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Durst: Thriller (German Edition)

Durst: Thriller (German Edition)

Titel: Durst: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alberto Riva
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überzeugt. In diesem Moment fühlte sie sich einfach nur allein. Irgendetwas an dem Bild, das sie vor Augen hatte– ihre Wohnung, die Perlenkette zwischen ihren Fingern, Matheus’ vom Handy verzerrte Stimme, die Vorstellung, dass sie morgen früh aufstehen und wieder einen ihrer immer gleichen Tage verleben würde, nur um abends mit schmerzenden Füßen übers Parkett zu laufen–, irgendetwas daran entzog sich ihr, und das belastete sie.
    » Schlaf gut, Cássia. Mach dir keine Sorgen, ja? «
    » Okay. Von Paraty aus könntest du doch nach São Paulo kommen, oder? «
    » Das können wir ja noch sehen. «
    Sie schickten sich einen Kuss durchs Telefon.
    Der Bus verließ die Staatsstraße 465 und nahm die BR -101 in Richtung Süden. Allmählich veränderte sich die Landschaft. Wenn man aus dem Fenster schaute, konnte man nachvollziehen, dass der Mensch sich diesen Bergrücken mit Blick auf den Ozean ausgesucht hatte, um sesshaft zu werden. Sobald sie die Stadt hinter sich gelassen hatten, folgte die Straße einer gewundenen Strecke durch verschiedene Täler hindurch, vorbei an jäh aufragenden Bergen, die mit einem Teppich aus dichtem Atlantischen Regenwald bedeckt waren.
    Der Bus war modern und folgte leise der weichen Linie der Kurven. Sarah Clarice hatte die Augen geschlossen, den Kopf in die Hand gestützt, und hörte Tori Amos. Matheus schaute in den wolkenverhangenen schwarzen Himmel. Plötzlich kam die Wintersonne durch und verwandelte das Gebirge in ein eigentümliches Mosaik aus glänzendem Grün und bleifarbenen Gipfeln, die teilweise von den Wolken verschluckt wurden. Am Straßenrand wucherte die üppige tropische Vegetation, die unterschiedslos alles verschlang. Gelegentlich schraubte sich die Straße zu den Dörfern hoch, die überall verstreut lagen, das ewige Brasilien: Häuser inmitten von Bananenanpflanzungen, Straßen aus roter Erde, streunende Hunde, Reifenhändler, Kirchen der Pfingstgemeinde und Gruppen schwarz gekleideter Frauen, die Kinder hinter sich herzogen. Und am Fuße des Gebirges lagen, kaum zu erkennen und eingetaucht in ihre unnatürliche Stille, die Kaffeeplantagen.
    Matheus dachte an das, was er mit Ernesto Baduel besprechen wollte. Je mehr Zeit verging, desto stärker ging er davon aus, dass er sich geirrt haben musste. Die Ergebnisse hatte er im Rucksack, aber die anfängliche Überraschung war jetzt nur noch ein ferner Nachhall. Plötzlich sah er seinen Bruder vor sich, ausgestreckt auf einer weißen Plastikplane. Aus dem Augenwinkel schaute er zu Sarah Clarice hinüber und ließ den Blick eine Weile auf ihr ruhen. Dann wandte er sich wieder der Landschaft zu.
    Als sie in Paraná ankamen, war es bereits dunkel. Am Busbahnhof war niemand, um sie abzuholen. Sarah Clarice zog eine Grimasse und ließ sich auf eine der Betonbänke sinken, den Rucksack auf den Knien. Matheus wählte Baduels Nummer. Während er telefonierte, ging er unter dem Schutzdach auf und ab. Er wirkte nervös. Schließlich beendete er das Gespräch.
    » Und, was hat er gesagt? «
    » Nichts. Heute kann uns niemand mehr abholen. «
    » Wo wohnen sie denn? «
    » Ungefähr acht Kilometer von hier. «
    » Das hattest du mir aber nicht gesagt. «
    » Ist doch auch unwichtig. «
    » Okay. Was machen wir also? «
    » Wir suchen uns etwas, wo wir schlafen können, und fahren morgen zu ihm. «
    Sarah Clarice erhob sich und setzte den Rucksack auf. » Kennst du denn hier etwas? «
    Matheus wirkte abwesend. » Ich? Nein, nichts. «
    » Na, dann mal los. «
    Sarah Clarice hatte keine Lust, sich mit den Launen des jungen Braga herumzuschlagen, nicht nachdem sie zum soundsovielten Mal im Morgengrauen aufgestanden war. Sie gingen ins historische Zentrum. Zielsicher steuerte Sarah Clarice eine einladende Pousada an.
    » Die ist sehr nett, und wenn ich mich recht entsinne, kostet sie nicht viel. «
    Matheus lief ihr einfach hinterher.
    » Wir haben nur noch ein Doppelzimmer. «
    Irritierter Blick, wie gehabt.
    » Ist es wenigstens eins mit zwei Einzelbetten? «
    Der Typ vom Hotel lächelte. » Leider nein. Das Zimmer ist aber sehr groß und wirklich preisgünstig. «
    Beide waren sie zu müde zum Debattieren.
    Fünf Minuten später standen Sarah Clarice und Matheus in dem Zimmer. Matheus öffnete die großen, hohen Fenster, die auf die von alten Laternen beleuchtete Hauptgasse hinausgingen. Das schummrige Licht verlieh dem Städtchen etwas Altertümliches. Die Straße bestand aus Erde und unregelmäßig behauenen Steinen, aber

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