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Dunkles Feuer

Dunkles Feuer

Titel: Dunkles Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Kenlock
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dafür.“
    Sanders hob die Hände, als wolle er nach einem unsichtbaren Gegenstand greifen. John registrierte diese Geste mit Verblüffung. Steve wirkte verzweifelt, hilflos. Eine tiefe Zuneigung zu diesem Mann erwachte in ihm.
    „Sag es mir, Steve. Du kannst mir vertrauen.“
    „Das weiß ich, John.“
    Der Drang, alles zu erklären, von seinen Sorgen zu berichten, wurde übermächtig, aber dann erschien das Bild Tom Meyers vor seinem geistigen Auge. Er hatte Tom in die Sache hineingezogen und jetzt war sein Freund tot. Er würde diesen Fehler nicht noch einmal begehen. Seine Hand legte sich auf Chens Schulter.
    „Nein!“, meinte er entschlossen. „Ich kann dir nicht sagen, was los ist. Bitte geh jetzt.“
    John erhob sich von seinem Stuhl. Steve konnte die Kränkung in seinem Gesicht sehen. Die dunklen Augen blickten noch immer fragend, aber Steve schüttelte erneut den Kopf. Ohne ein weiteres Wort verließ John den Raum. Er schloss die Tür leise, und diese Tatsache schmerzte Steve mehr, als wenn er sie krachend ins Schloss geworfen hätte.
    Mein Gott, dachte er. Was wird noch alles passieren, bis diese Sache ausgestanden ist?

    Eve war gerade aufgewacht und in ihrem Rollstuhl auf den Weg in die Küche, als sie Richard draußen vor der Tür mit dem Schlüssel klappern hörte. Kurz darauf betrat er die Wohnung. Er war vollkommen betrunken. Der Geruch von Alkohol, Erbrochenem und abgestandenem Zigarettenrauch folgte ihm. Sein Aussehen erschreckte sie.
    Das Gesicht war hohlwangig, die Augen gerötet, Bartstoppeln sprossen an seinem Kinn. Er schien sich auf die Lippen gebissen zu haben. Sie konnte den blutigen Abdruck seiner Zähne auf dem weichen Fleisch sehen. Seine Kleidung war schmutzig, das Hemd fleckig und mehrere Knöpfe fehlten daran. Eine Krawatte war nicht mehr vorhanden.
    Er schwankte an ihr vorbei. Auf dem Weg zum Badezimmer riss er sich die Kleider vom Leib und warf sie achtlos beiseite.
    Sprachlos sah ihm Eve nach. Richard trank nie sonderlich viel, dass er betrunken war, beunruhigte sie ebenso, wie sein erschreckendes Aussehen. Normalerweise war ihr Mann pedantisch auf seine Erscheinung bedacht, geradezu eitel, und nun lief er wie ein Penner durch die Wohnung. Sie rollte ihm hinterher, aber bevor sie ihn erreichte, knallte er die Tür zu und schloss sie von innen ab. Kurz darauf vernahm sie das Rauschen der Dusche.
    Wenigstens hat er seinen Verstand noch.
    Trotzdem, irgendetwas musste geschehen sein, und obwohl sie ihn nicht mehr liebte, erwachte das schlechte Gewissen in ihr. Richard hatte Sorgen, Probleme, brauchte Hilfe, Unterstützung, aber sie war nicht für ihn dagewesen, und nun wirkte er wie ein hilfloses Kind.
    Sie nahm sich vor, mit ihm zu sprechen, sobald er aus dem Badezimmer kam.

    General McIvor und William Holden gingen am Fluss entlang. Der Geruch des Wassers, das träge an ihnen vorbei floss, begleitete sie auf ihrem Weg. Sie wollten den sonnigen Morgen nutzen, der künstlichen Atmosphäre der Fabrikhalle entfliehen und über die Dinge sprechen, von denen die anderen Mitglieder des Teams nichts zu wissen brauchten.
    Beide Männer trugen unauffällige Zivilkleidung. McIvor einen dunkelgrauen Anzug mit schwarzem Pullover. Holden, wie schon die übrigen Tage, Jeans und Baumwollhemd.
    McIvor verschränkte die Hände hinter dem Rücken. Da er um einiges größer als Holden war, wirkte er wie ein Mentor, der mit seinem Schüler einen nachdenklichen Spaziergang machte, ein Bild, das ihre Beziehung treffend ausdrückte.
    Von Anfang an hatte er sich des jungen Offiziers angenommen, ihn ausgebildet und seinen Karriereweg unterstützt. Holden sollte einmal sein Nachfolger werden und den Dienst leiten, wenn er sich aus dem politischen Geschehen zurückzog, nach Florida ging, um in den Everglades zu angeln und endlich das Golfspielen zu lernen. Noch drei, höchstens vier Jahre, wollte er seinem Land dienen, dann war endgültig Schluss.
    Er hatte nie geheiratet, keine Kinder, und jetzt bedauerte er diesen Umstand. Am Ende seines bewegten Lebens warteten keine Menschen, sondern nur die Einsamkeit auf ihn.
    Er schob diesen Gedanken beiseite und lauschte wieder Holdens Bericht, der ihn in allen Einzelheiten über das bisherige Geschehen informierte. Holden leistete gute Arbeit, aber das erwartete er auch. Vom Erfolg der Aktion war es abhängig, ob er dem Präsidenten Holden als seinen Nachfolger vorschlagen konnte. McIvor wurde schlecht bei dem Gedanken, dass irgendetwas schief gehen konnte. Das

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