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Echo gluecklicher Tage - Roman

Echo gluecklicher Tage - Roman

Titel: Echo gluecklicher Tage - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lesley Pearse
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hängen blieb, und sie war entschlossen, dass sie die Anstandsregeln brechen und Sam bitten würde, ihr eine seiner Hosen zu geben, wenn sie endlich die Scales erreichten.
    Erst am Rastplatz, dem sogenannten Stone House, bekam sie schließlich etwas zu trinken, denn Jack erhitzte Wasser in ihrem Sturmkessel. Das Feuer, das er darin entzündet hatte, hielt er mit trockenen Ästen und Holzspänen in Gang, die er von seinen Zimmermannsarbeiten in Skagway aufbewahrt hatte. Als er sich darüberbeugte und in das Feuer unter der doppelwandigen Kanne blies, beobachtete Beth ihn fasziniert und fragte sich, warum nur er damals in Vancouver erkannt hatte, dass diese merkwürdige Erfindung, in der man ein kleines Feuer entzünden konnte, das nützlichste Ausrüstungsteil sein würde, das sie besitzen konnten. Es funktionierte auch bei Sturm oder Regen und brachte das Wasser schnell zum Kochen.
    Sie erinnerte sich an den dünnen, blassen Straßenjungen, der Jack gewesen war, als sie sich kennenlernten. Selbst damals war er einfallsreich und zäh, aber seitdem hatte er sich in jeder Hinsicht weiterentwickelt. Sein Gesicht über seinem dichten dunklen Bart war jetzt so braun und wettergegerbt wie das der Indianer, sodass man die dünne Narbe auf seiner Wange kaum noch sah. Seine breiten Schultern, Arme und Waden bestanden nur aus Muskeln. Er hatte aus jeder Erfahrung, die er gemacht hatte, seit sie vom Einwandererschiff gegangen waren, etwas gelernt, ob es das Schlachten, das Ausschenken oder das Bauen von Hütten war. Er war der Stahl in ihrer kleinen Gruppe, derjenige, auf dessen Stärke sich alle verließen, wenn sie selbst keine mehr hatten.
    »Wie geht es deinen Füßen?«, fragte er, weil ihm sofort aufgefallen war, dass Sam beim Gehen humpelte, als er Kaffee und Zucker aus seinem Rucksack holen wollte. »Hast du eine Blase?«
    »Ich schätze ja; meine Stiefel scheuern an meinen Fersen«, stöhnte Sam.
    »Zieh sie aus, dann mache ich dir eine Bandage darum«, sagte Jack. »Und du, Theo? Was macht deine Wunde?«
    »Es geht ganz gut, manchmal zwickt’s ein bisschen, das ist alles«, antwortete Theo und schob seine Hand in seinen Mantel, als wollte er überprüfen, ob die Narbe sich auch nicht wieder geöffnet hatte.
    »Ich sehe mir das später noch an«, sagte Jack. »Aber zuerst der Kaffee. Beth sieht aus, als wäre sie einem Zusammenbruch nahe, wenn sie nicht bald welchen kriegt.«
    Beth hatte einen Kloß im Hals, denn sie verstand einfach nicht, wie aus Jack ein so liebevoller Mann hatte werden können. Von dem wenigen, was er ihr über seine Kindheit erzählt hatte, wusste sie, dass sie sehr hart gewesen war, die Art von Kindheit, die eigentlich gefühllose Schläger hervorbrachte.
    Als sie die Scales erreichten, stand Beth kurz vor dem Zusammenbruch. Jeder Teil von ihr schmerzte, als hätte sie auf einer mittelalterlichen Streckbank gelegen.
    Der Himmel war stahlgrau und verhangen, und sie hatte jemand sagen hören, dass es wohl bald wieder schneien würde. Als sie auf den Weg hinunterblickte, den sie hinter sich hatten, war die Schlange der Kletterer noch genauso lang wie am Morgen, und sie dachte erneut, was für ein Wahnsinn das alles war.
    Wie durch einen Nebel hörte sie Jack sagen, dass er das Zelt für die Nacht aufschlagen und dann nachsehen würde, ob die Träger alle Sachen heraufgeschafft hatten.
    Beth kroch in das Zelt, noch bevor die Männer alle Heringe in den gefrorenen Boden gehämmert hatten. Jeder Zentimeter um die Scales herum war mit Zelten bedeckt, und sie wollte die Hände über die Ohren legen, um die Hunderte von Stimmen nicht mehr hören zu müssen, die sich beschwerten, stritten oder einander etwas zuriefen.
    Irgendwie gelang es ihr, die Decken aus ihren Rucksäcken zu holen, und sie fiel darauf, bevor sie diese glattziehen oder die Laterne anzünden konnte.
    Es war dunkel, als die Männer endlich das Gepäck überprüft hatten, und obwohl Beth ihre Stimmen hörte, als sie ins Zelt kamen, war sie nicht in der Lage, sich zu bewegen oder auch nur die Augen zu öffnen.
    Sie blieben drei Tage lang bei den Scales, weil es so heftig schneite. Andere gingen trotzdem weiter über die Golden Stairs, aber Jack hielt das für Wahnsinn, denn jemand war hingefallen, hatte sich ein Bein gebrochen und musste dann von den indianischen Trägern zurück ins Sheep Camp gebracht werden.
    Es war langweilig, im Zelt zu sitzen, aber zumindest konnten sie sich ausruhen und sich für den nächsten zermürbenden Teil

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