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Dunkles Feuer

Dunkles Feuer

Titel: Dunkles Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elvira Zeissler
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eingestand, dass sein Abschied sie traurig machte. Doch sie weigerte sich, weiter darüber nachzudenken.

Es vergingen fast sechs Wochen, bevor Frederik wieder Schloss Lerouge betrat. Er hätte noch viel länger weg bleiben können, denn an Einladungen hatte es nicht gefehlt, doch es war einfach nicht mehr dasselbe. Seine Gedanken kehrten immer wieder zu Elisabeth zurück, und da er sie weder sehen noch mit ihr sprechen konnte, war er dem Rätsel ihres Verhaltens nicht nur kein Stück näher gekommen, sondern hatte sich auch noch in unzählige Spekulationen hineingesteigert. Irgendwann wurde ihm bewusst, dass sein Verhältnis zu ihr wieder ins Reine kommen musste, wenn er sich nicht für den Rest seines Lebens mit Zweifeln und Selbstvorwürfen quälen wollte.
Und so kam es, dass er an einem späten Nachmittag die Empfangshalle des Schlosses betrat, mit der festen Absicht, so schnell wie möglich ein ehrliches, freundschaftliches Gespräch mit Elisabeth zu suchen, obwohl er seine möglichen Folgen befürchtete.
Er befürchtete auch, dass sein Entschluss, offen mit ihr zu reden, ins Wanken kommen würde, wenn er es zu lange hinauszögerte. Aus diesem Grund erkundigte er sich unmittelbar, nachdem er sich kurz erfrischt hatte, bei der Dienerschaft nach dem Grafen und seiner Tochter. Ihm wurde mitgeteilt, dass der Graf außer Haus wäre, und dass Elisabeth das selten gute Wetter des Tages genutzt hatte, um sich in den Park zurückzuziehen.
Frederik erkannte, dass eine so günstige Gelegenheit, mit ihr unter vier Augen zu sprechen, sich womöglich nicht bald wiederholte, und machte sich unverzüglich auf die Suche nach ihr.

Langsam schlenderte Frederik durch den alten Park. Er sah, wie sich die Sonnenstrahlen in den dicken Wassertropfen auf den Blättern der Bäume brachen, er hörte ihr Rascheln im leichten Wind, und er sah soviel Leben um sich herum, dass er auf einmal sehr zuversichtlich wurde, dass letztlich alles gut werden würde. In einer Welt, in der es soviel Schönheit und Lebendigkeit gab, musste es einfach auch einen Platz für ihn geben, einen Platz, wo auch er sein Glück finden konnte.
Nach einer Weile stellte er erstaunt fest, dass der Park um einiges größer war, als er angenommen hatte, und dass er noch niemals zuvor so tief in ihn vorgedrungen war. Ihm wurde bewusst, dass er keinen Anhaltspunkt hatte, wo Elisabeth sich aufhalten könnte, und dass es möglich war, dass er sie gar nicht fand.
Ratlos blieb Frederik stehen und sah sich um, doch er konnte keine Spuren auf dem Weg erkennen und auch sonst keine Anzeichen für ihre Anwesenheit.
Er wollte schon ins Schloss zurückkehren, als sein Herz einen Schlag aussetzte und dann wie eine Trommel in seiner Brust zu hämmern begann. Denn der leichte Wind hatte ihm Elisabeths Stimme zugetragen. Sie musste ganz in der Nähe sein, war sein erster freudiger Gedanke. Doch den jagte schon der nächste: Sie war nicht allein!
Sofort führte ihm seine Fantasie vor Augen, wie Elisabeth sich mit einem anderen Mann traf, wie sie ihn anlächelte, ihn umarmte. Noch nie zuvor hatte Frederik eine solche Eifersucht gespürt. Niemals sonst hätte er versucht, das Gespräch der Verliebten zu belauschen, doch seine Eifersucht trieb ihn vorwärts. Er musste einfach wissen, mit wem sie sich traf.
Während er vorsichtig der Stimme folgte, darauf bedacht, bloß kein Geräusch zu machen, versuchte er, tiefere Töne in dem Gespräch heraus zu hören. Doch er hörte immer nur sie.
Als er hinter einem Johannisbeerstrauch hervorspähte, sah er eine schöne, kleine Laube auf einer Lichtung stehen, die diese fast vollständig einnahm. Durch die verzierten, luftigen Wände des Gebäudes und das Blattwerk der es umgebenden Sträucher nahm Frederik Elisabeths schlanke helle Gestalt wahr.
Sie stand an eine der Stützsäulen gelehnt und schaute auf einen kleinen Teich voll blühender Wasserlilien hinaus. Sie war allein, und sie schwieg.
Bevor Frederik sich von seiner Überraschung erholen konnte, fing Elisabeth wieder zu sprechen an. In ihrer Stimme schwang soviel Trauer und Schmerz mit, dass Frederik innehielt, obwohl er sich deutlich bewusst war, dass er kein Recht hatte, sie in ihrem Refugium zu belauschen. Doch die Versuchung, einen Einblick in ihre Seele zu erhalten, war einfach viel zu verlockend für ihn.
»Heilige Maria, Mutter Gottes«, betete Elisabeth mit bebender Stimme. »Bitte hilf mir. Bitte hilf mir, nicht schwach zu werden, bitte gib mir die Kraft, mein törichtes Herz zu

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