Éanna - Ein neuer Anfang
Problem. Ich habe gerade heute meinen Lohn bekommen. Und für die Miete und das Essen bleibt auch noch genug Geld übrig«, sagte Brendan stolz darüber, so gut für sie sorgen zu können.
Éanna beugte sich zu Emily und stieß sie an. »Dafür hat sich Liam eigentlich eine Umarmung verdient, finde ich«, sagte Éanna. »Hast du nicht Lust, das zu übernehmen?«
Emily wurde nun so rot wie eine reife Tomate und schüttelte hastig den Kopf. Ihr hatte es die Sprache verschlagen.
Éanna seufzte und begann, sich wortreich bei Liam zu bedanken, der wiederum gar nicht wusste, wohin er vor Verlegenheit blicken sollte.
Éanna sah von ihrer Freundin zu Liam und musste ein Lächeln unterdrücken. Wie gut sie doch zueinanderpassten! Auch Brendan schien das so zu sehen, denn er zwinkerte Éanna zu und boxte dann seinem Freund feixend in die Seite. »Ich glaube, du hast bei den beiden schon jetzt einen ziemlichen Stein im Brett, Liam! Nicht auszudenken, was erst ist, wenn das mit der Näharbeit am Montagmorgen wirklich klappt!«
Éanna lächelte gedankenverloren. Sie spürte, dass ihre Freundin schon längst das Herz von Liam Maguire erobert hatte und nun drauf und dran war, sich Hals über Kopf in den jungen Amerikaner zu verlieben.
Zwölftes Kapitel
Patrick zögerte lange, bevor er sich am Samstagnachmittag beim Floristen auf dem Broadway für ein seiner Ansicht nach sündhaft teures Bouquet gelber Rosen, das kunstvoll in königsblaues Lackpapier eingeschlagen war, entschied.
Es waren wunderschöne Seidenblumen, die mit ihren Blättern, Dornen und halb geöffneten Blüten täuschend echt wirkten. Er hatte sie erst vorsichtig anfassen müssen, um sich davon zu überzeugen, dass sie tatsächlich aus dünnem gestärktem Seidenstoff bestanden, und er hoffte, das passende Geschenk für Gaylords Mutter gefunden zu haben. Es sollte dem Anlass ihres Empfangs gerecht werden und weder zu aufdringlich noch zu mickrig für eine Frau ihres gesellschaftlichen Standes sein.
Patrick wusste, dass sich zumindest seine Tante in Dublin, deren Geschmack als gut und teuer galt, darüber gefreut hätte, denn in ihren Kreisen waren diese Kunstblumen gerade der letzte Schrei. Wie es darum hier in New York stand, würde er in wenigen Stunden wissen.
Als er aus dem Geschäft trat, hatte der Regen gerade aufgehört. Und dem fast wolkenlosen Himmel nach war vorerst auch nicht mit weiteren Schauern zu rechnen. Deshalb beschloss Patrick, auf die unnötigen Ausgaben für eine Mietdroschke zu verzichten und den Weg zurück in sein Hotel zu Fuß zurückzulegen. So konnte er auch wieder einmal einen kleinen Umweg zu Charles Templetons Buchhandlung machen, wo noch immer das handgeschriebene Schild an der geschlossenen Tür auf die Abwesenheit des Buchhändlers verwies.
»Hoffentlich hast du nicht in den letzten Tagen auch schon mehrfach so enttäuscht hier vor der Tür gestanden, Éanna«, murmelte er leise, während er wieder auf den Broadway zurückkehrte und der Prachtstraße in südlicher Richtung folgte. Er konnte nur hoffen, dass es ihr gut ging und sie seine Bände noch nicht an anderer Stelle weit unter Preis hatte verkaufen müssen.
Als er auf der Höhe der Canal Street an einem Stand mit gebrauchten Büchern, billigen Romanheften im Stil der Mammuts und allerlei Zeitschriften und Magazinen vorbeikam, hob sich Patricks Stimmung wieder. Denn unwillkürlich kam ihm sein gestriger Besuch im Verlagshaus George Palmer Putnam in den Sinn: Der ernüchternden Begegnung mit Benjamin Park zum Trotz hatte Patrick sein Manuskript nämlich bereits vor einigen Tagen bei der Sekretärin von Mister Putnam zur freundlichen Prüfung abgegeben und sich dann gestern in einem Anflug von ungezügelter Ungeduld bei ebendieser Sekretärin noch einmal nach seinem Manuskript erkundigt. Dabei war er zufällig dem Cheflektor des Verlags, Evert Augustus Duyckinck, begegnet, der ihn mit den Worten »Ah, Ihr also seid Mister Patrick O’Brien, der Verfasser dieser düsteren irischen Elendsgeschichte!« begrüßt und prompt in sein Büro gebeten hatte.
Der elegant gekleidete Mann, dem seine umfassende Bildung in allen Bereichen der Kultur im Gespräch sofort anzumerken gewesen war, hatte nach dem ersten unverbindlichen Geplauder über die Herkunft und den bisherigen Lebensweg des jungen Autors viele freundliche Worte für dessen Werk gefunden. Doch zu einem Vertrag war es dennoch auch mit dem Putnam-Verlag nicht gekommen.
»Unter etwas anderen, für Euch glücklicheren
Weitere Kostenlose Bücher