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Eidernebel

Eidernebel

Titel: Eidernebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wimmer Wilkenloh
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seiner Gedanken war eine Diskussion in der heutigen Frühbesprechung gewesen, in der spekuliert wurde, wie gefährlich der gesuchte Täter eigentlich wirklich sei. Jeder der Kollegen wollte sich nur Gehör verschaffen und hatte die anderen Meinungen nicht an sich herankommen lassen.
    »In meiner Berufspraxis habe ich schon einige Serienmörder untersuchen und beobachten können«, hatte Helene Klein nach einiger Zeit mit Vehemenz das Wort ergriffen. »Keiner dieser Täter war wirklich geisteskrank, auch wenn ich sie nicht als normal bezeichnen möchte. Sie hatten alle eine psychische Störung, aber trotzdem wussten sie immer noch, was sie taten. Sie wussten, das ihre Taten unrecht waren, falsch waren, handelten aber trotzdem weiter so.«
    »Aber wie kommt ein Täter zu solch einer Geistesstörung? Der Mensch wird schließlich nicht mit sexuellen Perversionen geboren, oder?«, widersprach Colditz. »Meist sind doch die Täter selbst Opfer. Viele werden von Kindesbeinen an misshandelt, missbraucht und missachtet. Bei dieser Form von Gewalt schauen die lieben Mitmenschen eben meistens weg. Und das rächt sich, wenn die Opfer erwachsen werden. Der Täter bestraft die Welt bewusst oder unbewusst für seine Misshandlungen. Wenn er dann erst einmal mordet, hat niemand mehr Interesse an den tiefer liegenden Ursachen.«
    »Es reicht nicht, jemanden moralisch und juristisch zu verdammen«, hatte Swensen nicht mehr an sich halten können. »Es wäre sinnvoller, wenn wir die Verbrechen im Vorfeld verhindern, anstatt die Täter danach zu bestrafen. Wir sind alle selbst gefragt, müssen uns unserer täglichen Handlungen und Gedanken jederzeit bewusst sein.«
     
    »Wir sind ständig in einem persönlichen Krieg, kämpfen gegen das Gute, gegen das Böse. Kämpfen gegen das, was zu groß ist oder gegen das, was zu klein ist. Gegen das, was richtig oder falsch ist. Wir kämpfen und kämpfen, tapfer und besinnungslos, kämpfen und kämpfen und kämpfen«
     
    Die Worte seines Meisters hatte Swensen vorhin allerdings für sich behalten. Jetzt sprechen sie erneut zu ihm, mahnen ihn achtsam mit seinen eigenen Wertungen umzugehen und endlich mit seiner täglichen Arbeit zu beginnen. Er beschließt, erst mal einen grünen Tee aufzubrühen, um sich anschließend die Akte ›Mordfall Reimersbude‹ vorzunehmen. Auf dem Flur zur Küchenzeile kommt ihm Silvia Haman entgegen, die, schon im Mantel, offensichtlich auf dem Weg zu Mielkes Büro ist.
    »Du wirst es nicht glauben, wen ich gestern mit unserer Susan in Friedrichstadt gesehen hab«, sagt sie mit gedämpfter Stimme, als sie auf gleicher Höhe mit Swensen ist.«
    »Marcus Bender«, erwidert der Hauptkommissar trocken.
    »Woher weißt du das?«
    »Ich bin Kriminalist, Silvia. Hast du das vergessen?«
    »Dein sechster Sinn, wenn ich mich nicht irre?«, scherzt die Hauptkommissarin. »Aber du hast bestimmt keine Ahnung, was in der Kirche von Oldenswort passiert ist, oder?«
    »In der Kirche von Oldenswort? Nee, muss ich das wissen?«
    »Ich war bei Alfred Hagedorn, vielleicht erinnerst du dich an ihn? Der Mann, der unsere Leiche im Wilden Moor gefunden hat, war vor der Rente Pastor in Westerhever.«
    »Ach der! Ja, jetzt erinnere ich mich.«
    »Ich dachte ganz spontan, ich rede mal mit dem. Und er hat mir eine interessante Geschichte erzählt. Es hat nämlich in der Kirche von Oldenswort vor vielen Jahren einen obskuren Todesfall gegeben. Der damalige Pastor Schnoor ist die Treppe von der Empore hinabgestürzt und war auf der Stelle tot.«
    »Ja und?«
    »Es gab damals das Gerücht, dass seine zweite Frau ihn hinabgestoßen haben soll. Ich hab kurz in die Ermittlungsakten geguckt. Da ist der Vorfall allerdings als Unglücksfall eingestuft worden, aber es gab ein Verhör mit dem kleinen Jungen aus erster Ehe des Pastors. Das Kind behauptete darin, dass die Stiefmutter den Papa umgebracht hat. Es gab allerdings keine Spuren, die das erhärtet haben.«
    »Und du meinst, dass es etwas mit unseren Fällen zu tun haben könnte?«
    »Ich weiß nicht. Könnte doch sein.«
    »Wie lange ist das her?«
    »22 Jahre.«
    »Und wie alt war der Sohn damals?«
    »Sieben Jahre.«
    »Dann wäre er jetzt 29 Jahre. Hast du schon mit ihm gesprochen?«
    »Nein, der wohnt nicht mehr auf Eiderstedt, hat Hagedorn gesagt.«
    »Hast du die Akten noch da?«
    »Ja, liegen auf meinem Schreibtisch.«
    »Kann ich mir die mal ansehen?«
    »Geh einfach rein und nimm sie dir raus, die Ordner, auf denen Peter Schnoor steht. Ich

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