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Edelsüß: Norma Tanns vierter Fall (German Edition)

Edelsüß: Norma Tanns vierter Fall (German Edition)

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Autoren: Susanne Kronenberg
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Damit bestätigte die Journalistin, was Henriette Medzig angegeben hatte. Tonja Pollay
orderte einen weiteren Tee. Der Gastraum hatte sich geleert. Die Frühstücker waren
gegangen, und die Mittagsgäste ließen noch auf sich warten. Die Journalistin hörte
sich gern reden, keine Frage, und wollte es spannend machen.
    Norma übernahm
das Wort. »Den weiteren Ermittlungen entzog sich Ewald Medzig durch Freitod. Das
geschah im Oktober 1985 und hatte durchaus etwas von einem Schuldeingeständnis.
Hätte die Angelegenheit damit nicht erledigt sein müssen? Wie kam Harry ins Visier
der Justiz?«
    Tonja Pollay
wartete, bis ein Mädchen die Getränke gebracht hatte. »Sehen Sie, Kindchen: Dass
man Harry schließlich am Schlafittchen zu packen bekam, ist Angelas Hartnäckigkeit
zu verdanken.1993 begann sie ihr Referendariat. Über ehemalige Kommilitonen hatte
sie Verbindungen zur Mainzer Justiz, wo es wackeren Beamten entgegen alle Beschwernisse
durch korrupte Politiker nach langjährigen Ermittlungen gelungen war, die Vertriebswege
des Glykols und der damit angereicherten Weine auszukundschaften. Und siehe da:
Rechnungen und Lieferadressen der Zulieferer ließen keine Zweifel daran, dass das
Weingut Adebar mehr Glykol geordert hatte, als seine Maschinen selbst dann benötigt
hätten, wenn eine sibirische Kälte den Rheingau tiefgefroren hätte. Als ordentlicher
Geschäftsführer hatte Harry Halvard alle Belege eigenhändig abgezeichnet. Damit
saß er in der Falle, der Gute!«
    Tonja Pollay
beschäftigte sich mit ihrem Fingerschmuck, während sie erklärte, die Stimmung sei
aufheizt gewesen. »Es war einer der größten Lebensmittelskandale der Bundesrepublik.
Sie müssen sich vorstellen: Deutscher Wein war selbst im fernsten Ausland nicht
mehr loszuwerden. Geschweige denn in der Bundesrepublik. Die meisten Weinbauer traf
keine Schuld an dem Dilemma. Auch wer seinen Wein redlich gekeltert hatte, wurde
durch die Betrüger in seiner Existenz bedroht. Mit Harry Halvards Verhaftung wollte
das Wiesbadener Landgericht ein Zeichen setzen.«
    »Trotzdem
kam Harry unbeschadet davon. Ohne einen Prozess!«
    Tonja Pollay
rührte in der Teetasse. »Jetzt kommen wir zu des Pudels Kern, meine liebe Norma.
Ich darf doch Norma sagen?«
    »Wenn Sie
auf Mephisto zu sprechen kommen, dürfen Sie sogar beim ›Kindchen‹ bleiben.«

31
     
    Tonja Pollays tomatenrot geschminkter
Mund ging in die Breite. »Sehen wir mal, ob wir dem Mephisto auf die Spur kommen.
Als Harry 1993 in U-Haft wandert, hat sein Vater Onno seine Partei ›Zukunft für
Wiesbaden‹ soeben in Fahrt gebracht. Er kann keinen Sohn gebrauchen, der einsitzt
und den Vater in Verruf bringt.«
    »Vor allem,
weil dieser Vater im großen Stil mit Wein handelt«, ergänzte Norma. »Ein Sohnemann,
der als Weinpanscher verurteilt wird, macht sich nicht so gut, wenn man davon lebt,
Winzerweine aufzukaufen, abzufüllen und weiterzuverkaufen. Wer könnte da nicht denken:
wie der Sohn, so der Vater?«
    Der Tomatenmund
zog sich weiter auseinander. »Sie sagen es. Einer wie Onno Halvard macht sich niemals
selbst die Hände schmutzig. Dafür weiß er andere zu benutzen.«
    Norma dachte
an das Nachbarland Rheinland-Pfalz, wo man, wie die Journalistin behauptete, den
Ermittlern Knüppel zwischen die Beine geworfen und den Staatsanwälten Maulkörbe
verpasst habe, damit die Verquickungen zwischen Weinpanscherei und Politik in der
Düsternis der Weinkeller verborgen blieben.
    »Wie zum
Beispiel Waldemar Jördens? Er war damals der Leitende Oberstaatsanwalt.«
    Die Journalistin
nickte anerkennend. »Sie haben also mit Kay Kaan gesprochen.«
    »Der Staatsanwalt
a. D. hat mir von einem vermeintlichen Kuhhandel berichtet, der Jördens das ehemalige
Bennefeld-Weingut einbrachte. Das jedenfalls habe Angela behauptet.«
    »Was sich
dummerweise nicht beweisen ließ. Tatsache war: Jördens behinderte massiv die Ermittlungen
gegen Harry Halvard.«
    »Auf welche
Weise?«
    Tonja hob
die Arme in einer weitreichenden Geste und brachte ihr Dekolleté in Schwung. »Ich
sage Ihnen, wie das ablief: Als erste Maßnahme zog Jördens Staatsanwalt Kay Kaan
vom Fall Harry Halvard ab. Kaan fügte sich, vermutlich nicht ungern, weil er seine
Angel für den Posten des Oberstaatsanwalts ausgelegt hatte. Das hat er Ihnen wohl
nicht erzählt? Zu seiner Entschuldigung sei gesagt, dass Harry ein kleiner Fisch
war gegen den Halunken, den Kaan daraufhin an den Haken bekam.«
    »Ebenfalls
ein

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