Edens brisantes Geheimnis
Zebrafellimitat bezogen. Über dem Gashebel war mit Tesafilm die verblasste Fotografie einer Frau in einem altmodischen, zweiteiligen Badeanzug befestigt. Der Steuerknüppel war in eine Art Waschbärenpelz gehüllt, genau wie sein Pendant vor dem Kopilotensitz.
„Bilden Sie an dieser Maschine aus?" fragte Payne den Piloten.
„Manchmal. Ist aber auch praktisch, wenn der Kopilot das Ding auch fliegen kann. Für den Fall einer Notsituation Ich hatte einige Male Probleme mit meiner Pumpe."
„Herzinfarkt?"
„Vierfacher Bypass. Wenn ich mir an die Brust fasse und ächze, übernehmen Sie einfach das Steuer."
„Gut."
Ein ziemlich verwegener Plan. Payne war zwar schon selbst geflogen, hatte aber keinen Pilotenschein.
Er deutete auf die Eieruhr, die neben seinem Kopf angebracht war. „Wofür ist die?"
„Gut, dass Sie mich daran erinnern. Behalten Sie den Sand im Auge. Wenn er durchgelaufen ist, wird es Zeit, auf die Zusatztanks umzuschalten."
Auf dem neuesten Stand der Technik war die Kiste wirklich nicht. Doch Payne beschwerte sich nicht. „Wie soll ich Sie nennen?"
„Cody. Wie Buffalo Bill. Wir sind zwar nicht verwandt, aber ich habe es mir immer gewünscht."
Payne stellte sich ebenfalls vor. Dann drehte er sich zu Eden um, die sich die Decke bis unters Kinn hochgezogen hatte. Sie rief dem Piloten zu: „Ich bin Eden Miller."
Cody wandte den Kopf. „Freut mich, Sie kennen zu lernen, Miss. Im Moment sehen Sie zwar eher aus wie eine ersoffene Ratte, aber ich wette, wenn Sie sich zurechtgemacht haben, sind Sie eine wirklich Hübsche."
Eden gestikulierte wild mit den Händen und wies auf die Windschutzscheibe. „Müssen Sie Ihre Augen nicht auf die ... die Fahrbahn richten?"
„In der Luft gibt es keine Straßen, Miss", erwiderte Cody. Er wies auf ein Paar Kopfhörer neben ihr.
„Setzen Sie die auf."
Payne half ihr dabei und schaltete die Sprechanlage ein, damit sie sich alle unterhalten konnten, ohne schreien zu müssen.
„Machen Sie sich keine Sorgen, Eden", beruhigte Cody sie. „Ich bringe Sie heil an Ihr Ziel."
„Danke", erwiderte sie etwas skeptisch. „Doch nicht dafür."
Payne wusste, dass dieser Pilot keinen Dank erwartete. Nicht einmal eine Erklärung. Unter solchen Männern herrschte ein besonderer Kodex. Bekamen sie einen Auftrag, führten sie ihn aus, ohne groß Fragen zu stellen.
„Eine nette Maschine haben Sie da", sagte er.
„Hab sie Sylvia genannt, nach meiner ersten Frau." Er streckte seinen langen knochigen Zeigefinger aus und tippte auf das Foto. „Sie und meine Piper waren immer ein wenig launenhaft. Ich jage sie gern über meine Ranch in Oklahoma. Die Piper, meine ich. Meine Frau ist schon lange tot.
Sie war ein Südstaatenmädchen."
Cody berichtete in aller Ausführlichkeit, wie er Sylvia das erste Mal gesehen hatte. Es war an einem Strand in Florida gewesen, während er gerade damit beschäftigt war, einen riesigen Schwertfisch an Land zu ziehen. Seine bildhaft ausgeschmückte Story war eine Mischung aus Hemingways Der alte Mann und das Meer und dem Südstaatenepos Vom Winde verweht. „Ich hab sie beide gekriegt", schloss Cody stolz. Mit ein wenig Ermunterung würde er seine Passagiere noch Stunden mit weitschweifenden Erzählungen beglücken. Payne beschloss, ein paar wichtige Informationen einzuholen. „Wie ist unsere Route?"
„Immer nach Westen", meinte der hagere Pilot. „Ich halte nicht viel davon, meine Flugpläne bei der Flugsicherung abzugeben, also fliege ich niedrig, weit entfernt von den Städten. Wir müssen nur einmal in Pueblo zum Tanken landen. Zufrieden?"
„Großartig", meinte Payne. „So in etwa habe ich es mir vorgestellt."
„Entschuldigen Sie, aber wann genau kommen wir an?" mischte sich Eden ein.
„Ich hoffe, vor Einbruch der Dunkelheit, aber genau kann ich das nicht sagen. Wir haben ungefähr fünf, sechs Stunden Flug vor uns."
„Warum machen Sie sich Sorgen wegen der Dunkelheit?" fragte Eden. „Ist es gefährlich, im Dunkeln zu landen?"
„Das hängt von der Gegend und der Landebahn ab."
Das kleine Flugzeug bockte, und Eden stieß einen leisen Schreckensschrei aus. „Haben Sie jemals einen Flugzeugabsturz miterlebt, Cody?"
„Und ob, zum Teufel. Damals, als ich in Wyoming durch den Nationalpark am Grand Teton flog, hatte ich eine Begegnung mit einem Weißkopfadler. Er war bald halb so groß wie das Flugzeug, das schwöre ich", berichtete Cody. „Wir tanzten miteinander in den Wolken. Mir blieb nichts anderes übrig, als auf
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