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Eidernebel

Eidernebel

Titel: Eidernebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wimmer Wilkenloh
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Kilometer auseinander liegen, soll dieser Kaffee unterschiedlich schmecken, mal cremig-weich, oder leicht fruchtig bis hin zu aromatisch. Gehört zu den reinsten Sorten der Welt und ist von herausragender Qualität.«
    »Und woher weißt du das alles?«
    »Ich hab einen Tipp vom Kollegen Mielke bekommen, dass es am Markt in Friedrichstadt ein Kaffeekontor gibt. Und der Ladenbesitzer hat mir das alles gesteckt. Übrigens ein völlig verrückter Laden, vollgestopft mit alten Kaffeemaschinen, Mühlen und alten Kaffeedosen und natürlich Kaffee, fast hundert verschiedene Sorten.«
    »Ach ja, der Kollege Mielke und Friedrichstadt«, grient der Hauptkommissar und zieht mit seinem dampfenden Tee ab. »Jetzt hat er seine Finger auch noch in eurem Kaffee.«
    »Muss ich das verstehen?«, flötet Susan Biehl hinter ihm her.
    »Nee, Susan, da gibt es nichts zu verstehen«, ruft er, bereits auf dem Flur.
    Schon wenige Meter vor dem Konferenzraum bemerkt der Hauptkommissar, dass auch das gewohnte Schweigen der Kollegen heute einem lebhaften Getuschel gewichen ist. Niemand zeigt eine Reaktion, als er den Raum betritt, kleinere Grüppchen stehen beieinander und stecken die Köpfe zusammen.
    »Moin, Moin! Hallo! Gibt es etwas, was ich wissen müsste?«, fragt Swensen laut in den Raum und setzt sich auf einen der freien Stühle am Tisch. Einen kurzen Moment ist Stille, dann geht das Gebrabbel ohne Antwort weiter.
    Nur Silvia Haman kommt zu ihm herüber und flüstert: »Colditz hat doch vor einiger Zeit angekündigt, einen Profiler mit in unsere SOKO zu holen.«
    Die Hauptkommissarin guckt ihn bedeutungsvoll an, spricht aber nicht weiter. Swensen kommt es so vor, als dürfte dieser Satz nicht laut ausgesprochen werden. Gleichzeitig fällt ihm die Frauenstimme hinter Püchels Bürotür ein. Der Groschen fällt.
    »Und der Profiler ist eine sie?«
    Silvia nickt stumm. Gleichzeitig platzt Colditz herein, dicht hinter ihm Heinz Püchel und eine unbekannte Frau, auffällig geschminkt. Sie trägt einen dezenten Nadelstreifenanzug mit taillenbetontem Schnitt. Die drei stellen sich wie eine Einheit vor der Pinnwand auf. Swensen beobachtet, dass den Kollegen der SOKO fast die Luft wegbleibt. Es dauert mindestens drei Atemzüge, bis sie unter lautem Stühlegerücke Platz genommen haben.
    »Das ist Dr. Helene Klein vom Bundeskriminalamt«, stellt Colditz die hochgewachsene Unbekannte vor. »Sie arbeitet seit Jahren als Fallanalytikerin. Ich habe Sie, nach Rücksprache mit Heinz, gebeten, uns bei den Kirchenmorden behilflich zu sein.«
    »Ich bin Frau Dr. Klein sehr dankbar, dass Sie uns so prompt zugesagt hat«, ergänzt der Polizeirat mit frenetischer Stimme. »Ihr wisst alle, wir haben es mit ungewöhnlich kniffeligen Fällen zu tun. Dass es sich dabei um einen Serientäter handelt, wird immer wahrscheinlicher. Ich setzte große Hoffnung darauf, dass uns Frau Dr. Klein neue Wege offenbaren kann. Gibt es irgendwelche Fragen, Kollegen?«
    Es wird mucksmäuschenstill im Raum, die meisten Männer gucken verlegen auf die Tischplatte oder starren zur Decke. Die Luft ist plötzlich zum schneiden dick, voll mit aufgestautem Emotionen, die sich explosionsartig zu entladen drohen.
    »Was können Sie, was wir nicht können, Frau Dr. Klein?«, fragt Silvia Haman in die unerträgliche Stille. Alle Augen richten sich jetzt auf die Profilerin, die dem Interesse an ihrer Person locker begegnet.
    »Ich kann nicht mehr, als Sie auch können«, sagt sie mit klarer Stimme. »Aber ich kann wahrscheinlich etwas anderes. Auch eine Fallanalytikerin leistet Teamarbeit, die Sie hier ja sowieso praktizieren. Ohne ihre Bereitschaft, mich mit in ihr Team zu integrieren, werde ich nicht viel bewirken können. Und damit Sie einen kleinen Eindruck von meinen Fähigkeiten bekommen, werde ich kurz einen Ausschnitt aus meinem Arbeitsgebiet skizzieren. Ich bin Expertin für Gewaltsignaturen von Serienmördern.«
    »Gewaltsignaturen«, echot Mielke. »Wie ist das zu verstehen?«
    »Nun, die perfideste Spielart eines Serientäters ist beispielsweise der Sadismus. Wie verhält sich also gerade ein Sadist? Ein Sadist steigert seine Erregung in die Leidenschaft, über ein Opfer absolut und jederzeit verfügen zu wollen. Er wird versuchen sein Opfer systematisch zu dehumanisieren, es zu einer Sache zu degradieren, damit er es für seine eigene, zügellose Begierde benutzen kann. Das oberste Ziel des Sadisten ist es, Macht auszuüben. Die Leiden, die er dem Opfer aufzwingt, lassen ihn

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