Dunkles Fest der Leidenschaft
Erkenntnis beschämte ihn. Seit Jahren war er nun mit ihr zusammen und entdeckte immer noch neue Seiten an ihr. Sie genoss es, ein Mahl zuzubereiten, genoss die Freude, die sie anderen machen konnte.
Er spürte, wie ihre Finger seine Haut streiften, und fühlte ihr Lächeln und die Wärme in ihren Augen.
Ja, ich koche gern für andere, aber Kochen ist ganz sicher nichts, das ich in meinem Leben brauche. Dich brauche ich. Mein Leben ist erfüllt, Mikhail, und ich bedaure nichts.
Ihre Stimme erfüllte sein Inneres mit Wärme und hielt sogar die Erinnerungen an die furchtbare, quälende Einsamkeit in Schach. Kein Karpatianer würde seine Gefährtin jemals aufgeben können. Erst wenn er ihr begegnete, erhielt er die verlorene Fähigkeit zurück, Gefühle zu empfinden und Farben zu sehen. In diesem Augenblick liebte Mikhail Raven so sehr, dass es wehtat. Das Gefühl half, die furchtbare Last des Wissens zu erleichtern, dass einige der alleinstehenden Krieger, die anlässlich der Feier hierhergekommen waren, Männer von Ehre und Integrität, irgendwann ihren Kampf gegen die Finsternis verlieren würden.
Du machst dir wegen Dimitri Sorgen.
Ich bin ... verunsichert. Der Wind spricht von Schwierigkeiten, aber ich kann die Quelle nicht finden. Und Dimitri bereitet mir tatsächlich Sorgen. Keiner von uns kann die Einsamkeit vergessen, in der wir gelebt haben, bevor wir unsere Gefährtin des Lebens fanden, doch gleichzeitig erinnern wir uns auch an die Dunkelheit, die ständig größer wird und uns zu überwältigen droht, an den Dämon, der um seine Freiheit kämpft. Seine Stimme klang besorgt und warnend zugleich.
Dimitri wird es schaffen, weil er es muss. Mehr kannst du nicht tun, Mikhail. Die anderen tragen ebenfalls Verantwortung. Du hast deine Spezies nicht erschaffen.
Nein, aber mein Volk wurde mir anvertraut, und ich bin entschlossen, dafür zu sorgen, dass es weiterbesteht. Ich lasse nicht zu, dass die Natur oder unsere Feinde oder gar unser eigenes Wesen über uns triumphieren.
Raven schwieg einen Moment lang nachdenklich. Du glaubst doch nicht, dass Karpatianer durch einen natürlichen Prozess vom Aussterben bedroht sind, oder? Denn was auch dahintersteckt, es hat keine natürliche Ursache.
Mikhail lächelte in sich hinein. Raven unterstützte ihn und sein Volk immer rückhaltlos. Im Geist strich er mit seinen Fingern sanft über ihr Gesicht, während er über dem Wald hoch aufstieg und sich dann in einem weiten Rogen nach unten gleiten ließ. Noch immer fiel Schnee, nicht mehr so dicht, aber dennoch stetig, und tauchte die Landschaft in glitzerndes Weiß. Er mochte den Schnee; er beschwor Erinnerungen an Tageslicht herauf, wenn er die Nacht für kurze Zeit verdrängte und die Welt in strahlendes Silber tauchte.
Mikhail flog über das Gebiet mit den rauchgeschwärzten, jetzt von Schnee bedeckten Ruinen, das früher einmal ihr fruchtbarstes Land gewesen war und wo der Kampf zwischen Karpatianern und Vampiren tiefe Wunden geschlagen hatte. Ihm war in letzter Zeit immer öfter aufgefallen, dass die Untoten, wenn sie ein Gebiet verließen, die Anfänge eines kargen Ödlands zurückließen, das manchmal zu leben schien und sich allmählich ausbreitete, um die angrenzenden Gebiete zu zerstören. Noch etwas, worum er sich kümmern musste – und zwar bald.
Unten auf dem Boden erregte etwas die Aufmerksamkeit der scharfen Augen der Eule, und Mikhail ließ sich weiter hinabfallen, um zwischen den Bäumen hindurchzujagen und das Schlachtfeld zu begutachten. In einem Bereich hatten sich winzige neue Triebe durch den schneebedeckten Boden geschoben. Die Bäume waren nicht mehr krumm und gebeugt, sondern standen stolz und aufrecht da, die Äste zum Himmel gereckt. Mikhail landete in seiner menschlichen Gestalt auf dem Boden. Überall, wo er hinschaute, waren kleine grüne Triebe mit kräftigen Halmen zu sehen, die trotz des Schnees dicht und wild wucherten. Er beugte sich weit vor, um den Boden zu untersuchen. Statt des verseuchten Erdreichs, das zurückgeblieben war, fand er dunkle, gehaltvolle Erde – ein wahres Wunder. Dann nahm er das Plätschern von Wasser wahr.
Klar, kalt und rein strömte es wieder über die Felsen. Mikhail kauerte sich neben den kleinen Bach, einfach nur, um diesem Laut der Hoffnung zu lauschen. Raven! Er konnte die Aufregung in seiner Stimme und das fassungslose Staunen nicht verbergen. Ich kann mich aus meiner Kindheit an etwas Ähnliches erinnern. Er übermittelte ihr das Bild. In unserem
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