Durst: Thriller (German Edition)
anstieg. » Und jetzt lassen sie uns nicht einmal mehr die paar Tropfen, weil sie das Wasser für ihr Bier und was weiß ich noch alles brauchen. « Er zog heftig an seiner Zigarette. » Dabei gehört dieses Wasser uns… «
» Die behaupten das Gegenteil. «
» Sprichst du von der Konzession? « Er lachte wieder, dann wurde er plötzlich finster. » Es gibt keine Konzession. Diese Papiere sind gefälscht, das würde selbst ein dreijähriges Kind erkennen. Auf das Wasser der Herrin kann niemand Anspruch erheben. «
Sebastian schwieg einen Moment, dann sagte er: » Wie viel Wasser braucht ihr? «
Der Mann musterte ihn und drehte sich noch eine Zigarette. » So viel wie vorher. Hast du die ausgetrockneten Kanäle gesehen? Es muss wieder so viel Wasser fließen, dass wir unsere Täler bewässern können. Wir erkennen gerne an, dass diese Scheißtypen ihre Arbeit gemacht haben. Sie haben die Kanäle gebaut, und deshalb waren wir einverstanden, das Wasser zu teilen. Wir sind allerdings nicht dazu bereit, uns alles wegnehmen zu lassen. «
Als er an diesem Abend ins Dorf zurückkam, rief Sebastian wieder nach dem Oberaufseher, der in seinem üblichen verstaubten grau-schwarzen Nadelstreifenanzug auf der Terrasse erschien. Ohne Umschweife fragte er ihn, warum das Werk die Wassermenge für die Bauern reduziert habe.
» Das weiß ich nicht « , antwortete der Mann. » Befehl aus Bangkok. «
Sebastian erhob sich aus seinem Schaukelstuhl und trat an ihn heran. » Sag mir sofort, warum ihr euch das ganze Wasser unter den Nagel reißt, sonst wirst du es bereuen. «
Der Oberaufseher wich einen Schritt zurück und spürte diese blauen Augen auf sich ruhen.
» Die Produktion verbraucht mittlerweile mehr Wasser. Nicht nur für das Bier, sondern auch für die harten Sachen. Unser Schnaps ist sehr beliebt. Wir wurden gebeten, die doppelte Menge zu liefern, aber das ist unmöglich. Die Erwartung ist, dass die Einheimischen, wenn sie verdursten, irgendwann von selbst gehen. Wir können das Wasser nicht mehr für sie verschwenden, es wird komplett für die Produktion benötigt. «
Sebastian fröstelte es plötzlich. Die Nacht war feucht, und der Wind prickelte auf der Haut.
» Und was denkst du darüber? Du bist doch von hier. «
» Ich? Ich denke, dass wir nicht gehen werden. « Er senkte den Blick. Sebastian folgte ihm wie einem Nachtfalter und schaute ebenfalls zu Boden. » Wir werden unsere Erde nie verlassen. «
» Warum hast du mich in dieses Gebirge geschickt, wenn ihr nicht die mindeste Absicht habt, das Wasser mit den Bauern zu teilen? «
Sebastian schaute Luon Li O direkt in die Augen. Er war nach zehn Tagen nach Bangkok zurückgekehrt, und jetzt saßen sie an einem Tisch im Ping Li. Auf der Bühne stand eine alte Frau in traditioneller Kleidung, das Gesicht weiß angemalt. Ihre näselnde Kopfstimme war unerträglich.
» Du glaubst also an diese Geschichten von verdurstenden Bauern? «
» Ich habe sie mit eigenen Augen gesehen. «
Luon Li O schlug einen herablassenden Ton an. » Das ist Guerilla, Sebastian. Diese Leute sind gefährlich. «
» Das glaube ich nicht. «
Luon Li O schaute ihn irritiert an, dann lächelte er.
» Genauso wenig, wie ich an die Sache mit der Konzession glaube « , sagte Sebastian. » Ich möchte sie sehen. «
» Ich habe dich wohl nicht richtig verstanden. «
» Ich möchte die Konzession sehen. «
» Vielleicht solltest du erst einmal etwas trinken. « Luon Li O rief nach dem Kellner, der sofort mit einer Flasche vom hauseigenen Whiskey kam und zwei Gläser einschenkte. Sebastian folgte den Handbewegungen des Kellners, dann ließ er den Blick auf seinem Gesicht ruhen. Irgendein Gedanke regte sich in ihm, aber Luon Li Os Stimme drängte sich dazwischen.
» Trink, das wird dich auf andere Gedanken bringen. Ich habe dich gebeten, für uns zu arbeiten, weil du mir der geeignete Mann zu sein scheinst, um die Dinge zu regeln, und nicht, um sie zu verkomplizieren… «
Sebastian trank.
Luon Li O fügte hinzu: » Ich habe dich hingeschickt, weil ich wissen wollte, was da oben passiert. Diesem Oberaufseher vertraue ich nicht mehr. Er hat sich an die Landarbeiter verkauft. «
Aber Sebastian hörte gar nicht zu. Er musste immer noch an den Kellner denken. Wenn da nicht diese merkwürdige Narbe wäre, die der junge Mann in der weißen Jacke unter seinem Pony zu verstecken versuchte, hätte er ihn nie wiedererkannt. Und selbst nachdem er ihn genau beobachtet hatte, war die Erinnerung nicht
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