Dunkles Feuer
alles in Ordnung war und dass sich keine Monster in ihrem Zimmer befanden. Doch der Schmerz und das Röcheln, das bei jedem Atemzug aus ihrer eigenen Kehle drang, belehrte sie eines Besseren.
Unfähig zu begreifen, was vor sich ging, aber von Neuem von dem Grauen erfasst, das sie eben erst abgeschüttelt hatte, sprang Julie auf und rannte aus ihrem Zimmer.
Schockiert und ungläubig betrachtete Frederik, was er angerichtet hatte. Wie hatte er sich nur so weit gehen lassen, einem solchen Impuls nachgeben können?
Mit Grauen dachte er daran, was passiert wäre, wenn er nicht rechtzeitig zur Besinnung gekommen wäre. Er hatte in einem Anflug von Wahnsinn beinahe seine Chance vertan, den Fluch zu brechen.
Er musste sich beeilen. Diesmal hatte er noch aufhören können, bevor das Schlimmste passiert war, nächstes Mal hatte er vielleicht nicht so viel Glück. So etwas durfte sich nicht wiederholen. Vielleicht hatte er auch so schon einen irreparablen Schaden angerichtet. Er musste endlich handeln und sich strikt an seinen Plan halten, anstatt in Erinnerungen und wertlosen Fantasien zu versinken.
Frederik ging zu Julies Frisierkommode und platzierte dort einen kleinen, weißen Umschlag, der der eigentliche Grund für seine Anwesenheit in Julies Zimmer gewesen war.
Peter wachte jäh auf, als er Julies nackte Füße auf dem Flurboden hörte. Einige Sekunden später riss sie ohne anzuklopfen seine Tür auf. Ihre langen Haare wehten hinter ihr her, mit einer Hand hielt sie ihren Hals fest. Sie hatte gerade noch genug Kraft, um zu Peter zu laufen und schluchzend in seinen Armen zusammenzubrechen.
Obwohl Peter keine Ahnung hatte, was vor sich ging, nahm er sie tröstend in seine Arme, da er ihre panische Angst spürte.
»Ist ja gut, Kleines. Ich bin ja bei dir. Es ist alles in Ordnung«, sprach er beruhigend auf sie ein, während sie sich krampfhaft an seinen Schultern festhielt.
Sie wollte schreien, ihm widersprechen, sagen, dass nicht alles in Ordnung war, dass etwas Grauenvolles versucht hatte, sie umzubringen. Doch ihre Stimme versagte.
»Peter«, flüsterte sie angsterfüllt, »da ist etwas in meinem Zimmer.«
»Ach, Liebes«, Peter sah sie liebevoll und erleichtert an, »du hast bloß geträumt. Nur ein Alptraum, nichts weiter.« Er lächelte ihr aufmunternd zu. »Jetzt reiß dich zusammen, es war doch nur ein Alptraum, halb so wild.« Sein Lächeln schwand, als er ihre entsetzten Augen sah.
»Peter«, röchelte sie, »es hat versucht, mich umzubringen.«
»So etwas kommt in Träumen manchmal vor. Aber sieh doch, du lebst noch.«
»Auch wenn ich nicht genau weiß, wieso. Du kannst dir nicht vorstellen, wie nahe ich daran gewesen war, das Leben aufzugeben, nur damit das Grauen aufhörte.«
Ein Flattern ging durch Peters gesamten Körper, und unwillkürlich presste er Julie enger an sich, als er daran dachte, wie nah dran er vielleicht gewesen war, sie zu verlieren.
»Aber, es war doch nur ein Traum«, wiederholte er verunsichert.
»Es war vielmehr als nur das. Du kannst es dir gar nicht vorstellen.«
»Dann erzähl es mir.«
»Peter, ich habe Angst, das noch einmal zu durchleben.«
»Ich bin ja bei dir. Aber du musst es mir erzählen, damit ich dir helfen kann. Vielleicht merkst du auch, dass es nicht wirklich real war, wenn du darüber sprichst.«
»Für mich war es real genug«, sagte sie, ärgerlich darüber, dass er ihr nicht glaubte, und riss sich von ihm los.
»Erzähl es mir.« Peter legte seine Arme wieder schützend um Julies zitternde Schultern.
»Etwas kam auf mich zu, ich wusste nicht, was es war, aber es war schrecklich. Es jagte mir soviel Angst ein, wie ich noch nie gespürt hatte. Es hat mich gewürgt, Peter. Natürlich dachte ich auch, dass es nur ein Traum war, aber ein Traum, aus dem ich nicht aufwachen konnte. Und dann, auf einmal, wusste ich ganz genau, dass es mich töten würde. Und es ist ihm auch fast gelungen. Ich konnte mich nicht wehren, ich war gelähmt vor Angst. Und dann empfand ich plötzlich eine tiefe Ruhe, ich wusste, ich würde bald sterben, aber es war mir egal, ich war so friedlich, so im Einklang mit mir selbst. Dann war es auf einmal vorbei. Ich wachte auf und versuchte mir einzureden, es wäre nur ein Traum gewesen. Doch ich konnte kaum atmen, mir tut immer noch jeder Atemzug weh. Und hör dir mal meine Stimme an, sie ist kaum mehr als ein Flüstern. Ich sage dir, so unglaublich es auch sein mag, da drüben ist etwas, du musst mir glauben.« Ihre Stimme klang wieder gehetzt.
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