Eanna - Stürmische See - Éanna ; [2]
Augen, der sich kaum noch über Wasser zu halten vermochte. »Lasst ihn an Bord! Er gehört zu mir!«, flehte sie mit sich überschlagender Stimme. »In Gottes Namen, lasst ihn nicht ertrinken! Bitte zieht ihn aus dem Wasser, bevor es zu spät ist!«
»Kommt nicht infrage!«, schrie Jason zurück. »Wir nehmen keinen mehr auf! Und dabei bleibt es!«
In diesem Moment richtete sich Patrick im Boot auf, griff unter seinen Umhang und hielt im nächsten Augenblick einen Revolver in der Hand. »Oh doch, diesen Mann lassen wir nicht vor unseren Augen sterben. Er kommt mit uns!«
»Habt Ihr den Verstand verloren, Mann?«, stieß Jason wutentbrannt hervor. »Was versteht Ihr schon davon, was so ein Beiboot bei schwerer See an Besatzung verkraften kann? Außerdem habe ich hier das Kommando und bestimme, was gemacht wird und was nicht. Also steckt das verdammte Ding weg!«
Patrick zog den Abzugshahn durch. Der Schuss löste sich mit scharfem Krachen. Die Kugel fauchte, schräg von oben kommend, am Kopf des Seemanns vorbei und klatschte hinter ihm ins Wasser. »Wenn du nicht gleich zur Vernunft kommst und diesen Mann dort ins Boot lässt, gibt es hier bald zwei freie Plätze!«, drohte er und seine Miene ließ keinen Zweifel daran, dass er seine Worte ernst meinte.
Jason zuckte erschrocken zusammen, als das Geschoss so nah an ihm vorbeisirrte. Das Blut wich ihm aus dem Gesicht, als er begriff, dass nicht viel gefehlt hätte, um von der Kugel getroffen zu werden – und dass in der Trommel der Waffe noch fünf weitere Kugeln nur darauf warteten, abgefeuert zu werden.
Augenblicklich schwenkte Patrick seinen Revolver zu dem anderen Besatzungsmitglied der Metoka herum, der noch immer mit seinem Ruder nach Brendan stieß. »Weg damit!«, herrschte Patrick ihn an. »Oder aus den zwei freien Plätzen werden drei! Ich werde keinen von euch ein weiteres Mal warnen!«
»Verdammter Narr! Damit schneidet Ihr Euch ins eigene Fleisch!«, zischte Dave, ließ jedoch das Ruder neben Brendan ins Wasser sinken.
Schnell wechselte Patrick den Revolver in die linke Hand, setzte sich wieder auf seinen Sitz und streckte Brendan seine Hand hin, der das Beiboot indessen mit letzter Kraft erreicht hatte und sich ans Dollbord klammerte.
»Nun mach schon und gib mir deine Hand!«, rief Patrick ihm zu.
Keuchend hing Brendan am Boot und starrte ihn einen Moment an, als könnte er nicht glauben, dass ausgerechnet dieser Mann sein Leben rettete. Dann endlich packte er zu.
»Worauf wartet ihr? Na los, helft mir, ihn ins Boot zu ziehen!«, forderte Patrick die Männer auf der gegenüberliegenden Ruderbank unwirsch auf. »Er hat so viel Recht, hier im Boot zu sein, wie jeder andere von uns!«
Nun streckten sich Brendan noch andere hilfreiche Hände entgegen, packten ihn am Arm und an seiner triefenden Kleidung und zogen ihn wie einen schweren nassen Sack zu sich ins Boot.
Nach Atem ringend und völlig erschöpft sank Brendan gegen die kleinen Wassertonnen, die zwischen den beiden mittleren Ruderbänken in der Rundung des Rumpfes lagen.
»Danke! … Danke!«, stieß er abgehackt hervor, ohne dabei jemanden anzublicken, auch Patrick nicht.
Éanna war zu überwältigt von dem, was passiert war, um sprechen zu können. Stumm beugte sie sich vor und legte kurz ihre Hand auf Patricks Schulter.
»Danke«, flüsterte sie.
Patrick sah sich kurz zu ihr um. »Die Zukunft wird zeigen, ob ich ihm und dir damit wirklich einen Gefallen getan habe«, sagte er ebenso leise. »Vielleicht wäre ein schneller Tod wirklich gnädiger gewesen als das, was uns jetzt erwarten mag.« Damit wandte er sich wieder ab, behielt den Revolver vorsorglich aber noch in der Hand.
»Ein Verrückter an Bord mit einem Schießeisen, das hat uns gerade noch gefehlt!«, zischte Jason mit ohnmächtiger Wut und gab dann das Kommando, so schnell wie möglich Abstand zum sinkenden Schiff zu bekommen und sich an das Beiboot von Captain Crimshaw zu hängen.
Noch immer drangen verzweifelte Schreie über das Wasser. Mehrere Männer und Frauen, die sich vor dem Sprung ins Wasser fürchteten, hingen an Steuerbord in der Takelage, als könnten sie so ihr Leben retten. Andere krochen auf Händen und Füßen über das sich immer steiler aufrichtende Deck zur Backbordreling hinauf. Denn auch auf dieser Seite lagen Flöße vertäut. Doch in der Panik waren fast alle der Neigung nach Steuerbord gefolgt.
Die hohen Masten hingen mittlerweile schon in einem erschreckend steilen Winkel zur See weit über
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