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Edelmann und Satansfreund

Edelmann und Satansfreund

Titel: Edelmann und Satansfreund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Kleidungsstücke abgelegt, auch die derben Wanderjenas, und die Schuhe mit den griffigen Sohlen standen neben dem Bett.
    Das Fenster schloß sie nicht ganz, sondern stellte es gekippt. Sie zog die Vorhänge davor und fing an, sich zu entkleiden. Unten wurde die Tür zur Gaststätte abgeschlossen. Sie hörte die Stimme des Wirts Heinz Brandenburg. Er sprach noch mit dem letzten Gast über das schöne Frühlingswetter.
    Das lange, dünne und bis zu den Knöcheln reichende Nachthemd umwehte sie bei jedem Schritt, als Hilde auf das Bad zuging. Sie machte sich frisch und freute sich über das klare kalte Wasser, mit dem sie das Gesicht wusch.
    Abzuschminken brauchte sie sich nicht. Hier war sie Mensch und kein funktionierendes Rad in der Medien-Maschinerie. Noch drei Wochen sich erholen, sich gehenlassen, dann fing das andere Leben wieder an.
    Hildegard hatte sich einmal dafür entschieden, und sie würde auch dabei bleiben, obwohl sie manchmal das Gefühl hatte, als wäre sie es nicht selbst, die daran teilnahm.
    Sie ließ sich auf das Bett sinken. Hier gab es noch schöne, hohe Kopfkissen, und auch ein Oberbett und keine dünne Decke. Die eindringende Nachtluft hatte das Innere des Zimmers kühler werden lassen. Das Licht konnte sie vom Bett her ausschalten. Jetzt fielen die blauen Schatten der Finsternis über den Raum, aber es war nicht stockdunkel. Wenn Hilde den Kopf nach rechts drehte, blickte sie auf das Fenster, das sich sichtbar abzeichnete. Dort fielen besonders die beiden zusammengezogenen Vorhänge auf, die sie an starre Gespenster erinnerten.
    »Nein, nicht wieder diese Gedanken«, flüsterte sie sich selbst zu. »Das gibt es nicht. Es gibt auch den Ritter nicht. Ich habe ihn mir eingebildet, weil ich damals einfach überstreßt gewesen bin. In den letzten Tagen habe ich ihn nicht gesehen. Er ist nicht existent, sondern ein Produkt meiner Phantasie gewesen, und ich hätte John Sinclair nicht davon berichten sollen…«
    Sie lauschte ihrem eigenen Flüstern nach und stellte dann fest, daß die Gedanken an John Sinclair praktisch hängenblieben. Es war schon komisch, aber gerade in dieser Nacht spukte ihr der Name so stark im Kopf herum wie nie zuvor.
    Aber es waren gute Gedanken. Gern erinnerte sie sich an das Weekend, das sie zusammen mit dem Mann verbracht hatte, der gar nicht wie ein Polizist gewirkt hatte. Sie kannte andere. Besonders die in Kalifornien und New York. Da traf der Name Bulle oft genug zu.
    Es tat ihr gut, an die schönen Seiten der Vergangenheit zu denken, und allmählich nahm das Schlafbedürfnis von ihr Besitz. Sie spürte, wie sie hinabglitt in die Arme des Gottes Morpheus. Die Augenlider wurden ihr schwer, klappten langsam nach unten, aber auf ihren Lippen lag ein Lächeln, als hätten sich dort ihre letzten guten Erinnerungen regelrecht eingemeißelt.
    Die Welt kann so schön sein, dachte sie. So friedlich. Und vielleicht rufe ich John Sinclair trotzdem an. Kann ja sein, daß er etwas Zeit hat, kann ja sein… sein…
    Sie schlief ein.
    Ruhige Atemzüge drangen aus ihrem Mund. Draußen war es ebenfalls still. Die Sterne am Himmel wachten über die Welt wie zahlreiche Augen, die alles beobachteten.
    Doch plötzlich war alles anders, denn Hildegard von Zavelsreuth erwachte abrupt, als hätte sie der donnernde Hall einer Explosion aus dem Schlaf gerissen.
    Was war geschehen?
    Still lag sie im Bett. Aber sie hörte ein Geräusch. Nur stammte es nicht von draußen, sondern es drang aus ihrem Innern hervor, und es war der eigene Herzschlag, der so laut dröhnte und gegen ihre Rippen schlug. In der Umgebung ihres Herzens spürte sie ein leichtes Ziehen, und sie stellte fest, daß die Glieder wie mit Eisen gefüllt wirkten, so schwer fühlte sie sich. Als wäre sie noch immer dabei, tiefer und tiefer zu sinken.
    Aber Hilde überwand ihre Lähmung, richtete sich auf und blieb im Bett sitzen.
    Was hat mich geweckt?
    Diese Frage stellte sie sich immer wieder. Eigentlich hätte sie tief und fest bis zum anderen Morgen durchschlafen müssen, was nach dem genossenen Wein völlig natürlich gewesen wäre. Was jetzt mit ihr geschehen war, das kannte sie von sich nicht.
    Allmählich ebbte der Schreck ab. Der Herzschlag normalisierte sich wieder, doch die Unruhe blieb.
    Hilde drehte den Kopf und starrte zum Fenster. Der leichte Nachtwind fand seinen Weg durch die beiden Spalten an den Seiten. Er spielte mit den leichten Vorhängen, wellte sie auf, als wollte er ihnen ein geheimnisvolles Leben

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