Dunkles Fest der Leidenschaft
dem Abend, an dem sie gehofft hatte, ihren Platz in dieser Gemeinschaft zu festigen, alte Wunden aufgerissen. Colby musste in die Vergangenheit eintauchen und Paul die Wahrheit über die Familie ihrer Mutter sagen.
Rafael drückte mit einem zischenden Laut sein Missfallen aus. »Du brauchst niemandem zu beweisen, dass du es wert bist dazuzugehören. Du gehörst zu mir.«
»Ich weiß.« Sie rieb ihr Gesicht an seiner Brust. »Ich möchte bloß, dass Paul und Ginny auch das Gefühl haben, irgendwo dazuzugehören. «
Rafael fasste sie am Kinn und hob ihr Gesicht. »Dieses Gefühl von Zugehörigkeit haben die beiden immer gehabt: Sie gehörten zu dir. Du hast für sie gesorgt, als niemand sonst es konnte, und ihnen ein Heim und Liebe und Geborgenheit gegeben. Nur wenige hätten vollbringen können, was du in sehr jungen Jahren geleistet hast.«
Paul ging um den Tisch herum und legte seine Arme um die beiden. »Habe ich dich mit meinen Fragen aus der Fassung gebracht, Colby? Ich bin nicht auf der Suche nach einer anderen Familie. Ich liebe die Familie, die ich habe. Ich weiß nicht, was mit dir los ist, aber seit einer Stunde bist du unruhig und nervös. Ich hatte Angst, dich längere Zeit allein zu lassen.« Er sah Rafael an, als bräuchte er Bestätigung.
Colby holte tief Luft und presste ihre Hände auf ihren brennenden Magen. »Jeder hat Geheimnisse, Paul. Ich wollte nie, dass du dich anders fühlst. Ich habe bei dir und Ginny – vor allem bei dir – immer auf Anzeichen für irgendein ungewöhnliches Verhalten geachtet, doch ihr schient beide völlig normal zu sein, ohne übernatürliche Gaben oder die Fähigkeit, die Gestalt zu wechseln.« Ihre Finger klammerten sich an Rafaels Hemd.
Er legte eine Hand auf ihren Nacken und massierte die Verspannungen. »Ich dachte immer, es wäre normal, die Gestalt zu wechseln«, bemerkte er.
»Nicht bei uns«, sagte Colby. Sie war den Tränen nahe. Paul hatte so viel zu bewältigen. Er war noch jung, ein Teenager, trotzdem hatte er fast sein Leben lang auf einer Ranch geschuftet und harte, zermürbende Arbeiten verrichtet. Sie hatten durch einen Unfall ihre Mutter und in weiterer Folge Pauls und Ginnys Vater verloren und die Farm zu dritt bewirtschaften müssen.
»Bei mir zeigten sich schon sehr früh Anzeichen für übernatürliche Kräfte. Ich konnte Gefahr wittern, vor allem, wenn ich aufgeregt war«, gestand Colby überstürzt. »Mom hat mir gegenüber zugegeben, das mein Vater ›anders‹ war. Das war zunächst alles, was sie zu sagen hatte. Aber später, als ich ungefähr dreizehn war, erzählte sie mir, dass auch sie selbst ›anders‹ sei. Und dass wir sehr vorsichtig sein müssen, damit nie jemand sieht, wozu wir fähig sind. Deshalb habe ich dich immer beobachtet, Paul. Um sicher zu sein, dass du nicht verantwortungslos handelst.«
»Was soll das heißen?« Paul runzelte die Stirn.
Colby holte tief Luft. »Das heißt, dass wir Jaguarblut in uns tragen. Vor Hunderten von Jahren waren unsere Vorfahren Formwandler. Die Männer blieben nicht bei den Frauen, und irgendwann begann die Spezies auszusterben. Jetzt gibt es nur noch sehr wenige, die ihre Raubkatzengestalt annehmen können, aber viele Leute tragen die Gene in sich. Einige Männer, die immer noch zum Jaguar werden können, haben Jagd auf Frauen gemacht, um die Linie so rein wie möglich zu erhalten. Es sind keine besonders netten Männer.«
»Und Mom hat gedacht, ich wäre einer von denen?« Paul war eindeutig beleidigt. »Ich respektiere Frauen. Ich bin immer respektvoll.«
»So habe ich es nicht gemeint. Ich drücke mich nicht sehr gut aus. Mom war nicht mit meinem Vater verheiratet, als ich zur Welt kam. Deshalb wollte die Familie deines Vaters nichts von ihr wissen.« Sie brach abrupt ab.
Rafael schaltete sich ein. »Colby hat sich nie irgendwo als vollwertig empfunden, Paul, und sie wollte ebenso wenig wie deine Mutter, dass es dir auch so geht. Deine Mutter hat ihre besonderen Eigenschaften verheimlicht, und Colby hat dasselbe getan.« Er machte eine weit ausholende Handbewegung. »Hier ist es normal, von der Norm abzuweichen.«
»Glaubst du wirklich, dass sich hier alle normal vorkommen?«, fragte Paul. »Ich wusste das alles nicht – dass ich Jaguarblut habe, meine ich -, obwohl das jetzt ziemlich cool sein könnte. Aber schau dir doch Josef an. Er ist Karpatianer, kann seine Gestalt wechseln und hat echt viel drauf. Er ist genial. Du solltest mal sehen, was er am Computer alles schafft,
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