war wütend gewesen, weil sie ihm nicht genügend vertraut hatte, um es ihm von sich aus zu gestehen. Und zunächst hatte er ihr auch nicht geglaubt, dass sie seine Gedanken nicht lesen konnte – dass er der Einzige war, bei dem ihre Gabe versagte –, aber sie war viel zu ernst gewesen, als dass er ihr misstrauen könnte.
Außerdem glaubte er ihr schon deshalb, weil seine Gedanken seit ihrer Ankunft ausgesprochen anzüglich gewesen waren. Hätte sie die gehört, wäre sie wahrscheinlich zutiefst schockiert von der Burg geflohen, obwohl die Schergen ihres Ehemannes ihr auflauerten.
Dass er der Einzige war, dessen Gedanken sie nicht lesen konnte, machte ihn ärgerlich und eifersüchtig. Jeden konnte sie im Geiste berühren, nur ihn nicht. Wieso mich nicht?
Verdammt!
Als er mit den Dorfbewohnern sprach, die damit beschäftigt waren, die Unordnung von Hogmanay und den Hochzeitsfeierlichkeiten zu beseitigen, bemühte er sich, seine Gefühle zu verdrängen. Er erkundigte sich, ob sie in den letzten paar Tagen Fremde in der Gegend gesehen hatten. Der einzige Fremde, der ihnen aufgefallen war, war Olaf gewesen. Was den Schuss auf Valentin betraf, fanden sich keine Zeugen, und den Wolf hatte auch niemand bemerkt.
Entweder war Valentin sehr vorsichtig gewesen, oder Egans Pächter waren zu betrunken gewesen. Vermutlich traf beides zu.
Egan ritt zurück zur Burg, weil er Zarabeth nicht länger allein lassen wollte. Hamish, Angus und auch Mr. Williams würden sie verteidigen, aber ehe Valentin nicht wieder genesen war, sollte Egan möglichst in ihrer Nähe bleiben.
Wieder hörte er ihre süße Stimme, das ängstliche Seufzen in seinem Kopf: Ich wünschte, ich würde dich weniger lieben.
Die wunderschöne Zarabeth. Sie füllte die schreckliche Leere in seinem Herzen.
Als er auf der Burg ankam, war es immer noch früh, aber Olaf schritt bereits im Innenhof auf und ab.
»Ich musste mich ein bisschen bewegen«, erklärte er, als er Egan sah. »Aber ich wollte nicht weiter weggehen.«
»Komm mit mir«, bat Egan ihn, während er dem Stallburschen sein Pferd übergab. »Ich möchte mit dir reden.«
Olaf nickte und ging neben ihm her aus dem Burghof. Sobald sie sich auf dem steilen Weg nach unten in das Tal befanden, forderte Egan Olaf so beiläufig wie möglich auf, ihm von seiner verstorbenen Frau zu erzählen.
Olaf warf ihm einen kurzen Seitenblick zu. Er hatte die Hände auf dem Rücken verschränkt und hielt sich sehr aufrecht. Man sah ihm bis heute den Soldaten an, der er vor vielen Jahren gewesen war. Sein Haar war kaum ergraut, allerdings hatten sich tiefe Falten in sein Gesicht gegraben.
»Mariah. Du kanntest sie doch.«
»Leider nur kurz. Wie alt war Zarabeth, als sie starb? Es muss passiert sein, nachdem ich wieder in den Krieg gezogen war.«
»Zarabeth war fünfzehn. Mariah starb an einem Fieber – schnell und plötzlich. Das arme Lämmchen.« Tränen glänzten in seinen Augen.
»Das tut mir leid«, gab Egan ernst zurück. Mariah war eine freundliche Frau gewesen. Niemals hätte Egan ihr Geheimnis erraten. »Zarabeth erzählte mir ein wenig von ihr – dass sie Gedanken lesen konnte.«
Zunächst sah Olaf ihn erschrocken an, dann nickte er. »Ich wusste, dass sie es konnte, wenn auch nicht von Anfang an. Was Zarabeth angeht … Ich habe sie nie gefragt, aber ich bin sicher, dass sie es ebenfalls kann.«
Egans Magen krampfte sich zusammen. Zwar hatte er ihr geglaubt, doch es am helllichten Tag von ihrem Vater bestätigt zu bekommen machte alles umso realer.
»Wie hast du …?« Egan rang nach Worten. »Wie konntest du damit leben?«
Olaf lächelte versonnen. »Ich habe Mariah geliebt. Sie hatte mir ihr Wort gegeben, niemals in meine Gedanken hineinzusehen.« Er tippte sich an die Stirn. »Sie hat mir damals versprochen, dass sie meine Privatsphäre respektieren würde. Über Zarabeth sprachen wir nicht, was diese Gabe anging, aber meine Frau lehrte sie gut, dessen bin ich gewiss.«
»Und du hast ihr vertraut?«
»Mariah? Absolut.« Er lachte wehmütig. »Das heißt, nachdem ich mich daran gewöhnt hatte. Außerdem bin ich sicher, dass sie gar nicht alles wissen
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