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Dunkles Erbe - Blut Der Finsternis

Dunkles Erbe - Blut Der Finsternis

Titel: Dunkles Erbe - Blut Der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Schröder
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noch wie verrückt geflimmert. Jetzt aber war sie wieder ruhig und vollkommen still. Nur das Zimmer und sie selbst waren darin als helle Schemen zu sehen.
    Sie hatte es vertrieben. Wie die meisten dieser Art waren sie offenbar sehr schreckhaft und nicht darauf gefasst, für die Augen eines Menschen sichtbar zu sein. Karen konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Jetzt, wo die Angst wieder in ihren Käfig gesperrt und sie selber in ihrem weißen Nachthemd das einzige Nachtgespenst in diesem Haus war.
    «So was Blödes», sagte sie kichernd zu sich selbst, «und ich fürchtete mich wie ein kleines Kind.»
    Dabei war sie weiß Gott gewohnt, mitten in der Nacht von lauten Geräuschen geweckt zu werden. Sogar bei Tag sah sie oft seltsame Lichter und Luftzüge und sogar schemenhafte Gestalten. Schon als Kind war sie so »anders« gewesen und hatte früh lernen müssen, nicht jedes Mal vor anderen auszuplaudern, was sie sah oder hörte.
    Für sie selbst war über diese Fähigkeit zu verfügen so normal gewesen, wie es für einen von Geburt an Blinden normal war, sich mittels seines Tastsinns zurechtzufinden. Erst viel später war ihr klar geworden, dass sie sich von anderen unterschied und Menschen wie sie, meistens für seltsam und im schlimmsten Fall, für völlig verrückt gehalten wurden.
    Zu Hause war alles in Ordnung gewesen. Da durfte sie soviel erzählen wie sie wollte. Für ihre Mutter Aimee und Peter, ihren Stiefvater, waren Karens Begabungen etwas Besonderes gewesen und nichts, vor dem man sich fürchten musste.
    Der arme Peter. Das Leben mit ihr nach dem Tod ihrer Mutter vor einem Jahr war wirklich nicht leicht für ihn und sie wusste das, konnte aber nichts daran ändern. Dass sie anfing, nach ihrem »richtigen« Vater zu suchen, war nur schwer für ihn zu verstehen, auch wenn er behauptete, damit klarzukommen.
    Seine Sorgen und Gedanken, die nicht nur, aber wohl zum größten Teil ihr galten, hielten ihn oft nächtelang wach. Auch heute konnte sie ihn in der Küche umherlaufen hören.
    Sie blickte zum Wecker auf ihrem Nachtschrank. Grüne Ziffern leuchteten im Dunkeln. Elf Uhr schon. Das war spät für sie beide. Für ihn, um schlafen zu gehen, und sie selber sollte eigentlich schon längst unterwegs sein. Wie so oft klapperte sie die üblichen Plätze in der Stadt ab. Immer auf der Suche nach jemandem, der ihr helfen konnte, Informationen über ihren Vater zu bekommen.
    Im Grunde war eine so planlose Suche völlig sinnlos, und auf diese Art bestand für sie nur wenig Aussicht auf Erfolg. Ziellos nach jemandem zu suchen, der vor mehr als zwanzig Jahren spurlos verschwunden war, war einfach schwachsinnig. Doch was blieb ihr anderes übrig als das?
    Träge ließ sie sich auf ihr Bett zurückfallen und knipste die Nachttischlampe an. Das helle Licht blendete sie. Schnell kniff sie die Augen zu und tastete blind in dem ständig wachsenden Kleiderhaufen nach den Sachen, die sie gestern schon getragen hatte.
    Während sie sich umzog, überlegte sie, ob sie sich nicht besser aus dem Haus schleichen sollte, damit Peter gar nicht erst mitbekam, was sie vorhatte.
    Aber allein der Gedanke daran, ihn so zu hintergehen, bereitete ihr ein unangenehmes Gefühl von Schuld. Nein, viel schlimmer wäre, wenn er entdeckte, dass sie einfach abgehauen war, als wenn sie jetzt ganz offen ihre Jacke von der Garderobe holte und an ihm vorbei durch die Küche ging.
    Karen hörte unten in der Küche leises Stühlerücken und kurz darauf, wie eine Schranktür auf- und wieder zugemacht wurde. Sie seufzte leise. Vermutlich war Peter wieder einmal dabei, seinen Wachposten für die nächsten Stunden zu beziehen. Vielleicht war er zu einem Gespräch aufgelegt?
    Sie beschloss, hinunterzugehen und herauszufinden, wie er gelaunt war. Leise schlich sie die Treppe hinunter durch den Flur und weiter zur Küchentür. Durch einen schmalen Spalt drang das gelbe Licht der Lampe, die ihre Mutter in einem Anfall von rustikaler Nostalgie gekauft hatte. Ein scheußlich hässliches Ding, das eher an einen verbeulten Strohhut erinnerte. Absolut grausam. Und weil Peter es nicht übers Herz brachte, auch nur ein Stück von Aimees Sachen wegzugeben, blieb sie ihnen wohl auf immer erhalten.
    Also gut, dann auf jetzt in die Höhle des Löwen, dachte sie, packte den Türknauf und versuchte, ihrem Gesicht einen möglichst neutralen Ausdruck zu verleihen. Sie wusste, Peter war nicht leicht zu beeindrucken. Sah sie zu harmlos aus, dann witterte er sofort, dass sie

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