Durst: Thriller (German Edition)
lange dauern, dann kann man diese Trauben auch bei uns anbauen. «
» Sandra ist die Königin der Früchte « , witzelte Nelson, der ansonsten eher angespannt wirkte.
» Was meint ihr wohl, warum Carmen Miranda mit ihrem Tutti-Frutti-Hut mein großes Idol ist? «
Alle lachten. Sarah Clarice hatte Hunger und warf unauffällig einen Blick in Richtung Küche.
Sandra trat zu ihr. » Keine Sorge, ich habe Marilena gebeten, ihre umwerfende Kürbispastete für dich zu machen. «
Das Essen war köstlich, aber die Atmosphäre der trauten Familienzusammenkunft wurde durch leichte Spannungen gestört: Matheus antwortete nur einsilbig auf Fragen, und Nelson schaffte es nicht, die Verlegenheit in seinem Blick zu kaschieren. Sarah Clarice wiederum hätte Nelson gern nach dem kleinen Lucas gefragt, hatte aber Angst, die Stimmung noch weiter zu trüben.
Schließlich baute Nelson ihr eine Brücke, indem er sich erkundigte, ob sie noch einmal nach São Pedro gefahren seien.
Sarah Clarice nickte. » Wir kamen gerade rechtzeitig zur Beerdigung. «
Sie hatten das Essen beendet, und Nelson steckte sich eine kurze, dunkle Zigarre an. Sie erinnerte an glühende Kohle.
Er strich sich über den Bart und fragte: » Wer wurde denn beerdigt? «
» Ein Mädchen. Eine Cousine von Lucas. Ich habe übrigens gehört, dass du ihn ins Krankenhaus hast bringen lassen. « Sarah Clarice steckte sich mit einem Kamm die Haare hoch. Befreit von den krausen Haarmassen, schien sich ihr Gesicht sofort aufzuhellen.
» Ja, gestern « , bestätigte Nelson. » Im Krankenhaus von Juazeiro sollen sie ein paar Untersuchungen machen. Ich werde dir die Ergebnisse mitteilen. Es ist noch zu früh für Mutmaßungen, aber vermutlich kann bei seinen Beinen nicht von einem Wundbrand die Rede sein. «
» Dann wird Matheus seinen Optimismus in Bezug auf das Wasser wohl überdenken müssen. «
Hatte in Sandras Tonfall Ironie mitgeklungen?
Matheus wurde plötzlich ernst, wie Sarah Clarice es schon häufiger bei ihm beobachtet hatte. » Ich erwarte mir nicht viel von der Sache– es gibt ja bereits Analysen. Die aktuellen Krankheiten können ihren Ursprung in der Vergangenheit haben. Wasser ist schließlich nicht wie ein Insekt, das zusticht, und zack, schon entsteht eine Schwellung. Wasser ist komplex. «
Nelson stürzte ein Gläschen Cachaça hinunter und musterte seinen Bruder.
Sarah Clarice brach das entstandene Schweigen schließlich. » Wo wir schon einmal alle hier sind: Ich möchte euch für eure Hilfe danken. Wirklich! «
Marilena kam mit einer dampfenden Kaffeekanne.
» Wann geht euer Flug? « , fragte Nelson unvermittelt.
Sandra warf ihrem Mann einen strafenden Blick zu. » Bleibt ihr denn nicht über Nacht? «
» Auf gar keinen Fall « , sagte Sarah Clarice schnell, bevor Matheus sie wieder vorwurfsvoll anschauen konnte. » Unser Flug geht um zehn nach sechs. Wir müssen also bald aufbrechen. «
» Wie läuft es denn eigentlich in Ilhéus? « Nelson schenkte Matheus ein Glas Cachaça ein.
» Gut. Aber ich werde demnächst nach São Paulo zurückkehren. «
» Tatsächlich? « Sandra stützte die Ellbogen auf den Tisch.
» Ja. Ich habe den Lehrstuhl für Organische Chemie bekommen. «
» Und das erzählst du uns nicht? «
Schweigen senkte sich über die Tischgesellschaft.
» An der Universität von São Paulo? « , fragte Nelson dann.
» Ja. «
Nelson lächelte. » Kompliment, Matty. «
Sarah Clarice wurde den Verdacht nicht los, dass alle um irgendeinen heißen Brei herumredeten.
» Cássia hat es also endlich geschafft « , sagte Sandra. » Seid ihr noch zusammen? «
» Ja natürlich. «
» Was für eine Ausdauer. «
» Sandra! « , protestierte Nelson.
» Aber das war doch ein Scherz, mein Lieber. «
» Nein, Sandra hat vollkommen recht. Es war wirklich hart, all diese Jahre immer getrennt zu sein. « Matheus zwinkerte nervös mit den Augen.
Sarah Clarice nippte an ihrem Kaffee und beobachtete ihn. Man musste ihm wirklich jedes Wort aus der Nase ziehen.
» Nun, da wirst du dich aber freuen. Ich meine, Organische Chemie an der USP … « Nelsons Kommentar klang eher wie ein Vorwurf.
Matheus lächelte. Nelson warf ihm einen eindringlichen Blickzu.
Sarah Clarice musste diese Unterhaltung sofort abbrechen. Es war schon spät, und sie durften das Flugzeug auf gar keinen Fall verpassen. Außerdem konnte sie nicht mehr– sie war völlig erschöpft. Als sie ein Taxi rufen wollte, bestand Nelson darauf, sie zum Flughafen zu bringen.
Am
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