Eifel-Gold
Klingt wie International.«
»Phantastisch!« seufzte Marker. »Das ist wirklich phantastisch. Es hilft uns nicht die Spur weiter, hat aber das Flair einer spiritistischen Sitzung.«
»Verdammt noch mal, das ist nicht wahr«, widersprach ich. »Ich verlasse mich darauf, daß Wassi einen Trecker gehört hat. Und er hört einen leichten Trecker der Marke International. So was hört man hier. Vierzig PS ungefähr. Aber Sie übersehen die Tatsache, daß es ein Trecker ist, mein Bester. Wenn wir von einer international arbeitenden Gruppe ausgehen, dabei aber ein Trecker tuckert, dann stimmt etwas nicht, denn solche Gruppen benutzen niemals einen Trecker.«
»Das könnte sein«, sagte Marker. »Aber mehr auch nicht. Dann brauche ich diesen Trecker.«
»Ja, ja«, murmelte Rodenstock trübsinnig. »Sie waren gut, Wassiliew. Vielen Dank.«
»Und nichts im Heim?« fragte Wassi. »Wirklich nicht, Chef?«
»Ich verspreche es«, nickte Marker. »Nichts im Heim.« »Dann gehe ich.« Er stand auf, stand linkisch herum, wußte wieder nicht, wohin mit den Händen. Da tauchte Elsa hinter ihm aus dem Nichts auf und befahl: »Einen dreifachen Schnaps für die Arbeit.«
Wassi strahlte, nahm das Glas, trank es aus und warf es hinter sich auf die Fliesen. »Gutes Haus«, sagte er dann und ging Elsa flüsterte mir zu: »Er liebt dich.«
»Das kann schon sein«, meinte ich. »Er sieht im Wald dieselben Sachen wie ich, und er kann genauso gut die Schnauze halten wie ich. Aber er ist im Gegensatz zu mir knallhart.«
Dann kam mir eine Idee. Ich rannte hinter ihm her und schrie: »Heh, Wassi, komm noch mal zurück. Wir haben etwas vergessen.«
»Meine Frau ...«, widersetzte er sich matt.
»Es dauert nicht lange«, versicherte ich.
Rodenstock und Marker waren in ein Gespräch vertieft. Sie waren erstaunt, aber sie griffen nicht ein. Wassi setzte sich wieder.
»Hör zu, Wassi. Mir ist noch etwas eingefallen. Wenn du im Wald bist: Kannst du, ohne die Erde zu fühlen, sagen, ob es dort feucht ist oder trocken?«
»Na sicher«, lächelte er. »Du weißt doch. Es sind Gräser dort und Pflanzen. Und bestimmte Gräser wachsen nur, wo feucht ist oder wo trocken ist, und deshalb weiß ich das.«
»Gut. Du hast die Augen zugemacht und in dir nachgehört, was dort für Geräusche gewesen sind. Wir wissen jetzt mehr. Aber du hast auch gute Augen, nicht wahr?«
»Sehr gute Augen«, nickte er. »In Kasachstan sagten die Leute, ich könnte besser sehen als ein Luchs.«
»Wenn du Tiere im Wald siehst, kannst du unterscheiden, wie alt sie sind? Kannst du ihr Alter erkennen?«
»Sicher«, bestätigte er sofort. »Weißt du, es ist wie bei Menschen: Junge Tiere bewegen sich anders als alte Tiere. Junge Tiere haben sehr viel Kraft und machen viel unnütze Schritte. Es ist so, als hätten sie zuviel Kraft. Junge Tiere tollen, alte nicht. Wenn du siehst eine Fuchsfamilie, dann geht die Mutter immer vorn. Und die Kleinen hinter ihr her im Gänsemarsch. Aber die Kleinen gehen nicht genau im Gänsemarsch. Sie machen mal hier einen Schritt mehr, mal dort. Und sie spielen mit dem Schwanz vom Fuchs, der vor ihnen geht. Sie sind eben Kinder.«
Er hockte da und war verliebt in seinen Wald. Rodenstock und Marker starrten ihn ergriffen an.
»Das ist sehr gut. Du sagst, es waren wahrscheinlich drei Männer. Mach noch einmal die Augen zu. Okay. Und jetzt erinnere dich an ihre Bewegungen. Du konntest sie nicht erkennen, weil sie diese Motorradhauben trugen. Aber du hast sie gesehen. Wie bewegten sie sich? Schnell, geschmeidig, schwerfällig, wie dicke Menschen, wie dünne Menschen?«
»Ach so«, hauchte Marker.
»Einer war jung«, sagte Wassi. »Ja, einer war jung.«
»Was machte der?«
»Der fuhr nicht den Tieflader. Auch nicht den Geldtransporter. Das war der, der blieb.«
»Der mit dem Trecker?«
»Ja, ja, ich denke.«
»Und die anderen beiden?«
»Bewegten sich anders. Irgendwie schwerer.«
»Älter?«
»Älter«, kam es bestimmt zurück.
»Danke, Wassi«, sagte ich. »Sag mal, bist du eigentlich katholisch?«
»Ja«, nickte er etwas verwundert.
Ich ging hinüber in mein Arbeitszimmer und nahm die alte hölzerne Madonna von ihrer Unterlage, die irgendwer aus meiner Familie vor Urzeiten in den Wirren des Krieges irgendwo gegen eine Stange Zigaretten eingetauscht hatte. Das Gesicht dieser Maria war mädchenhaft, irgendwie gänzlich unglaublich. Ich reichte sie ihm und sagte: »Vielleicht ist das auch etwas für deine Frau.«
»Ja, ja«,
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