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Edelsüß: Norma Tanns vierter Fall (German Edition)

Edelsüß: Norma Tanns vierter Fall (German Edition)

Titel: Edelsüß: Norma Tanns vierter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Kronenberg
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unterhalten
wusste. Sein Lieblingsthema waren der Rheingauer Riesling und andere Rebsorten,
die im Rheingau von leidenschaftlichen Winzern zu Weinen von allerhöchster Qualität
verarbeitet würden. Wie der Riesling der Güteklasse ›Erstes Gewächs‹ bewiese, mit
dem sich die Seminarteilnehmer soeben die Gläser gefüllt hatten. Norma schnupperte,
kostete einen Schluck, und wahrhaftig: Herrlich ausgewogene Aromen erfüllten ihren
Gaumen. Was für ein Jammer, an den kostbaren Weinen nur ein bisschen zu nippen!
Sie beschloss spontan, sich für die Heimfahrt ein Taxi zu leisten und Lutz dazu
einzuladen.
    Beflissen
hielt Onno die Flasche bereit und goss großzügig nach. »Sehr zum Wohl, Frau Tann!«
    »Wir alle
hier wissen, liebe Weinfreunde«, schwärmte unterdessen der Sohn auf der Bühne, »der
Rheingau gehört zu den kleinsten Weinbaugebieten Deutschlands. Und«, damit hob er
die Stimme, »zu einem Gebiet, in dem allerbeste Weißweine produziert werden. Warum?
Weil der Rhein hier für ein kurzes Stück seines Laufs nach Westen abbiegt und sein
Ufer bis an die sonnenverwöhnten Hänge heranschiebt. Und weil hier Winzer mit Fachkenntnissen
und Herzblut wirken. Für reine, unverfälschte Weine! Wenn Sie Fragen haben, meine
Damen und Herren, nur zu. Bitte, der Herr dort vorn! Sie möchten etwas beitragen?«
    Er nickte
auffordernd ins Publikum. Ein Mann, rotgesichtig und graubärtig, kam schwer auf
die Beine und verschränkte die Arme über dem Bauch. Mit sonorer Stimme erklärte
er, unter den Rheingauer Weinen seien zweifellos gute Tropfen zu finden, was aber
nicht zu allen Zeiten so gewesen sei. Früher habe der Markt süße Weine verlangt
und viele Winzer verleitet, der Masse den Vorzug vor der Klasse zu geben. Inwiefern
man aus dieser Vergangenheit gelernt habe, wollte er wissen.
    »Gute Frage!«,
rief ein anderer am Nebentisch. »Viele Winzer wollten den Wein noch süßer als süß
und haben mit Schwefel und Zucker nachgeholfen. Oder gleich Glykol reingekippt.
Wir Älteren erinnern uns noch gut an daran.«
    »Zum Wohl
Glykol!«, lallte eine dunkle Stimme von ganz hinten. Mann oder Frau? Wer konnte
das sagen.
    »Wen kümmert
das noch?«, meldete sich ein junger Mann zu Wort. »Der Weinskandal ist Geschichte.«
    »Von wegen!«,
wandte eine füllige Dame ein. »Das Thema ist brandaktuell. All diese Lebensmittelskandale:
Glykol, BSE, Dioxin, Gammelfleisch und EHEC. Wie können wir uns beim Wein sicher
sein? Wie war das damals beim Glykolskandal? Das interessiert mich und andere hier
bestimmt auch.«
    »Wen kümmern
diese alten Kamellen«, knurrte Onno Halvard in das Stimmengewirr hinein.
    Ulf-Harald
Halvard hob beschwichtigend die Hände. Seine mit Sommersprossen besprenkelten Wangen
glühten. »Bitte, bitte, meine Damen und Herren! Es führt zu weit, hier die Probleme
vergangener Jahrzehnte auszubreiten.«
    Vor allem,
wenn dabei herauskäme, dass der Weinpapst Harry Halvard unter Panschverdacht gestanden
hatte! Norma hob den Arm, um mit einer Wortmeldung Öl ins Feuer zu gießen.
    Der bärtige
Mann kam ihr zuvor: »Sie wünschten sich eine Diskussion, Herr Halvard! Warum gehen
Sie nicht auf das brisante Thema ein?«
    Sie senkte
den Arm. Onno Halvard wandte sich um und nahm den Zwischenrufer in Augenschein.
Zeitgleich fasste sich eine junge Frau ein Herz und sprach mit piepsiger Stimme.
Norma verstand kein Wort.
    Halvard
auf der Bühne legte demonstrativ die Hand hinter das Ohr. »Wie bitte? Geht es ein
bisschen deutlicher?«
    Die junge
Frau setzte neu an. »Was das für ein Zeug ist, dieses Glykol! Das würde ich gern
wissen. Wieso man das Glykol überhaupt in den Wein tut.«
    Ulf-Harald
zeigte Nerven. Sein Lächeln entstammte der Kategorie ›Überheblichkeit aus Anspannung‹.
    »Niemand
gibt heutzutage mehr Glykol zum Wein. Eins möchte ich in aller Deutlichkeit klarstellen,
meine sehr geehrten Damen und Herren: Was damals geschehen ist, wird sich nicht
wiederholen. Bis Mitte der 80er-Jahre wollte der Verbraucher den Wein zuckersüß,
und vor allem billig. Ein geschmackliches Erbe der Nachkriegszeit. So kamen die
Österreicher als Erste darauf, mithilfe des Frostschutzmittels Diethylenglykol,
kurz Glykol, das sehr süß schmeckt, aus Billigwein eine Spätlese mit Prädikat zu
machen. Die dann für drei Mark im Supermarkt zu haben war! Wer so etwas gekauft
hat …«
    »Wollen
Sie damit sagen, der Verbraucher war selbst schuld?«, fuhr der Bartträger dazwischen.
»Das war kein Spaß! Glykol ist

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