Durst: Thriller (German Edition)
blieb er noch einmal stehen. » Es wäre aber besser für ihn, wenn er vertrauenswürdig wäre. «
Agata lächelte. Der Drache ist in einer sonderbaren Stimmung, dachte sie.
Sarah Clarice hatte sich vergewissert, dass niemand im Büro war. Nun wartete sie, bis die Putzfrau die Tür hinter sich geschlossen hatte, schaute sich dann eilig um und überquerte die Straße. Ihre Ausrede dieses Mal: Sie wolle die Ruhe des Samstagnachmittags nutzen, um ein paar Sachen zu erledigen, die liegen geblieben seien.
Drinnen schlug ihr der stechende Gestank des Bohnerwachses entgegen. Himmel, verteilte die Frau das Zeug denn kübelweise? Die Tür zum Büro des Verwaltungssekretärs war abgeschlossen, aber Sarah Clarice wusste, wo der Ersatzschlüssel war. Sie bemühte sich, keinerlei Geräusche zu machen.
Sobald sie im Zimmer war, schaltete sie Flavios Computer an. Erste Frage nach einem Passwort. Sarah Clarice benutzte das übliche, aber es funktionierte nicht. Mist. Marianne hatte ihr nur die beiden Passwörter gegeben, mit denen man an die geschützten Dateien herankam. Sie versuchte es mit verschiedenen Kombinationen, die alle auf Flavios Namen aufbauten, und hatte schließlich Erfolg. Schnell stieß sie auf eine Datei namens Santo00.
Bin das wirklich ich, fragte sich Sarah Clarice, die hier in Flavios Büro hockt und nach geheimen Dateien sucht.
Santo00 war ein passwortgeschütztes Excel-Dokument. Sie tippte Mariannes erstes Passwort ein, und sofort öffnete sich ein weiteres geschütztes Dokument namens S_Uno. Perfekt. Sarah Clarice tippte das zweite Passwort ein. Und da war es.
Sie schwitzte, als sie den USB -Stick aus der Tasche ihrer Jeansjacke zog und das Dokument kopierte. Dann schaltete sie den Computer wieder aus, schlich auf Zehenspitzen aus dem Büro und begab sich an ihren eigenen Schreibtisch. Wenn jetzt jemand kommen würde, könnte sie ihre Ausrede anbringen. Es kam aber niemand, und so wusch sie sich schnell das Gesicht und verließ das Gebäude.
Nachdem er eine lange Dusche genommen hatte, trat Matheus auf den kleinen Balkon hinaus und betrachtete verzaubert das Spektakel des Sonnenuntergangs über der Bucht von Botafogo. Sein Handy klingelte. Es war Sarah Clarice.
» Matheus, ich habe das Dokument. «
» Im Ernst? «
» Ja. Schwarz auf weiß. Barcellos hat gut an der Sache verdient. Und nicht nur er. «
» Okay, schick es mir per Mail und mach nach Möglichkeit einen Ausdruck. «
» Okay. Wie geht es dir? Hast du etwas über deinen Bruder in Erfahrung bringen können? «
» Nichts. Die Spur von diesem Apostolo ist im Sande verlaufen. Und du, was machst du so? «
» Nichts. Keine Ahnung. Vielleicht treffe ich mich heute Abend mit meiner Freundin Joyce. «
Matheus schwieg.
» Warte eine Sekunde, Matheus, da ist ein Anruf aus São Paulo. Bleib aber dran. «
» Okay « , sagte Matheus müde.
Vierzig Sekunden später ertönte wieder Sarah Clarice’ Stimme.
» Matheus, notier dir eine Nummer und ruf da an. «
» Wer war das denn? «
» Augusto Miller. Er muss mit dir sprechen. Es sei dringend, hat er gesagt. «
» Okay. Wir telefonieren dann später noch einmal. «
Schnell verabschiedeten sie sich, und Matheus wählte die Nummer.
» Augusto Miller? «
» Am Apparat. Wie geht es dir? «
» Ganz gut. Sarah Clarice hat gesagt, dass du mit mir sprechen willst? «
» Ja, sie hat mir erzählt, dass du in Rio bist. Das scheint mir kein unbedeutender Zufall zu sein. «
» Inwiefern? «
» Schreib dir eine Adresse auf, Matheus. Klinik São Vicente. Wenn du hingehst, frag nach Doktor Branco. Sag ihr, dass du ein Freund von mir bist. «
» Aber warum? «
» Tu es einfach, Matheus. Vertrau mir. «
» Soll ich jetzt sofort hingehen? «
» Nein, jetzt ist es zu spät. Besser morgen früh. Lass aber nicht noch mehr Zeit verstreichen. Viel Glück. « Er legte auf.
45
Paulo Johannsen war tief in einem schwarzen Ledersessel in seinem Arbeitszimmer versunken und las den Estado de S. Paulo, als das Telefon klingelte.
Er sah die Nummer und kniff die Augen zusammen.
» Ja bitte? «
» Hallo, Paulo. «
» Papa. « Er räusperte sich, denn er hatte schon seit Stunden mit niemandem mehr gesprochen. » Das ist ja schön. Wie geht es dir? «
» Bist du alleine, Paulo? «
» Ja, warum? «
» Ich muss mit dir reden. «
Paulão kannte seinen Vater und wurde nervös. Er wollte etwas sagen, aber der alte Josef unterbrach ihn. » Ich habe bereits meinem Chauffeur Bescheid gesagt. In einer Stunde bin ich
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