Echo der Angst - Eden, C: Echo der Angst
laufen?«
Nein. Aber sie kannte ihn nicht, und wenn ihre Mutter herausfand, dass sie zu dem Typen ins Auto gestiegen war, würde sie ihr die Hölle heiß machen.
Mary Jane fuhr sich mit der Zunge über die Lippen.
Er kniff die Augen zusammen, und sein Lächeln schien langsam zu gefrieren. »Komm«, wiederholte er. »Wieso sollte ein attraktives Mädchen wie du zu Fuß gehen, wenn es eine Mitfahrgelegenheit hat?«
Er hält mich für attraktiv? Sie errötete. »Danke, aber … « Aber sie kannte den Mann nicht. Egal, wie gut er aussah, sie kannte ihn nicht, und ihre Mutter würde ausflippen. »Ich schaffe das schon.« Sie zwang sich zu lächeln. »So weit ist es auch wieder nicht.«
Sein Lächeln erlosch. »Du sollst jetzt einsteigen.«
Sie spürte, wie sich auf ihren Armen Gänsehaut bildete. Er wirkte jetzt längst nicht mehr so liebenswürdig, und je länger sie ihn anstarrte, desto weniger gut sah er aus. Irgendwas stimmte mit seinen Augen nicht. Sie waren …
Tot. Böse.
Sie trat zurück. »Meine Mutter ist schon unterwegs. Sie holt mich ab und fährt mich den Rest des Wegs.« Ihr Herz raste so, dass ihre Brust bebte.
Er trommelte mit den Fingern aufs Lenkrad. »Na gut. Pass auf dich auf. Wir sehen uns … « Das Auto schoss mit quietschenden Reifen davon, und ihr stieg der Geruch nach verbranntem Gummi in die Nase.
Erst jetzt merkte sie, dass ihre Hände schweißnass waren und ihr Atem viel zu schnell ging, und das nur, weil ein hübscher Junge ihr angeboten hatte, sie mitzunehmen.
Nein, mit dem stimmte etwas nicht. Den Gedanken wurde sie nicht los. Seine Augen. Da stimmte etwas nicht.
Auf einmal wurde ihr klar, wie überaus froh sie war, nicht zu ihm in den Wagen gestiegen zu sein.
Sie beschleunigte ihren Schritt. Als sie an der Maple Street um die Ecke bog, begannen Ms Millys Terrier laut zu kläffen, und dann entdeckte sie die schwarze Corvette. Sie parkte genau vor dem Haus.
Fast wäre sie über ihre eigenen Füße gestolpert. Was …
»Deine Mutter ist nicht unterwegs.«
Die Stimme erklang direkt hinter ihr.
Sie fuhr herum und sah in sein Gesicht mit den Grübchen. »Tatsache ist, sie wird dich nie wiedersehen.« Er hob die Hand. Sie riss den Mund auf, um zu schreien.
Er presste die rechte Hand auf ihren Mund und stach sie mit einer Nadel in den Hals. Als sie zusammensackte, zog er sie an sich und fing sie auf.
»Pst … keine Angst, Baby, ich werde gut für dich sorgen.«
Sie hatte gewusst, dass er log. Aber sie war nicht in der Lage gewesen, zu schreien oder sich zu wehren, und als er sie auf die Rückbank seiner Corvette warf, waren ihr bereits die Augen zugefallen, und als sie sie wieder öffnete …
Nein!
Monica rang nach Luft und stieß die Autotür auf. Mit glühend heißem Gesicht eilte sie auf die Eingangstür des Krankenhauses zu.
Reiß dich zusammen , sagte sie sich. Konzentrier dich.
Sie nickte dem diensthabenden Wachposten zu. Mit erhobenem Kopf ging sie schnell am Empfangstresen vorbei und betrat den Aufzug. Sie drückte den Knopf für den fünften Stock, und während sie wartete, atmete sie langsam und gleichmäßig. Langsam und gleichmäßig.
Diesen Trick hatte sie schon vor langer Zeit gelernt. Damals, als sie begriffen hatte, dass sie aus diesem sechzig mal neunzig Zentimeter großen Schrank so bald nicht wieder rauskommen würde. Eins war ihr klar gewesen: Entweder konnte sie sich von der Panik verschlingen lassen, oder sie konnte die Kontrolle übernehmen.
Sie hatte die Kontrolle übernommen und alles getan, sie nie wieder zu verlieren.
Hätte sie ihn doch bloß umgebracht . Nach all den Jahren war das immer noch das Einzige, was sie bereute. Wenn Hyde mich bloß nicht zurückgehalten hätte.
Mit einem »Ding« kam der Aufzug zum Stehen, und die Türen öffneten sich. Als Erstes sah sie die Deputys. Sie standen nicht beim Schwesternzimmer und schäkerten, sondern hielten auf dem Flur Wache. Ein rothaariger Mann mit Spitzbart und Melinda.
Als sie an ihnen vorbeiging, neigte sie den Kopf. Dann entdeckte sie Kenton, der direkt vor Samanthas Tür saß, die Arme vor der Brust verschränkt.
»Sie will nicht reden«, sagte er, sobald Monica vor ihm stand. »Sie hat mich rausgeworfen.« Er schüttelte den Kopf. »Aber ich habe gesagt, ich bleibe in der Nähe.«
Monica fuhr sich mit der Zunge über die Unterlippe. »Ich gehe rein.«
Er streckte die Hand aus und blockierte die Tür. »Ich weiß, Sie sind hier die Spezialistin, Doc.« Niemand nannte sie so, Kenton
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