Dunkles Feuer
sein Herz hämmerte in der Brust. Er war völlig fertig, aber er musste weiter. Hier konnte er nicht bleiben. Sein Magen revoltierte, erinnerte ihn daran, dass er den ganzen Tag noch nichts gegessen hatte. Aber für Essen war jetzt keine Zeit. Es galt nur eine Devise - überleben.
Ein Bein hinter sich herziehend, stolperte er wieder los. Zwei Straßen weiter gelang es ihm, ein Taxi anzuhalten. Als er sich in den weichen Sitz zurücklehnte, fielen ihm die Augen zu.
20. Kapitel
Henry Desmoine bewegte sich so geräuschlos wie eine Katze auf der Mäusejagd. Er durchquerte den Vorraum von MedicSoft und hielt direkt auf den Computerraum zu. Das Licht des Mondes fiel durch ein Fenster herein und gab den Gegenständen und Möbeln bizarre Formen, aber Henry achtete nicht auf derartige Dinge. Er hätte sich hier auch mit geschlossenen Augen zurechtgefunden. Holden hatte vom Grundbuchamt den Grundriss des Gebäudes mit allen Räumen besorgt.
Hinter Desmoine bemühte sich Joe Ricco, ebenfalls kein Geräusch zu verursachen. Laut Überprüfung durfte sich um diese Zeit niemand im Gebäude aufhalten, aber sie wollten kein Risiko eingehen. Computerfachleute arbeiteten oft nachts, und laut Protokoll hatte besonders Sanders die Angewohnheit, zu den unmöglichsten Zeiten in der Firma aufzutauchen.
Beide Eindringlinge trugen enge schwarze Kleidung, Handschuhe und weiche Fallschirmspringerstiefel. Ihre Gesichter waren geschwärzt. An den breiten Gürteln waren Taschen befestigt, in denen sie ihr Werkzeug mit sich trugen. Ihre Ausrüstung konnte sich sehen lassen.
Vor der Tür zum Computerraum blieb Desmoine stehen. Er ging in die Hocke, zog ein Stethoskop aus der Seitentasche, legte es an das Holz und lauschte in den Nebenraum. Mit einem Klopfen auf die Schulter seines Partners gab er ihm zu verstehen, dass der Raum ‘sauber’ war. Sekunden später standen sie im Lab.
Joe Ricco veränderte die Stellung der Jalousien, so dass kein Licht nach draußen dringen konnte. Erst jetzt benutzten sie die mitgebrachten Taschenlampen.
Der Computer stand zentral neben mehreren Arbeitstischen. Desmoine grinste, als er ihn sah. Die Sache würde ein Kinderspiel werden.
„Wie geht’s weiter?“, fragte Joe Ricco, während das Licht seiner Taschenlampe ein Glitzern auf dem Monitor erscheinen ließ.
„Wir bauen die Festplatte aus. Das ist am Einfachsten. Um eventuelle Sicherheitssperren oder Passwörter kümmern wir uns später.“
„Okay.“
Henry Desmoine nahm aus seiner Brusttasche einen bleistiftgroßen, elektrischen Schrauber mit leistungsstarken Akkus, der für die Raumfahrt entwickelt worden war.
Ein Hoch auf die NASA, dachte er, als er sich bückte und nach den Schraubenschlitzen in der Abdeckung des Computers suchte. Die Spitze des Werkzeugs fuhr in die kleine Vertiefung und rutschte ab. Er verstellte die Größe des Aufsatzes und versuchte es erneut. Wieder rutschte er ab. Verdutzt hielt er inne.
Er drehte das Terminal zu sich herum und leuchtete mit seiner Taschenlampe darauf. Seine Kinnlade klappte sprachlos herunter, als er den Grund für seine Fehlversuche entdeckte.
„Dieser Kerl hat die Schlitze der Schrauben zerstört“, meinte er atemlos zu Ricco, der sich jetzt ebenfalls bückte.
„Wahnsinn“, sagte dieser. „Die Schraubenköpfe sind flach wie bei einem Nagel. Die kriegen wir nie auf. Lass uns die Abdeckung herunterwuchten.“
„Kannst du vergessen“, meinte Desmoine. „Er hat den ganzen Spalt mit Klebstoff verschmiert. Da passt kein Werkzeug mehr hinein. Sanders ist wirklich clever. Meinst du, er ahnt was?“
„Sieht so aus, oder? Zum Spaß macht niemand so etwas.“
Desmoine überlegte. Er hatte vermeiden wollen, sich hier und jetzt mit der Softwaresicherung auseinanderzusetzen, aber nun blieb ihm nichts anderes übrig. Der Computer war viel zu schwer, um ihn tragen zu können. Das konnten sie vergessen!
Er musste das vorhandene Passwort, das den Zugang zum Programm ermöglichte, an Ort und Stelle knacken, wenn er Prometheus kopieren wollte. Er zog sich einen Drehstuhl heran und setzte sich vor die Tastatur.
„Leuchte mir mal“, befahl er Ricco und schaltete seine eigene Taschenlampe aus. Wie ein Konzertpianist dehnte er seine Finger und ließ die Knöchel knacken. Als er schließlich eine Taste berührte, erwachte der Bildschirm aus seinem Schlaf.
E n t e r P a s s w o r d
Sechs Zeichen wurden verlangt. Sollte eigentlich kein Problem sein. Aus seiner Seitentasche nahm er ein elektronisches
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