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Eidernebel

Eidernebel

Titel: Eidernebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wimmer Wilkenloh
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warten Sie mal. Doch, von Oldenswort. Pastor Hagedorn hat auf einer Hochzeit mal etwas über den damaligen Pastor von Oldenswort erzählt, der tödlich verunglückt war …, nämlich, dass der in Wirklichkeit gar nicht verunglückt wäre. Bei seinem Tod soll etwas nicht mit rechten Dingen zugegangen sein.«
    »Und was soll das genau gewesen sein?«
    »Das weiß ich nicht mehr. Ich war damals noch ein Jugendlicher, ist bereits einige Jährchen her.«
    »Danke, Herr Thiel, das war’s. Übrigens ein irres Instrument.«
    »Die Orgel ist die Königin der Instrumente.«
    »Königin klingt nicht schlecht, endlich hat mal eine Frau in der Kirche den höchsten Rang«, scherzt Silvia Hamann, lässt einen verdutzten Organisten zurück und verlässt beschwingt die Empore. Mielke hat immer noch sein Handy am Ohr, als die Oberkommissarin sich auf den Beifahrersitz platziert.
    »Es ist jetzt 16.35 Uhr und mit der letzten Führung bist du um fünf Uhr durch. Na, dann komm ich doch vorbei, bis gleich«, kann Silvia Haman noch hören, bevor er das Handy in der Jackentasche verschwinden lässt, den Motor startet und losfährt.
    »Macht es dir was aus, wenn wir einen kurzen Umweg über Friedrichstadt machen und du dann allein nach Husum zurückkurvst?«, fragt Mielke beiläufig.
    »Friedrichstadt?«
    »Friedrichstadt! Frag mich jetzt nicht, was ich da will.«
    »Mach ich aber! Was willst du denn da?«
    »Das geht dich nichts an!«
    »Ich soll aber den Wagen allein zurückfahren, oder?«
    »Ich treffe mich dort mit jemandem.«
    »Den Rest kann ich mir denken«, sagt Silvia Haman spöttisch. »Jetzt versteh ich endlich, warum sich dein Verhältnis zu Frauen so dramatisch verbessert hat, wenn ich dabei an unsere Profilerin denke. Meine Person ist davon natürlich ausgenommen.«
    »Manchmal bist du einfach unerträglich, Silvia!«, knurrt Mielke, drückt aufs Gas und rast in Richtung Norden. Ohne ein weiteres Wort stoppt er 35 Minuten später auf dem Marktplatz in Friedrichstadt, direkt vor dem Brunnenhäuschen. Silvia steigt aus und wartet auf der Fahrerseite, bis der Kollege seinen Mantel vom Rücksitz gefischt hat, einen Notizblock verstaut hat, ebenfalls aussteigt und ihr den Zündschlüssel in die Hand drückt.
    »Guck mal, wer da drüben geht«, sagt Silvia Haman erstaunt, wobei sie dem Oberkommissar über die Schulter schaut. Der dreht sich um und sieht, wie Susan Biehl Hand in Hand mit einem Mann im Café Hinrichs verschwindet.
    »War das Susan Biehl?«
    »Klar war das Susan Biehl! Und der Kerl, das war dieser Bender! Marcus Bender, der Puppenspieler!«
    »Bist du sicher!«
    »Natürlich! Friedrichstadt scheint ja das neue Liebesnest zu sein!«
    »Tschüs, Silvia! Wir sehen uns morgen«, sagt Mielke kurz angebunden und geht davon.
    Silvia Haman klemmt sich hinter das Steuer und verfolgt den Kollegen im Rückspiegel, doch der schlendert im Schneckentempo an den Schaufenstern vorbei. Nach zehn Minuten wird es ihr zu bunt, sie startet den Motor, fährt aus der Stadt und ist kurze Zeit später auf der B 5.
     
    »In Wirklichkeit ist er gar nicht verunglückt!«
    Der Satz des Organisten über den Pastor von Oldenswort ist plötzlich wieder in ihren Ohren, rumort dort so lange herum, bis sie kurz entschlossen von der Bundesstraße in Richtung Rantrum abbiegt und über Oldersbek und Winnert nach Hollbüllhuus fährt. Silvia Haman stoppt vor einem kleinen Backsteinhäuschen. In der offenen Garage steht ein silbergrauer Firebird Targa. An der Gartenpforte hängt ein Messingschild mit dem Namen ›Hagedorn‹. Die Hauptkommissarin geht zur Haustür und klingelt. Schritte nähern sich und eine Stimme fragt: »Wer ist da?«
    »Silvia Haman! Kripo Husum. Kann ich kurz mit Ihnen reden?«
    Die Tür öffnet sich vorsichtig und ein argwöhnischer Blick fällt durch die kleine Spalte.
    »Kennen Sie mich nicht mehr, Herr Hagedorn? Ich hab Sie damals nach Ihrem Herzinfarkt im Krankenhaus besucht.«
    »Ach ja, Sie sind das«, sagt der Mann und seine Augen blicken freundlicher, als er die Tür weit öffnet. »Ich konnte Sie im Moment gar nicht einordnen.«
    »Wie geht es Ihnen, haben Sie die Krankheit gut überstanden?«
    »Ja, danke! Es geht mir sehr gut. Vor einem halben Jahr hab ich eine nette Frau im NABU kennengelernt. Glücklicherweise hatte ich meinen Firebird noch nicht verkauft. Wir machen jetzt immer Touren durch Norddeutschland. Und manchmal …«
    Anscheinend ist der wirklich so ein Geschichtenerzähler, wie Thiel angekündigt hatte, denkt

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