Dunkles Feuer
Nachdenklich schaute sie sich die Wand an. Da gab es mehrere Regale mit altem Silbergeschirr, das Portrait einer schönen jungen Frau und sonstigen Raumschmuck. Auf der anderen Wandhälfte hingen nur einige Bilder.
Lizzy beschloss, zuerst diese in Augenschein zu nehmen, es schien ihr ungefährlicher als die Inspektion der Regale. Außerdem war in den Filmen der Safe immer hinter einem Bild versteckt, wäre doch möglich, dass es hier auch der Fall war.
Vorsichtig zog Lizzy das erste Bild von der Wand weg, um dahinter spähen zu können. Das Bild war viel schwerer, als sie erwartet hatte. Es zeigte eine Landschaft mit mehreren Leuten, die gerade ein Picknick machten. Lizzys Aufmerksamkeit blieb nur einige Sekunden länger auf den prächtigen Kleidern der Damen haften, doch das genügte, um das Bild so ungeschickt zu bewegen, dass sich die Gesellschaft plötzlich sehr schnell auf sie zu bewegte. Das schwere Bild rutschte von seinem Nagel, und das Mädchen spürte, dass sie es nicht länger halten konnte.
»Jo!!« keuchte sie.
Der Junge blickte sich um. Eigentlich hätte er über diese Situation gelacht, doch es war ihm klar, dass sie beide dran waren, falls das Bild auf den Boden fiel und beschädigt wurde. »Warte, ich helfe dir!« Mit diesen Worten stürzte er auf Lizzy zu und kam gerade rechtzeitig, um das Bild aufzufangen, bevor es auf den Boden schmetterte.
Frederik beobachtete, wie die beiden Kinder sich abmühten, das große Bild wieder auf seinen Platz zu hängen. Wenn sie sich weiter so ungeschickt anstellten, brauchte er sich doch keine Sorgen zu machen.
»So, jetzt gaanz vorsichtig, noch ein Stück, jaa, so ist es gut«, kommandierte John.
»Geschafft!« Beide Kinder atmeten erleichtert auf.
Lizzy blickte sich in dem großen Raum um. Es war doch erstaunlich, wie viele verschiedene Gegenstände da vorhanden waren und vor allem, wie zerbrechlich die meisten von ihnen aussahen. "So funktioniert das nicht", meinte sie. »Es dauert viel zu lange, den gesamten Raum zu durchsuchen. Wir müssen erst nachdenken, wo das Buch sein könnte.«
»Du meinst, nach dem Motto: 'Wenn ich ein altes Buch wäre, wo würde ich mich verstecken?'« spottete John.
»Nein, eher 'wo wurden früher geheime Verstecke eingerichtet?'«
»Meistens gab es da doch einen Knopf oder irgendeinen Hebel. Aber der könnte hier überall sein, deshalb suchen wir ja.«
»Das Versteck müsste doch sehr alt sein, oder?«
»Schon, aber ...«
»Das war eine rein rhetorische Frage«, unterbrach ihn Lizzy, die langsam in Fahrt kam. »Also, die meisten Gegenstände in diesem Raum sind gar nicht so alt, folglich sind sie erst später dazugekommen. Wir müssen also bloß das finden, was hier am ältesten ist und somit von Anfang an schon da war.«
»Manchmal bist du echt genial!« Es machte ihm nichts aus, dass sie und nicht er auf diese Idee gekommen war.
Die Kinder schauten sich die Einrichtung noch einmal genauer an.
»Da, guck mal, Lizzy. Das Bild über dem Kamin, das ist mir schon vorhin aufgefallen, es sieht doch ziemlich alt aus.«
Nicht schon wieder ein Bild, stöhnte Lizzy innerlich auf. Ihre Arme waren von der Anstrengung noch ganz zittrig.
Aber John hatte Recht. Das Bild stellte Maria als die Königin des Himmels dar, ein in vergangenen Epochen sehr verbreitetes Motiv. Und auch die verblassten Farben deuteten auf das Alter des Gemäldes hin.
Auf den ersten Blick sah es wie ein ganz gewöhnliches Bild aus. Bis John etwas auffiel.
»Schau mal, Lizzy, die Juwelen in der Krone sind mit soviel Farbe gemalt worden, dass sie aus dem Bild herausragen, wie ein Relief. Und zwar alle, bis auf das letzte Juwel hier. Da gibt es eher eine Vertiefung.« Er zeigte mit dem Finger auf das kleine Loch. »Vielleicht muss man da was einfügen, lass mal sehen ...«
Frederiks Geduldsfaden riss, das ging nun wirklich zu weit. Wie konnten sie es nur wagen, nach einigen wenigen Minuten des Suchens das Geheimnis dieses Raumes zu lüften. In dieser verrückten Zeit wurde dem Nachwuchs definitiv zuviel beigebracht und erst recht zuviel erlaubt!
Lizzy und John waren ganz in ihre Forschung vertieft, als ein metallisches Knirschen sie aufschrecken ließ.
Mit großen Augen sahen sie, wie die alte Rüstung in der Ecke sich plötzlich bewegte.
»Jo ..., Jo, siehst du das auch?« stammelte Lizzy ängstlich.
John schluckte hart, er konnte nur nicken.
Die Rüstung brach von ihrer Halterung weg und machte einige Schritte in ihre Richtung, das Schwert bedrohlich auf sie gerichtet. John
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