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Earth Girl. Die Begegnung

Earth Girl. Die Begegnung

Titel: Earth Girl. Die Begegnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Edwards
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gewonnen, aber was war das für ein Sieg? Meine Feinde hatten nicht angefangen, mich zu mögen. Sie gaben lediglich Petra die Schuld an Joths Tod, und indem sie nett zu mir waren, wollten sie Petra bestrafen.
    Der Sieg würde sowieso nicht lange andauern. Nächstes Jahr bot Playdon im Auftrag der Asgard University einen Studiengang für diejenigen an, die ihren Abschluss in Vorgeschichte machen wollten. Da das Studium auf der Erde stattfand und sehr praxisbezogen war, planten Fian und ich daran teilzunehmen. Ein paar andere aus unserem Kurs wollten ebenfalls mitmachen, aber es würde auch eine Menge neuer Studenten dabei sein. Darunter war garantiert wieder jemand mit Vorurteilen gegen Behinderte, also würde ich erneut bei null anfangen müssen.
    Dieser Kampf würde immer Teil meines Lebens sein. Es würde immer Leute geben, die der Meinung waren, ich sei kein vollwertiger Mensch. Jahrelang war ich darüber verbittert und wütend gewesen und hatte einen Großteil dieser Wut gegen mich selbst gerichtet. Wenn einem immer wieder dasselbe gesagt wird, hinterlässt es irgendwann Spuren. Ein perfektes Beispiel war doch das Alien-Kontakt-Programm. Bei allem, was ich über eine mögliche Begegnung mit Außerirdischen gelernt hatte, war man implizit immer davon ausgegangen, dass diese während der Planet-First-Erforschungen eines neuen Sektors passieren würde. Selbst nachdem mich das Alien-Kontakt-Programm dann einberufen hatte, war ich nicht in der Lage gewesen, mich von dieser tiefsitzenden Vorstellung zu lösen und selbständig zu schlussfolgern, dass die Aliens wohl zur Erde gekommen sein mussten.
    Natürlich hatten mich die Normansichten über Behinderte ganz ähnlich beeinflusst. Mein ganzes Leben lang war ich tagtäglich auf die eine oder andere Art an sie erinnert worden. Das fing an mit der Vorstellung, dass ich als Mündel von Hospital Earth aufwuchs, weil meine eigenen Eltern mich nicht gewollt hatten. Und in den Vids hörte ich ständig die Witze darüber, wie hässlich und dumm Menschen wie ich doch seien. Dazu war mir noch bewusst, dass ich nie das Wahlrecht haben würde, oder …
    Ein Teil von mir hatte all diese Aspekte verinnerlicht und sich in der Konsequenz nicht als richtiger Mensch gefühlt. Ich hatte versucht, meine Unsicherheit dadurch zu bekämpfen, dass ich in allem Höchstleistungen erbrachte und Schulfächer, in denen ich nur durchschnittliche Ergebnisse erzielte, schnell abwählte. Deshalb war es mir bei diesem Kurs mehr darum gegangen, mir selbst etwas zu beweisen als den verhassten Exos.
    Meine Gefühle hatten sich jedoch verändert. Die Akzeptanz durch meine Freunde und durch Fian, die Auszeichnung mit dem Artemis-Orden durchs Militär und das Auftauchen einer echten außerirdischen Rasse, die eine Sonde zur Erde schickte – all das hatte es gebraucht, um mich zu überzeugen, aber es war endlich geschehen. Die Worte, die Candace und mein Therapeut mir tausendmal vorgebetet hatten, waren wirklich wahr: Ich war genauso normal, menschlich und wertvoll wie die Norms; ich hatte lediglich ein fehlerhaftes Immunsystem.
    Diese Erkenntnis würde mir nicht wie durch Zauberhand eine Familie bescheren oder mir Reisen zu den Sternen ermöglichen oder manche Leute davon abhalten, mich zu beschimpfen, aber sie war trotzdem hilfreich. Meine Behinderung würde mir immer Probleme bereiten, aber es gab in meinem Leben auch eine Menge positive Dinge. Fian, meine Freunde und meine Begeisterung für Geschichte. Inzwischen war ich sogar Offizier des Militärs. Wäre da nicht die Bedrohung durch diese Alien-Kugel in der Erdumlaufbahn …
    Als ich gerade wieder mal automatisch in den Himmel hinaufsah, klingelte mein Lookup. Ich schaltete mich in die Liveübertragung aus Asgard ein und vergaß alle Aliens, weil ich der Beerdigungszeremonie eines Freundes lauschte. Sie fand auf einem weit entfernten Planeten im Gamma-Sektor statt, während ich in einem Meer aus türkisfarbenen Blüten in einer der Wüsten der Erde stand. Als ich an der Reihe war, etwas zu sagen, mussten die Trauergäste einige Sekunden warten, bis sie meine Worte hören konnten, weil es durch die Kommumleitung über Alpha in den Gamma-Sektor etwas Verzögerung gab, und Fian musste meine Kerze für mich anzünden. Aber nichts davon spielte eine Rolle. Ich konnte trotzdem an der Beerdigung teilnehmen, als wir gemeinsam Abschied von Joth nahmen.

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    18
    N ach der Beerdigung dauerte es eine Weile, bis wieder Normalität einkehrte.

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