Echo Park
das auf telepathischem Weg mitkriegen?«
»Ich habe es selbst gerade erst erfahren. Sie haben angerufen, bevor ich mich bei Ihnen melden konnte.«
Bosch ignorierte die Entschuldigung.
»Und wo?«
»Im Büro der Staatsanwaltschaft. Wir werden Waits aus dem Hochsicherheitstrakt nach unten schaffen und in einem der Vernehmungszimmer unterbringen.«
»Sind Sie gerade in der Staatsanwaltschaft?«
»Ich musste Verschiedenes mit Rick besprechen.«
Bosch ging nicht weiter darauf ein.
»Sonst noch was?«, fragte Olivas.
»Ja, eine Frage noch«, sagte Bosch. »Wo ist eigentlich Ihr Partner, Olivas? Warum ist Colbert bisher noch nicht aufgetaucht?«
»Er ist zurzeit in Hawaii und kommt erst nächste Woche zurück. Sollte sich die Sache bis dahin noch nicht erledigt haben, wird er ebenfalls in die Ermittlungen einsteigen.«
Bosch fragte sich, ob Colbert überhaupt wusste, was hier lief und dass er einen ausgesprochen karriereförderlichen Fall verpasste. Nach allem, was Bosch bisher von Olivas mitbekommen hatte, hätte es ihn nicht überrascht, wenn er mit allen Mitteln versucht hätte, seinen Partner bei diesem Fall außen vor zu lassen.
»Also morgen um zehn«, sagte Bosch.
»Um zehn.«
»Sonst noch was, das ich wissen sollte, Olivas?«
Er hätte gern gewusst, warum Olivas in der Staatsanwaltschaft war, wollte ihn aber nicht direkt danach fragen.
»Ein Punkt wäre da noch. Etwas heikle Sache, könnte man sagen. Ich spreche gerade mit Rick darüber.«
»Ja, was?«
»Raten Sie mal, was ich mir hier gerade ansehe.«
Bosch schnaubte vernehmlich. Olivas wollte ihn auf die Folter spannen. Er kannte den Mann noch keinen Tag, war sich aber jetzt schon sicher, dass er ihn nicht mochte und auch nie mögen würde.
»Keine Ahnung, Olivas. Was?«
»Ihre 51er von Gesto.«
Damit meinte er die Ermittlungschronologie, eine nach Uhrzeit und Datum geordnete Auflistung sämtlicher fallrelevanter Daten. Sie enthielt neben Vermerken über Dienstzeiten und Maßnahmen der Detectives auch Notizen zu Telefongesprächen sowie Medienanfragen und Hinweise aus der Bevölkerung. Normalerweise wurden diese Aufzeichnungen handschriftlich angefertigt, mit allen möglichen Kürzeln und Spezialausdrücken, da sie täglich und zum Teil sogar stündlich aktualisiert wurden. Sobald eine Seite voll war, wurde sie auf ein sogenanntes 51er getippt, ein Formblatt, das vollständig und für jeden lesbar war, und das bei Gerichtsverhandlungen herangezogen werden konnte, wenn Anwälte, Richter und Geschworene in die Ermittlungsakten Einsicht nehmen mussten. Die handschriftlich angefertigten Originalseiten wurden dann weggeworfen.
»Was ist damit?«, fragte Bosch.
»Ich habe hier gerade die letzte Zeile von Seite vierzehn vor mir. Der Vermerk ist datiert auf den 29. September 1993, 18 Uhr 40. Muss kurz vor Dienstschluss gewesen sein. Die Initialen unter dem Eintrag lauten JE.«
Bosch spürte, wie ihm die Galle hochstieg. Er wusste zwar nicht, worauf Olivas hinauswollte, aber der Kerl genoss es richtig, ihn auf die Folter zu spannen.
»Klar«, sagte Bosch. »Das dürfte mein damaliger Partner gewesen sein, Jerry Edgar. Was steht in dem Vermerk, Olivas?«
»Hier steht – am besten lese ich es Ihnen einfach vor –, ›Robert Saxon, Geburtsdatum, 3.11.1971. Hat Times- Artikel gelesen. War im Mayfair und hat MG allein gesehen. Niemand ist ihr gefolgt.‹ Dann steht da noch Saxons Telefon nummer, und das war’s auch schon. Aber das genügt vollauf, mein Freund. Wissen Sie, was das bedeutet?«
Und ob Bosch das wusste. Erst vor wenigen Minuten hatte er Kiz Rider den Namen Robert Saxon gegeben, damit sie seine Vorgeschichte überprüfte. Es war entweder ein Alias oder der richtige Name des Mannes, der sich gegenwärtig als Raynard Waits ausgab. Dass dieser Name in den 51ern stand, brachte Waits mit dem Gesto-Fall in Verbindung. Außerdem bedeutete es, dass Bosch und Edgar dreizehn Jahre zuvor schon einmal einen Hinweis auf Waits/Saxon erhalten hatten. Aber aus Gründen, an die Bosch sich nicht erinnerte oder von denen er nichts wusste, waren sie dieser Spur nie nachgegangen. Er hatte keine Erinnerung an diesen speziellen Eintrag in den 51ern. In der Ermittlungschronologie gab es Dutzende von Seiten mit solchen ein- und zweizeiligen Vermerken. Und obwohl er sich im Lauf der Jahre immer wieder mit dem Ermittlungsverfahren befasst hatte – es wäre ein Ding der Unmöglichkeit gewesen, sie alle im Kopf zu haben.
Trotzdem hatte es ihm kurz die Sprache
Weitere Kostenlose Bücher