Dunkles Universum 1 - Aguirre, A: Dunkles Universum 1 - Sirantha Jax 1. Grimspace
ich eine ganze Woche lang schlafen könnte, und eins ist sicher: Es gibt eine Menge Dinge, die ich noch lernen muss. Denn dieses ganze Getue, ich kenne mich mit dem Grimspace aus und sonst mit gar nichts, wird mir auf Dauer nicht weiterhelfen, viel wahrscheinlicher wird es mich eines Tages umbringen, und das eher früher als später. Es reicht nicht, eine gute Navigatorin zu sein, außerdem bin ich kein gefeierter Star des Konzerns mehr. Ich lebe jetzt in der wirklichen Welt, ob es mir gefällt oder nicht, und das bedeutet, ich muss dringend mein Repertoire erweitern. Ich muss lernen, dieses Schiff zu fliegen, für den Fall, dass so etwas noch einmal passiert. Ich muss lernen, die Bordgeschütze zu bedienen. Ich muss lernen, wie man Notfallreparaturen durchführt. Ich muss lernen …
Scheiße, ich bin zu müde, um diese Liste zu vervollständigen. Sie ist auf jeden Fall ziemlich lang. Und vielleicht spricht es ja für mich, dass ich zumindest das begriffen habe.
»Ist bei Marsch alles in Ordnung?« Ich rolle mit den Schultern. Hab mir wohl was gezerrt.
Der Doc nickt. »Ich hab ihn festgeschnallt, bevor ich ins Cockpit gegangen bin, aber ich sollte wohl besser mal nach ihm sehen. Ich lass Sie wissen, wenn es irgendeine Veränderung gibt.«
Der alten Jax hätten diese Worte genügt, doch ich folge Saul auf die Med-Station, weil ich mich mit eigenen Augen überzeugen will. Marsch ist für mich mehr geworden, als ich im Moment überhaupt fassen kann. Er ist meine letzte Hoffnung, meine letzte Chance, mir selbst zu beweisen, dass ich kein wandelnder Fluch bin.
Still und reglos liegt er da. Und so verdammt blass. Es tut mir weh, ihn so zu sehen, und einen Moment lang spüre ich ein Brennen in meinen Augen, weil es mir nicht so scheint, als würde er sich je wieder erheben. Wenigstens muss ich seinen zerfleischten linken Arm nicht sehen, weil der Doc ihn verbunden hat, und die ständigen Schmerzmittelinfusionen halten Marsch ruhig. Die Daten von seinen lebenswichtigen Organen sehen gut aus, zumindest soweit ich das beurteilen kann.
Ich vergesse, dass Saul neben mir steht, und trete näher an die Pritsche. Es scheint mir nicht richtig, ihn noch länger angeschnallt zu lassen, also löse ich die Schnallen. Als Nächstes rücke ich die dünne S-Decke zurecht und wickle ihn darin ein. Was würde ich nicht darum geben, dass er endlich aufwacht und mir sagt, was für ein Klotz am Bein ich bin, mich zusammenstaucht für alles, das schiefgegangen ist. Aber er ist so verdammt weit weg. Ich kann ihn nicht mehr spüren. Ich kann nicht anders, als ihm eine Hand auf die Wange zu legen, wobei ich spüre, wie kalt seine Haut ist, dann fahre ich mit den Fingern die kantigen Wangenknochen entlang. Ich habe so viele Menschen verloren. Manche von ihnen habe ich mit voller Absicht zurückgelassen und nie hinter mich geblickt. Andere wurden mir genommen, ohne dass ich mich verabschieden konnte.
Marsch … Ich dachte immer, er wäre anders, ein bisschen jähzornig vielleicht, aber unzerstörbar. Doch wie sich herausstellt, ist er genauso aus Fleisch und Blut wie jeder andere Mensch.
Ich lasse meine Hand sinken, nicke dem Doc kurz zu und verlasse die Med-Station ohne ein weiteres Wort. Ich bin müde bis in die Knochen. Die alte Jax hätte sich jetzt in ihre Kabine verkrochen, geduscht und sich dann in die Koje geworfen. Sie wäre der Meinung gewesen, bereits genug getan zu haben.
Ich mache mich auf den Weg zum Maschinenraum, um mit meinem Crashkurs in Raumschiffreparieren zu beginnen.
37
Wir schaffen es gerade so bis Gehenna. Dass wir keine Rauchfahne hinter uns herziehen, ist auch schon alles.
Dina muss ihre Trickkiste voll ausgeschöpft haben, um die Folly manövrierfähig zu halten. Jeder an Bord weiß, dass wir uns keinen weiteren Kampf, keine weitere Verspätung leisten können. Für Marsch ist es vielleicht auch so schon zu spät, aber ich wage nicht, diese Befürchtung laut auszusprechen. Im Moment bin ich wie eine Anhängerin einer primitiven Naturreligion und glaube, das Böse abwenden zu können, indem ich einfach den Kopf in den Sand stecke.
Es heißt, den ersten Anblick von Gehenna vergisst man nicht. Der Himmel über den hohen Wolkenkratzern glüht rot bis orangefarben, ein wahrhaft großartiger Anblick, der durch die spezielle Zusammensetzung der Atmosphäre zustande kommt. Diese spezielle Zusammensetzung würde einen Menschen zwar sofort töten, aber deshalb haben sie die Stadt ja auch unter einer Kuppel gebaut. Ein
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