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Eidernebel

Eidernebel

Titel: Eidernebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wimmer Wilkenloh
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sein«, antwortet Claßen mit pastoraler Stimme. »In Gottes Namen, natürlich helfe ich, die Guten von dem Bösen zu trennen.«
     
    Knapp eine halbe Stunde später marschiert der Hauptkommissar auf der Dorfstraße in Richtung seines neuen Zuhauses. Er hatte Silvia gebeten, mit Helene Klein allein in die Inspektion zurückzufahren. Die war nicht gerade begeistert gewesen, aber er hatte keine Lust die Strecke heute noch zwei Mal zu fahren. Am Abend läuft im Husumer Verzehrkino ›Fluch der Karibik‹ und er will mit Anna in die Vorstellung. Johnny Depp ist ihr Lieblingsschauspieler und daher ein absolutes Muss. Er könnte danach seinen Wagen vom Dienstparkplatz abholen.
    Eine Frau kommt durch die Gartenpforte vom Grundstück, eilt über die Straße und schließt ihre Autotür auf. Swensen sieht sie nur schräg von hinten, aber er weiß sofort, dass er sie kennt.
    Maria Teske, rätselt er und verwirft es sofort wieder. Nein, das kann nicht sein.
    Als die Frau die Wagentür öffnet, schaut sie herüber und verharrt in der Bewegung.
    »Herr Swensen!«, ruft sie erstaunt. »Was machen Sie denn hier in Witzwort?«
    »Ich wohne hier!«, ruft er zurück, und im selben Moment wird ihm die Situation klar.
    »Sie kennen Frau Diete?«
    »Sicher, seit neun Jahren!«
    »Oh, na so was! Die Welt ist klein.«
    »Sie kommen aus der Praxis?«
    »Äh … ja … ich … ich hatte gerade … ein kleines Beratungsgespräch. Sie behalten das bitte für sich, oder?«
    »Was für ein Zufall! Ich bin noch nie einer Klientin von Anna begegnet, die ich persönlich kenne«, sagt Swensen nachdenklich. »Aber Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, Frau Teske, alles was mit Annas Praxis zu tun hat, ist für mich automatisch topsecret.«
    Die Journalistin schaut den Hauptkommissar mit einem ungläubigen Ausdruck an.
    »Ehrlich«, bestätigt Swensen noch einmal, »wenn Sie da ganz sichergehen wollen, brauchen Sie es nur Frau Diete zu erzählen. Die würde mir die Hölle heiß machen, wenn ich gegen unsere Regeln verstoße.«
    »Ich glaube Ihnen ja«, bekräftigt Maria Teske seine Aussage und grinst verlegen. »Ich wollte nur sagen, dass ich mir in meinem Job kein Gerede leisten kann.«
    »Klar doch! Ich denke, ich weiß, wovon Sie sprechen.« Swensen Stimme klingt beruhigend. »Wir brauchen uns ja immer mal wieder, beruflich meine ich. Apropos ›brauchen‹. Es soll demnächst einen Gedenkgottesdienst für die drei Opfer der Kirchenmorde geben. Die Husumer Inspektion wäre sehr daran interessiert, wenn Ihre Zeitung vorab darüber berichten würde, möglichst in einem größeren Artikel.«
    »Da steckt doch was dahinter, oder?«
    »Für uns steht das in einem ermittlungsrelevanten Rahmen, mehr kann ich Ihnen dazu nicht sagen.«
    »Wenn sich daraus eine brandheiße Story entwickelt, dann bin ich aber …«
    »… Sie sind die Erste, versprochen!«
    »Gut! Allerdings wäscht eine Hand immer die andere, wie man so schön sagt.«
    »Keinen Kuhhandel, Frau Teske! Sie wissen genau, ich kann …«
    »… ich bräuchte nur eine kleine Privatinformation, Herr Swensen.«
    »Privat? Nichts, was mit den Fällen zu tun hat?«
    »Nein, nichts! Ich kenne eine Frau, die eine Herztransplantation hinter sich hat. Die hat in letzter Zeit schreckliche Albträume, in denen sie einen Mann sieht. Ich würde im Zusammenhang mit einem Artikel gerne ein Bild dieses Mannes haben. Könnten Sie mir vielleicht jemanden nennen, der Phantombilder erstellen kann? Natürlich müsste das unter der Hand sein, ohne viel Aufwand!«
    »Klingt ziemlich konspirativ!«
    »Ist es aber nicht.«
    »Gut, ich werde sehen, was ich für Sie tun kann. Ich kenne im LKA Kiel eine Computerfachfrau, die vor längerer Zeit mal ein Gesicht für mich rekonstruiert hat. Ich werde sie anrufen, ganz unverbindlich versteht sich.«
    »Besten Dank, Herr Swensen.«
     
    *
     
    Sein Körper ist infiziert mit dem Jagdfiebervirus, ein unbändiges Kribbeln in der Magengegend, das ihn seit Wochen aus dem Haus und wieder hierher zurück treibt. Gestern war er sehr spät am Abend aus dem Örtchen Welt zurückgekommen, wo er den Cache in der St. Michael Kirche gefunden hatte.
    In der kleinen Plastikfilmdose, die mit einem Magneten hinter dem rechten Dachrinnenrohr auf der rechten Seite des Glockenturms befestigt worden war, hatte ›Seefahrer‹ die neuen Koordinaten Nord 54º 20.046 – Ost 8º 49.478 bekannt gegeben. Heute Morgen wollte Michael Moraht natürlich so schnell wie möglich wissen, welcher neue Standort

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