Edelmann und Satansfreund
doch einmal nachsehen, was sich hier tut. Es kann ja sein, daß ich Glück habe und er mir über den Weg läuft.«
»Willst du das wirklich tun?« flüsterte Hilde. In ihren Augen stand die Furcht.
»Ja.«
»Und wenn er sich zeigt?«
Ich strich über ihre Wange. »Das würde mich sogar freuen. Ich gehe nicht weit von hier weg, denn wenn er etwas von uns will, wird er auch hier in der Nähe sein.«
»Und sich versteckt halten«, sagte Hilde.
»Das wird sich herausstellen. Vielleicht weiß er auch mittlerweile, daß ich sein Feind bin. Er wird es gespürt haben.« Ich ging nicht näher darauf ein und verabschiedete mich mit einem knappen Winken.
***
Wenig später stand ich vor der Tür und war darüber erstaunt, wie schnell es sich draußen doch verändert hatte. Inzwischen war es dämmerig geworden. In den Wohnungen der Häuser brannten die Lichter und warfen ihren Schein hinein in das Grau, ohne es jedoch vertreiben zu können. Das Gegenteil würde eintreten, denn der Abend machte sich bereit, seinen dunklen Mantel über das Land zu breiten.
Wolken jagten über den Himmel wie unheimlich anmutende Ungeheuer.
Der Wind blies mir ins Gesicht. Ich schmeckte den Staub. In der Ferne grüßte noch immer das Grollen. Es war wohl nicht mehr näher gekommen. Rechts von mir lag die Kreuzung. Ich ging dorthin, wo ich meinen Leihwagen abgestellt hatte.
Vom Tal her kamen zwei Autos. Eines näherte sich von oben. Aus dem offenen Fenster hallte dumpfe Techno-Musik. Mit quietschenden Reifen bog der Fahrer in die Kurve und verschwand talwärts.
Auch die anderen beiden Fahrzeuge hatten mich passiert. Es wurde wieder ruhiger.
Vom Ritter entdeckte ich nichts. Ich überquerte die Straße und bewegte mich auf eine kleine Insel zu, auf der ein massiger Baum wuchs, unter dem eine Bank stand.
Dort war es ziemlich finster. Für den Ritter ein günstiges Versteck, denn er konnte von dort aus den Eingang des Gasthofs beobachten. Ich fand ihn nicht.
Etwas enttäuscht ging ich wieder zurück. Nahe am Haus umrundete ich es. Die Fenster zur Küche standen offen. Ich hörte die Stimmen der dort unter Hochdruck arbeitenden Köche und Helfer, und der Geruch von gebratenem Fleisch stieg in meine Nase.
Eine Katze huschte an mir vorbei. Ich ging weiter, um auf die Straße zu gelangen, als ich den dunklen Fleck am Boden sah und zugleich das Summen der zahlreichen Fliegen hörte.
Mein Mißtrauen war erwacht. Sofort holte ich die Lampe hervor und strahlte nach vorn.
Der Hund lag dort in einer Blutlache. Mit einem Schwerthieb war ihm der Kopf abgetrennt worden. Ein Cockerspaniel, der dem Satansfreund wohl in die Quere geraten war.
Nein, ein Edelmann war er nicht, auch wenn Charlie Korn ihn so bezeichnet hatte.
Er war also da. Er beobachtete uns. Er suchte unsere Nähe.
Ich drehte mich auf der Stelle um. Dabei leuchtete ich in die verschiedensten Richtungen, aber das Licht war einfach zu dünn, um mir den nötigen Überblick zu verschaffen.
Es brachte nichts, wenn ich noch weiterhin hier draußen umhergeisterte und auf den Ritter wartete. Er würde sowieso tun, was er wollte, deshalb kehrte ich zurück in die Gaststube.
Hilde und Charlie saßen noch immer an ihren Plätzen. Allerdings hatte sich Karin Brandenburg zu ihnen gesellt. Sie trug an diesem Abend eine rote Bluse und einen schwarzen Rock. Flüsternd sprach sie auf die beiden ein. Als ich erschien, verstummte sie.
Ich nahm auf dem freien Stuhl Platz. Bevor ich etwas sagen konnte, sprach Hilde mich an. Ihr Gesicht war gerötet. Sie sah aus wie jemand, der sich geärgert hatte. »Dieser verfluchte Nägele gibt doch nicht auf.«
Sie schlug mit der Faust auf den Tisch.
»Wieso? Was ist passiert?«
Karin Brandenburg gab die Antwort. »Er möchte vor dem Mahl sein Gedicht aufsagen.«
»Soll er doch.«
»Das meine ich auch. Aber er will, daß die Hauptperson, eben Hilde, dabei ist.«
»Und warum?«
Die Wirtin hob die Schultern. »Fragen Sie mich bitte nicht so etwas Schweres. Ich kann ihn auch nicht rauswerfen…«
»Und ich werde nicht runtergehen.«
»Doch!« entschied ich. »Du gehst, und ich werde mit dir gehen. Wir werden diesen Mistkerl in seine Schranken weisen. Das kannst du ruhig mir überlassen.«
Hilde hatte mich nur angeschaut. Sie hatte auch protestieren wollen, das war ihr anzusehen gewesen, aber mein Blick hatte sie schweigen lassen.
Karin Brandenburg stand auf. »Ich werde in der Küche gebraucht. Ich habe es euch nur gesagt.«
»Ist schon recht!« meinte
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