EB1021____Creepers - David Morell
manche davon mit of‐
fenen Wunden, andere ohne Ohren oder mit zwei Schwänzen
oder nur einem Auge. Sie quiekten im Licht der Stirnlampen;
einige sprangen unter das Trainingsrad oder auf den Stepper,
erstarrten, als sie Balenger sahen, folgten den anderen, die in
die Nebenräume geflüchtet waren.
Cora schrie. Aber nicht der Ratten wegen. Eine Gestalt stol‐
perte aus dem Aufzug.
Balenger hätte fast geschossen, aber er erkannte noch rech‐
tzeitig die blutigen Jeans und die Windjacke, den muskulösen,
vor Schmerz nach vorn gebeugten Oberkörper, das Blut, so
viel Blut, den riesigen Holzsplitter, der aus der Brust der Ge‐
stalt ragte. »Rick!« Cora stürzte auf ihn zu. »Warte!«, sagte Ba‐
lenger. Aber die Warnung kam zu spät. Rick stolperte über
Todd, torkelte gegen Cora und riss sie mit sich zu Boden. Co‐
ras Schutzhelm rollte klappernd davon. Balenger stürmte vor,
auf die leere Aufzugkabine zu. Er zielte und schob die Tür mit
der Schulter ganz auf. Als seine Stirnlampe die Schatten ver‐
trieb, musterte er die Decke, fand aber keine Falltür, durch die
Ronnie hätte verschwinden können. Aber er stellte fest, dass
die Kabine noch nicht vollständig leer war. Auf dem Boden in
einer Ecke standen wie zum Hohn die fünf Flaschen mit Urin,
die sie im vierten Stock stehenlassen hatten. »Vinnie, nimm die
Hanteln und leg sie in die äußere und innere Tür, so dass sie
nicht mehr zugehen! Solange sie offen stehen, kann der Auf‐
zug nicht wieder runter.« Balenger drehte sich zu Cora und
Rick um. Rick lag über ihr und stöhnte vor Schmerzen. Sie
kämpfte darum, sich unter ihm herauszuarbeiten. Balenger
drehte Rick auf den Rücken und sah, dass der Sturz ihm den
Splitter noch tiefer in die Brust gerammt hatte. Ricks Lungen
gaben ein pfeifendes Geräusch von sich. Seine Vorderzähne
waren herausgebrochen. Sein linker Unterarm stand im rech‐
ten Winkel von seinem Körper ab. »Herrgott«, sagte Cora.
»Rick.« Sie strich ihm über die blutige Stirn. »Baby.«
Vinnie kam mit einer Hantel angerannt, die er in die Auf‐
zugtür legte.
Cora streichelte Ricks Gesicht. Sein Blick war leer. Seine
Brust hob und senkte sich krampfhaft; das Pfeifen war immer
noch zu hören.
Balenger sah über die Schulter zur Krankenstation hinüber.
»Helft mir, ihn auf den Tisch da zu legen.«
Gemeinsam hoben er, Amanda und Cora ihn hoch. Rick
stöhnte. Cora drückte seine Schultern nach unten, damit er
nicht vom Tisch rollte.
Amanda legte die Taschenlampe auf eine Kommode. »Wir
werden mehr Licht brauchen. Ich hole die Kerzen aus Vinnies
Rucksack.«
Balenger schnitt mit seinem Messer Ricks Windjacke, Pullo‐
ver und Hemd auf. Als Amanda und Vinnie die Kerzen ange‐
zündet hatten, zeigte ihnen das Licht die erschreckende Menge
von Blut, das aus Ricks Brust strömte.
»Der Splitter geht ganz durch«, sagte Balenger. »Halt durch,
Baby«, sagte Cora zu Rick, während sie seine Stirn streichelte.
»Halt durch.« Aber Rick schien sie nicht zu hören. »Wenn ich
den Splitter rausziehe, wird die Blutung vielleicht noch viel
schlimmer. Aber wenn ich’s nicht mache…«
Ricks Stöhnen ließ sie ahnen, welche Schmerzen er litt.
»Können wir ihm nicht wenigstens was gegen die Schmerzen
geben?«, flehte Cora. »Das Morphium?«
»Nein. Das würde ihn umbringen«, sagte Balenger. »Aber
doch nicht, wenn wir nur ein bisschen –«
»Morphium verlangsamt den Herzrhythmus.« Balenger be‐
tastete Ricks Handgelenk. »Ich kann jetzt schon kaum noch
einen Puls spüren.«
»Zieh den Splitter raus. Und verwende das Klebeband, um
die Blutung zu stoppen, so wie du es bei dem Professor ge‐
macht hast.« Auch Balenger fiel keine andere Möglichkeit ein.
»Seht nach, ob ihr in dem Schrank Desinfektionsalkohol fin‐
det.«
Vinnie riss die Glastür auf. »Warte«, sagte Balenger.
»Aber. «
»Vergiss es«, sagte Balenger.
Ricks Lunge hatte aufgehört zu pfeifen. Seine Brust bewegte
sich nicht mehr.
»Nein«, sagte Cora. Sie starrte verzweifelt in Ricks Augen
und versuchte, ein Zeichen des Bewusstseins zu finden. Sie
öffnete ihm den Mund und beatmete ihn. Entsetzt wich sie
zurück, als die Luft an dem Splitter in seiner Brust vorbeipfiff.
»Zweimal.« Sie schluchzte. »Oh, Baby. O Gott, zweimal.«
Sie weinte unkontrolliert, als sie Ricks Kopf an ihre Brust
drückte. »Zweimal.« Amanda legte den Arm um sie.
Donner grollte. Als das Geräusch verebbte, hörten sie
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