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Edgar und die Schattenkatzen (German Edition)

Edgar und die Schattenkatzen (German Edition)

Titel: Edgar und die Schattenkatzen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marliese Arold
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eine Spritze in die Hand. Der Professor hatte sich ebenfalls Handschuhe angezogen. Eleanor überreichte ihm die Spritze, dann öffnete sie den ersten Käfig und holte die Katze mit festem Griff heraus. Das Tier regte sich kaum, sondern zuckte nur einmal kurz, als Professor Murphy mit der Spritze in ein Hinterbein stach. Wenig später erschlaffte die Katze, und Eleanor setzte sie in den Käfig zurück.
    Edgar wurde immer nervöser, je näher Professor Murphy und Eleanor kamen. Er hatte nicht vor, sich piksen zu lassen. Was war wohl die beste Taktik? Reglos sitzen bleiben und zum Sprung ansetzen, sobald die Käfigtür geöffnet wurde? Oder schon vorher herumtoben, sodass Eleanor ihn nicht fangen konnte? Edgar entschied sich für das Stillsitzen. Alle Muskeln waren angespannt. Er beobachtete die beiden genau. Eleanor war Linkshänderin. Wenn es ihm gelang, sie zu überraschen, konnte er freikommen … Sein Herz pumpte vor Aufregung wie eine kleine Maschine.
    Jetzt waren sie bei Belinda angelangt. Die zerzauste Katze wehrte sich heftig und zog ihr volles Programm ab: kratzen, beißen und laut fauchen. Es gelang ihr, mit den Krallen Eleanors Ärmel aufzureißen und ihr eine große Schramme zu verpassen. Eleanor schrie auf vor Schmerz, ließ die Katze aber nicht los. Professor Murphy versetzte dem Tier mit der Faust einen Schlag auf den Kopf, dann rammte er die Spritze in Belindas Schenkel. Sie quietschte schrill – ein Geräusch, das Edgar noch nie bei einer Katze gehört hatte –, und ließ sich schließlich ohne Gegenwehr in den Käfig setzen. Dort blieb sie zitternd liegen. Ihre Vorder- und Hinterbeine zuckten, ein erbärmlicher Anblick.
    Nun war Edgar an der Reihe. Eleanor schob die Käfigtür nach oben und griff ins Innere. Edgar fixierte die schmale Öffnung neben ihrem Arm, dann sprang er ihr aufs Handgelenk und versuchte durchzuschlüpfen. Doch mit diesem Trick hatte Eleanor wohl gerechnet, sie bewegte den Arm und versperrte die Fluchtmöglichkeit.
    »Ruhig, Kleiner!«, gurrte sie. »Du musst keine Angst haben. Dir passiert nichts!«
    Von wegen!, dachte Edgar. Ich bin nicht dumm, ich weiß, dass ihr mir eine Spritze verpassen wollt!
    Er biss sie in den Arm. Gleich darauf flog er in den Käfig zurück – Eleanor hatte ihn weggeschleudert –, prallte ans Gitter und wurde von kräftigen Männerhänden gepackt. Der Griff des Professors war so fest, dass es kein Entkommen gab. Edgar wurde aus dem Käfig gezerrt, und Eleanor stach tief mit der Spritze in seine Flanke.
    Es tat weh. Auch der Griff schmerzte. Emma hatte ihn immer ganz vorsichtig hochgehoben, jede Berührung war voller Zärtlichkeit gewesen. Aber Professor Murphy war grob, es war ihm egal, ob er den Kater verletzte. Er stopfte ihn in den Käfig, ließ das Gitter heruntersausen und sicherte das Schloss.
    Eleanor hielt sich den Arm. »Bevor wir weitermachen, muss ich erst meinen Arm versorgen. Die eine Katze hat mich gekratzt und die andere gebissen … Ich blute …«
    »Dann legen wir eben einen Verband an«, sagte Professor Murphy ungerührt.
    Während die beiden miteinander beschäftigt waren, leckte Edgar die Einstichstelle der Spritze. Die Bewegung fiel ihm schwer, und ihm war auch schon etwas sonderbar zumute. In seinem Bauch breitete sich ein Taubheitsgefühl aus. Er merkte, wie seine Gedanken langsamer wurden. Er konnte sich nicht mehr konzentrieren … Jeder angefangene Gedanke schien einfach aus seinem Kopf herauszufallen.
    Gleichzeitig veränderte sich die Umgebung. Das Licht wurde heller und weicher, alles bekam einen eigenartigen Glanz. Die Farben wurden intensiver, verwischten sich, schwammen ineinander. Edgar spürte keine Schmerzen mehr. Eine seltsame Leichtigkeit hatte ihn erfasst. Er schien überhaupt kein Gewicht mehr zu haben. Eigentlich ein angenehmer Zustand …
    Mit einem Mal stellte er fest, dass er schwebte. Er stieg nach oben, das Käfiggitter bildete kein Hindernis. Als er verwundert nach unten blickte, sah er einen schwarzen Kater reglos im Käfig liegen. Edgar wunderte sich.
    Gibt es mich jetzt doppelt?
    Doch schon im nächsten Moment spielte die Frage keine Rolle mehr. Er flog! Er konnte alle Käfige von oben sehen! Er beobachtete noch, wie Professor Murphy und Eleanor sich die nächste Katze vornahmen, aber dann segelte er auch schon gegen die Wand. Zu seinem großen Erstaunen öffnete sich das Mauerwerk, er glitt hindurch und schwebte nun ins Freie.
    Edgar erinnerte sich daran, dass Emma ihm einmal erzählt hatte,

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