Éanna - Ein neuer Anfang
Moment wohl einige Wochen unterwegs sein, um Brendan zu Gesicht zu bekommen!« Sie hörte selbst, wie enttäuscht sie bei diesen Worten klang. Denn noch immer war weder von Brendan noch von Liam eine Nachricht in New York eingetroffen. Dabei waren seit deren Abreise mittlerweile schon anderthalb Monate vergangen und Emily und sie schwankten täglich zwischen Sorge und Wut, da sie vermuteten, dass ihre Freunde einfach zu faul oder zu müde waren, um sich bei ihnen zu melden.
Patrick zog verwundert die Augenbrauen nach oben.
Éanna, die froh über ein bisschen Abwechslung war, hatte eine Idee: »Ihr könntet mich bei einigen kleinen Besorgungen für eine alte alleinstehende Freundin begleiten, wenn das nicht unter Eurer Würde ist!«, schlug sie ihm vor. »Dann erzähle ich Euch genauer, wie es mir in der letzten Zeit ergangen ist. Und dann könnt Ihr mir auch berichten, wie weit Ihr es inzwischen mit Eurem Manuskript gebracht habt und ob Ihr schon wieder an etwas Neuem arbeitet.«
Erfreut reichte er ihr seinen Arm und sie brachen zum nächsten Lebensmittelladen auf, während Éanna erzählte, was sich in den letzten Wochen bei ihr ereignet hatte.
»So, und nun seid Ihr an der Reihe!«, erklärte sie, als die Einkäufe erledigt waren und sie sich auf den Rückweg machten. »Ich bin sicher, dass Ihr Interessanteres zu erzählen habt als ich.«
»Nun, ich denke, das kommt ganz auf den Standpunkt des Betrachters an«, erwiderte Patrick. »Aber einige erfreuliche Fortschritte habe ich in der letzten Zeit doch machen können: Ich habe mein Manuskript in der letzten Woche an einen recht renommierten New Yorker Verlag geschickt und gestern Morgen hat man mich wissen lassen, dass die Chancen auf eine Veröffentlichung gut stehen.«
»Das ist ja wunderbar, Patrick!« Éanna lächelte ihm zu. Sie freute sich, dass sein großer Traum endlich in Erfüllung zu gehen schien.
»Na ja, eine definitive Zusage habe ich ja noch nicht bekommen«, wandte Patrick ein. »Eine endgültige Entscheidung ist noch nicht getroffen worden und es sieht auch ganz so aus, als müsste ich mich noch eine ganze Weile gedulden, bis es so weit ist. Zu meinem Pech ist der Verleger nämlich vor wenigen Tagen mit seiner Familie nach Ägypten und ins Heilige Land aufgebrochen. Er wird voraussichtlich erst Ende Januar oder Anfang Februar zurück sein. Und wer weiß, wie er dann zu meinem Manuskript steht!«
»Ihr werdet sicher das Glück haben, das Ihr verdient!«, beruhigte Éanna ihn zuversichtlich. »Habt Ihr denn in der Zwischenzeit schon mit einem anderen Werk begonnen?
»Um ehrlich zu sein – nein. Denn mir fehlt noch eine zündende Idee«, gab Patrick zu. Éanna hatte, ohne es zu ahnen, seinen wunden Punkt getroffen. Denn seit seiner Ankunft in New York zerbrach er sich vergeblich den Kopf über einen interessanten Aufhänger für das zweite Buch und allmählich fürchtete er, vielleicht gar nicht in der Lage zu sein, ein solches zu schreiben. »Aber ich habe schon vor Monaten eine Arbeit gefunden, bei der ich mich weiterhin im Schreiben üben kann und die mir sowohl Freude bereitet als auch einen recht guten Verdienst einbringt«, lenkte er Éannas Aufmerksamkeit schnell auf ein anderes, wesentlich angenehmeres Thema und erzählte ihr mit wachsender Begeisterung von seinen Rezensionsaufträgen.
»Ihr besprecht die Bücher von anderen Autoren?«, unterbrach sie ihn freudig überrascht und war in diesem Moment so stolz auf ihn, als wäre sein Leben noch immer eng mit ihrem verbunden. »Sind denn bereits Besprechungen von Euch in diesem Magazin erschienen?«
»Ja, in den beiden letzten Ausgaben der Literary World . Wenn es dich interessiert, bringe ich sie dir gelegentlich einmal vorbei«, schlug er vor. In seinen Augen las sie zugleich die unausgesprochene Frage, ob sie es ihm erlaubte, sie in den nächsten Wochen erneut zu besuchen.
»Gern!«, erwiderte Éanna, ohne zu zögern, und spürte, wie sehr sie sich darauf freute, eine Buchbesprechung von Patrick zu lesen – und auch, ihn bald wiederzusehen. Einer spontanen Eingebung folgend, holte sie die Zeitungsanzeige aus ihrem Beutel und zeigte sie ihm. »Hier, seht! Dafür arbeite ich jetzt, Patrick! Im Westen gibt es Hunderte Morgen freies Land, das auf mutige Siedler wartet. Was würde ich dafür geben, im April mit diesem Treck aufbrechen zu können! Aber Brendan ist sicher, dass es auch in den nächsten Jahren noch genug andere Trecks geben wird, wenn wir erst das Geld dafür
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