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Edelherb: Roman (German Edition)

Edelherb: Roman (German Edition)

Titel: Edelherb: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabrielle Zevin
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deines Vaters.«
    »Warum war er das Mündel meines Vaters?«
    »Anya, ich habe ein Versprechen gegeben«, sagte Mr. Kipling.
    »Ist er mein …« Ich konnte es nicht aussprechen. Ich brachte es einfach nicht über die Lippen. »Ist er mein Halbbruder?«
    »Das ist so lange her. Wozu soll es nützen, das alles wieder aufzuwühlen?«, sagte Mr. Kipling.
    » SAGEN SIE DIE WAHRHEIT !«, schrie ich.
    »Ich … Siehst du, Anya, es gibt einen sehr guten Grund, warum Simon Green niemals in etwas verwickelt sein könnte, das dir schadet.« Mr. Kipling holte seinen Mini-Tablet aus der Aktentasche. Er stellte ihn an und zeigte mir den Bildschirm. Ich sah das Foto meines Vaters, der neben einem kleinen Jungen stand. Simon Green. Ich erkannte ihn an seinen Augen. Helle Augen, so wie meine und Leos und Daddys. »Dein Vater … nun, man könnte sagen, dass er Simon adoptierte. Er nahm ihn unter seine Fittiche.«
    »Ich verstehe nicht, was Sie mit ›man könnte sagen‹ meinen. Entweder adoptierte er ihn oder nicht. Warum sollte er ihn adoptieren, aber uns niemals etwas davon erzählen?«
    »Ich … Vielleicht wollte er das irgendwann tun, aber er starb zu früh. Die Geschichte, die mir erzählt wurde, lautete, dass Simon Greens Vater für deinen Vater gearbeitet hatte. Er starb bei der Arbeit, und als Simon Greens Mutter auch noch starb, fand dein Vater, es sei seine Pflicht, für den Jungen zu sorgen. Er war ein guter Mann, dein Vater.«
    »Warum reden Sie von ›der Geschichte‹? Schluss jetzt mit den Ausflüchten, Mr. Kipling!« Ich war schweißgebadet und hatte das Gefühl, mein Kopf würde explodieren. Etwas Furchtbares, Wildes begann in mir zu brodeln.
    Mr. Kipling trat ans Fenster. Sein Blick ging in die Ferne. »Simon hatte dich schon sehr lange kennenlernen wollen. Aber ich habe ihn immer von dir ferngehalten.«
    »Warum? Warum wollte er mich kennenlernen? Wer bin ich für ihn?«
    »Ist dir die Ähnlichkeit wirklich nie aufgefallen?« Mr. Kipling drehte sich zu mir um. »Deine Augen und deine Haut. Sieht er nicht aus wie dein Cousin Mickey, wie dein Cousin Jacks? Sieht er nicht aus wie du? Sieht er nicht aus wie dein Bruder? Dein Vater? Green war der Nachname seiner Mutter.«
    »Ist er der Sohn meines Vaters?«
    »Ich weiß es nicht mit Sicherheit, Anya. Aber ich habe alles für Simon getan. Für seine Ausbildung gesorgt. Für seine Wohnung. Und das habe ich getan, weil dein Vater es mir aufgetragen hat.«
    Ich fühlte mich krank. »Sie hatten kein Recht, das vor mir zu verheimlichen.« Ich fand es in einem Roman oder Film immer übertrieben, wenn sich jemand übergeben muss, kaum dass er eine dramatische Nachricht erhalten hat, aber jetzt hatte ich wirklich das Gefühl, bei mir wäre es so weit. Das konnte natürlich auch mit dem Schlag auf den Kopf zusammenhängen.
    »Sophia Bitter behauptet, Simon Green hätte ihr im vergangenen Herbst geholfen, die Schokolade zu vergiften«, eröffnete ich Mr. Kipling.
    »Simon ist ein guter Junge«, erwiderte er. »So etwas würde er niemals tun. Ich kenne ihn schon sein Leben lang.«
    Ich betrachtete den kahlen Kopf meines Anwalts. Ich liebte diesen Kopf. Mr. Kipling war eines der wenigen verlässlich guten Dinge in meinem Leben gewesen. Was ich jetzt tun musste, fiel mir deshalb nicht leicht. »Ich glaube, dass Sie eine unentschuldbare Fehlentscheidung getroffen haben, Mr. Kipling. Sie können nicht mehr für mich arbeiten.«
    Er dachte über das nach, was ich gesagt hatte. »Das verstehe ich«, sagte er. »Anya, das verstehe ich.«
    In dem Moment kam Simons Katze ins Zimmer geschlichen. »Komm her, Koschka!«, rief Mr. Kipling. Argwöhnisch näherte sich ihm das Tier, und der Anwalt lockte es in eine Transportbox, die auf Simons Bett stand. »Als Simon anrief, bat er mich, die Katze zu versorgen«, erklärte Mr. Kipling.
    Ich verließ Simon Greens Wohnung. Mr. Kipling versuchte nicht, mich aufzuhalten.
     
    »Und, was jetzt?«, fragte Fats in der Straßenbahn, als wir über die Brooklyn Bridge nach Manhattan fuhren.
    Ich schüttelte den Kopf. Die Sonne ging nach einem erfolglosen Nachmittag unter, ich war entmutigt. Ich hatte eine große Szene machen, Mickey und Simon mit den Vorwürfen konfrontieren wollen, und vielleicht hätte nur einer von uns überlebt. Stattdessen waren beide verschwunden. »Ich wundere mich, dass Mickey abgehauen ist«, gab ich zu.
    »Wir wissen ja nicht, was Sophia ihm erzählt hat«, sagte Fats. »Und du warst zwar nicht hier, um das

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