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Eifel-Gold

Eifel-Gold

Titel: Eifel-Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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bedankte er sich. Er nahm sie wie ein Baby in die Armbeuge und verschwand in der Nacht. Sein Gesicht war verwirrt.
    »Was sagt uns das?« fragte Marker hinter mir.
    »Ich weiß es nicht genau.«
    »Es waren also drei Männer mit einem Tieflader und einem leichteren Trecker«, murmelte er.
    »Es kann auch eine Frau dabeigewesen sein«, rief Rodenstock irgendwo hinter uns im Dunkel des Flurs. »Lieber Himmel, ich brauche einen Kaffee.«
    »Wir haben noch zehn Minuten bis zum Bürgermeister«, stellte ich fest.
    Wir hatten diese zehn Minuten nicht, denn die Frau meines Bürgermeisters rief an und sagte empört: »Also, Klärchen ist doch wieder losgerannt und steht splitterfasernackt vor der Madonna an Christians Scheune. Kann man dem denn nicht verbieten, nachts zu schweißen?«
    »Ich sause hin«, beruhigte ich sie, dann informierte ich meine Besucher. »Ich bin sofort wieder da.«
    »Ist es die unsägliche Witwe Bolte?« fragte Unger.
    »Sie ist nicht unsäglich«, wies ich ihn zurecht.
    »Beeilen Sie sich«, mahnte Marker.
    Elsa kam hinter mir her und setzte sich in den Jeep. »Ich will sehen, wie sie ausflippt.«
    »Sie flippt gar nicht aus, sie ist einfach nur auf eine angenehme, nicht aufdringliche Weise verrückt. Früher durften diese Typen im Dorf bleiben, bekamen ihr Essen und wurden gepflegt. Heute pflegt sie der Staat und macht sie arm.«
    »Unsere Gesellschaft hat sich eben verändert.«
    »Vermutlich willst du sagen, zum Besseren.«
    Sie antwortete nicht mehr, sie murmelte: »Das gibt es doch gar nicht!«
    Inzwischen waren wir am Ziel, und an der Ecke der großen Scheune, an der auf einem Haufen aus Bruchsteinen die Gipsmadonna stand, brannten sicherlich mehr als dreißig Teelichter in der stillen, heißen Nacht. Davor erhob sich wie ein kleiner Hügel die Gestalt der knienden Witwe Bolte. Sie hatte sich eine alte Pferdedecke übergehängt, es wirkte gespenstisch.
    Christian Daun, sein Vater und Peter Blankenheim standen einige Meter abseits zusammen, waren sehr ruhig und gelassen und rauchten.
    »Heh, Klärchen«, rief ich munter. »Du gehörst ins Bett!«
    »Die ist völlig weg«, meinte Christian Daun.
    »Die hört dich gar nicht«, sagte Peter Blankenheim.
    »Das muß doch mal ein Ende haben«, knurrte Nikolaus Daun.
    Die Witwe Bolte betete, ihre Lippen bewegten sich schnell, ihre Züge waren vollkommen glatt und verklärt, und die Augen hielt sie geschlossen. Sie drehte sich um, und dabei rutschte die alte Decke von ihr herunter. Sie war auf eine unnahbare Weise nackt, sie war vollkommen unberührbar. »Wollt ihr nicht lieber mitbeten?« fragte sie im Mama-Ton.
    »Du erkältest dich, Klärchen«, sagte Elsa freundlich und legte ihr die Decke über.
    »Danke, mein Kind«, flüsterte Klärchen.
    »Warum gehst du nicht zum Schweißen auf den Hof deines Vaters?« fragte ich Christian Daun.
    Er zuckte die Achseln. »Hör mal, Siggi, wir haben alle Maschinen von mir, von meinem Vater und vom Blankenheim-Hof hierhergefahren. Wir arbeiten wie die Sklaven, ich muß die Dinger nachts reparieren. Mir ist eine Wellenhalterung im Mähdrescher gebrochen. Verdammt, ich kann doch nicht das ganze Gerät auf meinen Elternhof schaffen. Jedesmal, wenn ich hier schweiße, kommt sie an und betet. Wieso kriegt der Bürgermeister keinen Heimplatz für sie?«
    Es war augenblicklich still, Klärchens Lied erstarb, sie stand auf, die Decke rutschte herunter, sie stand da und sagte: »Wenn mir einer das hier nimmt, lege ich mich zum Sterben hin.«
    »Scheiße!« fluchte Christian Daun. »Das wollte ich nicht.«
    »Das will doch kein Mensch«, sagte sein Vater.
    »Beruhige dich«, meinte Blankenheim. »Ich sage Erna, sie soll dich heute nachmittag mit Kaffee und Kuchen besuchen. Vielleicht kannst du ja mal zu uns hochkommen? So alt bist du doch nicht, daß du das nicht schaffst.«
    »Das wäre schön«, flüsterte Klärchen gläsern. »Jetzt gehe ich schlafen.« Sie griff nach der Decke, hängte sie sich über und ging langsam die zweihundert Meter zu ihrem Haus.
    »Sie ist wirklich wunderbar«, sagte Elsa versonnen.
    »Sie war immer ein guter Typ«, murmelte Peter Blankenheim.
    Der alte Daun setzte hinzu: »Wunderlich, immer etwas wunderlich, aber sie hat uns Kinder sehr gemocht, nie angebrüllt.«
    »Wir müssen das durchstehen«, stellte ich fest und blies die Teelichter aus.
    »Geht klar«, sagte Christian einfach und zündete sich eine Zigarette an. »Wollt ihr ein Bier?«
    »Keine Zeit«, lehnte Elsa ab.
    »Habt ihr die

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