Ed Loy - 01 - Blut von meinem Blut
wütend an.
»Warum hast du mir nicht gesagt, dass du dich an dem Abend mit Tommy getroffen hast?«
Linda wandte den Blick ab und schüttelte den Kopf.
»Warum hat George Halligan Peter Geld gegeben?«
»Das weiß ich nicht.«
»Plante Peter hier in der Gegend ein Bauvorhaben? Zum Beispiel auf dem Gelände des Castlehill-Golfclubs?«
»Kann sein. Wenn ja, hat er mir nichts davon erzählt.«
»Wie gut kennst du George Halligan?«
»Ich kenne ihn überhaupt nicht. Natürlich weiß ich, wer er ist, das weiß ja jeder.«
»Und du kannst dir nicht vorstellen, weshalb er Peter so viel Geld geben sollte?«
»Bist du sicher, dass er das getan hat? Wenn du dafür nur Tommy Owens’ Aussage hast, würde ich mich lieber nicht darauf verlassen.«
Linda füllte die zuckrige Minzmasse in den Krug, gab Mineralwasser und Eiswürfel dazu und rührte alles mit einem langen Löffel um.
»Worüber hast du mit Tommy Owens geredet? Warum ist er so schlecht auf dich zu sprechen?«
»Vor langer Zeit, als ich noch nicht verheiratet war, er aber schon, haben wir mal miteinander geschlafen. Ein einziges Mal, nach einer versoffenen Party oder auch währenddessen, das weiß ich gar nicht mehr. Es war ein Fehler, fand ich zumindest. Aber Tommy hat gedacht, es ist die große Liebe. Er ist nach Hause gegangen und hat seiner Frau davon erzählt. Die Kleine war erst ein Jahr alt. Seine Frau hat ihn rausgeworfen, und danach hat er mich verfolgt und mich nicht mehr in Ruhe gelassen, bis ich irgendwann ziemlich grausam sein musste, um ihn loszuwerden. Seine Frau hat ihn nicht mehr zurückgenommen, und deshalb hasst er mich jetzt.«
Linda goss zwei Mojitos ein, garnierte sie mit Minzzweigen und reichte mir ein Glas.
»Wundert mich, dass er dir nie davon erzählt hat. Oder reden Männer nicht über so was?«
»Männer wie Tommy und ich zumindest nicht«, sagte ich.
»Cheers«, sagte sie und hob ihr Glas. Wir tranken. Der Mojito war erfrischend und haute rein wie ein Boxweltmeister. Linda nahm den Krug mit ins Wohnzimmer. Ich folgte ihr. Ihr Duft war so intensiv, dass ich das Gefühl hatte, auf der Pirsch zu sein.
»Für wen hast du dich denn so aufgedonnert, Linda?«
»Für dich, Ed. Und du bist ja auch gekommen.«
Sie füllte mein Glas auf und tätschelte mir die Schulter. Dabei wanderte ihr Blick allerdings besorgt zur Haustür, und ich fragte mich, was wohl vereinbart war: ob sie hier Besuch erwartete oder selbst anderswo erwartet wurde.
»Was soll ich dir sonst noch erzählen?«, fragte sie.
»Erzähl mir von Seosamh MacLiam.«
»Ist das der Stadtrat, der ertrunken ist? Mein Gott, das ist so schrecklich. Er hat drei Söhne.«
»Kannte Peter ihn gut?«
»Nicht dass ich wüsste.«
»War das Geld von George Halligan vielleicht Schmiergeld für MacLiam?«
»Ich weiß es nicht, das sagte ich doch schon.«
»Du weißt ja nicht besonders viel über Peter, was? Als hätte jeder von euch ein ganz eigenes Leben geführt.«
»Irgendwie war das auch so. Wir hatten gerade den Mut gefunden, dieser Tatsache ins Auge zu sehen.«
»Tommy sagt, du hast Peter nie geliebt. Du warst nur auf sein Geld scharf.«
»Tommy glaubt, dass ich niemanden lieben kann, weil ich im tiefsten Innern eigentlich ihn liebe. Und zwar so tief im Innern, dass ich selbst gar nichts davon weiß.«
»Das heißt noch nicht, dass er Unrecht hat.«
»Was wird das hier? Ein Verhör?«
»Dann kanntest du Seosamh MacLiam also auch nicht.«
»Nicht persönlich, nein.«
»Peter war an dem Abend nach dem Treffen mit dir noch mit jemandem verabredet, der die Initialen JW hat. JW … Joseph Williamson … das ist Seosamh MacLiam auf Englisch. Hast du von dieser Verabredung gewusst?«
»Nein. Oder warte. Er hat gesagt, er müsste vielleicht noch ein paar Minuten weg, um irgendein Bauproblem zu lösen. Es würde bestimmt nicht lange dauern. Er hat aber nicht gesagt, mit wem er sich treffen will.«
Ein paar Minuten. Zeit genug, um einem unkorrumpierbaren Stadtrat, der zudem mit einer extrem reichen Frau verheiratet war, einen Sack voll Geld aufzudrängen und ihn zu überreden, seine Entscheidung zur Umnutzung des Geländes des Castlehill-Golfclubs noch einmal zu überdenken – eine Entscheidung, die MacLiams Ruf ruinieren und ihn seine politische Karriere kosten konnte. Dann hatte Peter einen Anruf bekommen und war seitdem wie vom Erdboden verschluckt. Das ergab alles keinen Sinn.
Ich stand auf und ging zum Fenster. Der Mond war so aufgebläht, als wollte er gleich
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