Durch Mark und Bein: 4. Fall mit Tempe Brennan
folgenden Tage waren wie die ersten, die ich im Alarka Fire Department zugebracht hatte: Ich lebte mit den Toten von morgens bis abends. Stunde um Stunde sortierte und arrangierte ich Knochen, bestimmte Geschlecht und Rasse, schätzte Größe und Alter. Ich suchte nach Hinweisen auf alte Verletzungen, angeborene Besonderheiten und Spuren ständig wiederholter Bewegungen. Für jedes Skelett erstellte ich ein so vollständiges Profil, wie es für Überreste ohne jedes weiche Gewebe möglich war.
In gewisser Weise war es wie die Bearbeitung eines Flugzeugabsturzes, bei dem die Namen aus der Passagierliste bekannt sind. Ausgehend von Veckhoffs Tagebuch war ich überzeugt, dass ich es nur mit einem eingeschränkten Personenkreis zu tun hatte, weil seine Listen präzise zum Verschwinden älterer Bürger des Swain und der angrenzenden Counties passten: 1943 Tucker Adams, 1949 Edna Farrell, 1959 Charlie Wayne Tramper, 1986 Albert Odell.
Wir fingen mit den Leichen im Gang an, weil wir sie für die ältesten hielten. Während Stan und Maggie reinigten, sortierten, nummerierten und fotografierten, untersuchte ich die Knochen.
Edna Farrell fand ich ziemlich schnell. Skelett Nummer vier stammte von einer älteren Frau, deren rechte Wangen- und Kieferknochen wegen Brüchen, die ohne angemessene Behandlung verheilt waren, deutlich von der linken Gesichtshälfte abwichen.
Skelett Nummer fünf war unvollständig, es fehlten Teile des Brustkorbs, der Arme und der unteren Beine. Verstümmelungen durch Tiere waren reichlich vorhanden. Charakteristika des Beckens sagten mir, dass die Person männlich und alt gewesen war. Ein kugelförmiger Schädel, ausladende Wangenknochen und eine schaufelförmige Verbreiterung der Schneidezähne deuteten auf indianische Herkunft hin. Die statistische Analyse wies den Schädel eindeutig dem mongoliden Lager zu. Charlie Wayne Tramper?
Nummer sechs, das am schlechtesten erhaltene Skelett, war das eines älteren kaukasoiden Mannes, der zum Zeitpunkt seines Todes zahnlos gewesen war. Die Knochen ermöglichten mir eine Größenschätzung von über eins achtzig, wiesen aber sonst keine identifikationsdienlichen Merkmale auf. Tucker Adams?
Skelett Nummer drei war das eines älteren Mannes mit verheilten Brüchen der Nase, des Kiefers, der dritten, vierten und fünften Rippen und des rechten Wadenbeins. Ein langer, schmaler Schädel, ein breiter Nasenrücken, ein glatter Nasenrand und eine vorstehende untere Gesichtshälfte deuteten darauf hin, dass der Mann schwarz gewesen war. Die Ergebnisse des Fordisc-2.0-Programmes ebenfalls. Ich nahm an, dass es das Opfer von 1979 war.
Als Nächstes untersuchte ich die Opfer, die wir in der Kammer mit Mitchell und Adair gefunden hatten.
Skelett Nummer zwei war das eines älteren Mannes. Arthritische Veränderungen in den rechten Schulter- und Armknochen deuteten auf ständig wiederholtes Strecken der Hand über den Kopf hin. Apfelpflücken? Ausgehend vom Erhaltungszustand schätzte ich, dass diese Person später als die im Gang Begrabenen gestorben war. Der Apfelfarmer Albert Odell?
Skelett Nummer eins war das einer älteren weißen Frau mit fortgeschrittener Arthritis und nur sieben Zähnen. Mary Francis Rafferty, die Frau aus Dillsboro, deren Tochter das Haus ihrer Mutter 1972 leer vorgefunden hatte?
Am späten Samstagnachmittag war ich mir ziemlich sicher, dass ich den Skeletten ihre richtigen Namen zugewiesen hatte. Lucy Crowe half mir, indem sie Albert Odells zahnärztliche Unterlagen fand, und Reverend Luke Bowman, indem er sich an Tucker Adams Größe erinnerte. Eins achtundachtzig.
Und ich hatte eine ziemlich gute Vorstellung, was die Todesart anging.
Das Zungenbein ist ein kleiner, hufeisenförmiger Knochen zwischen Unterkiefer und Kehlkopf. Bei Älteren, deren Knochen oft spröde sind, bricht das Zungenbein, wenn seine beiden Hälften zusammengedrückt werden. Die häufigste Ursache für einen solchen Druckbruch ist die Strangulierung.
Tommy Albright rief an, als ich eben Schluss machen wollte.
»Haben Sie noch weitere Zungenbeinbrüche gefunden?«
»Bei fünf von den sechs.«
»Bei Mitchell auch. Der muss sich ziemlich gewehrt haben. Als sie ihn nicht strangulieren konnten, haben sie ihm den Schädel eingeschlagen.«
»Adair?«
»Nein. Aber es gibt Petechien.«
Petechien sind winzige Blutklumpen, die als Pünktchen in Augen und Kehle auftreten und deutliche Hinweise auf eine Erstickung sind.
»Wer zum Teufel stranguliert denn alte
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