Eifel-Jagd
Niemand in diesen Orten hatte damit zu tun, alle waren
sie fremd. Oberhalb von Kopp, etwas höher als Eigelbach, saà Narben-Otto. Er
thronte dort oben genau am Einlauf der Zielgraden sämtlicher Kuriere. Es war
wie ein göttliches Wunder, als er sich bereit erklärte, mitzumischen.«
»Aber er zweigte gleich eine Menge von dem Zeug ab«, mahnte
Rodenstock.
»Mit unserer Einwilligung«, sagte Jentsch grinsend. »Wir
wissen, daà er die Clique um Julius Berner versorgte. Wir wissen auch, daà er
die Clique als Kuriere benutzte, mal diese, mal jenen, mal ein Pärchen.
Narben-Otto arbeitete sich für uns ganz langsam in den Dealerring hinein. Und
das machte er klasse, er ist der geborene Undercover-Mann gewesen. Wir haben
inzwischen Personalien inklusive Fotos und Filmaufnahmen von 56 Beteiligten,
wir haben die Treffs fotografiert, die Wege aufgezeichnet. Es fehlten nur noch
die fünf wichtigsten Manager des Ringes, da wurde Narben-Otto getötet.«
»Und dein Partner in Düsseldorf war das Hauptzollamt?« fragte
Rodenstock.
»So ist es.«
»Und wer auf der Seite der Polizei wuÃte davon?«
Jentsch verzog das Gesicht. »Das geht nun wirklich zu weit.«
»Geht es nicht«, widersprach Rodenstock. »Sag es uns gleich,
wir werden es sowieso herausfinden.«
»Das Landeskriminalamt in Düsseldorf.«
»Und welche Abteilung und welcher Abteilungsleiter? Nein, halt,
da wirst du passen müssen. Vermutlich die Drogenfahndung und die Abteilung
Wirtschaftskriminalität. Vielleicht auch Organisierte Kriminalität. Richtig?«
»Stimmt«, sagte der Zollmann. »Der Mann heiÃt Martin Kleve,
Alter ungefähr Sechzig, Kriminaloberrat und verschlossen wie eine Auster. Den
knackt ihr nie.«
»Das kommt immer darauf an wie gut unsere Argumente sind«,
murmelte Rodenstock. »Eine letzte Frage: Wen wollte Narben-Otto am Steinbruch
bei Balesfeld treffen?«
»Ganz ehrlich, das wissen wir nicht. Wir nehmen an, er traf den
Mann, der die nächste Kurierroute ausbaldowert hat. Aber der wird Narben-Otto
nicht getötet haben, das ist nämlich ein Rentner, der für den deutschen Wald
schwärmt und von tränenblinder Naivität ist. Noch etwas: Das Undercover-Objekt
läuft weiter, wir werden die Dealergruppe weiter observieren, und wenn wir die
fünf Spitzenleute haben, soll der ganze Verein hochgehen. Besteht also die
Möglichkeit, daà Narben-Otto in diesem Zusammenhang nicht genannt wird?«
»Das wird schwierig«, sagte ich. »Eure Aktion können wir
verschweigen, nicht verschweigen können wir den Mord an Narben-Otto. Und
letztlich können wir auch nicht verschweigen, daà Narben-Otto mit Drogen dealte
und Abtreibungen durchführte.«
»Das würde uns reichen.«
Rodenstock nickte: »Dann sind wir klar. Ich danke dir.«
»Nichts zu danken«, erwiderte Jentsch trocken. »Eure Position
war schlicht zu stark. Ich kann mich an keinen Fall erinnern, in dem du Sauhund
nicht so vorbereitet warst, daà man dir nicht geben muÃte, was du wolltest.
Dein Nachfolger ist erfreulich schlechter.«
»Der Sauhund bedankt sich«, strahlte Rodenstock. »Das tut
richtig gut.«
»Du sollst mit einer Holländerin zusammen sein?«
»Viel schlimmer. Sie ist Holländerin und Polizeichefin.«
Die beiden flachsten noch eine Weile herum, ehe wir uns
verabschiedeten.
Dann rief ich Kalle Adamek in der Trierer Redaktion von Radio RPR an, und er warf mit einer
einzigen Bemerkung unsere Tagesplanung über den Haufen.
»Die Nachricht, daà wir einen orangefarbenen Opel Kombi mit
Münchner Kennzeichen suchen, ist dreimal gesendet worden. Wir wissen jetzt, wo
er steht. Da kannste mal sehen, wie gut Regional-Radio ist.«
»Und, wo steht er?«
»Zwischen Kopp und Birresborn, rechter Hand. Hinter Kopp steht
ein verlassener Bauernhof, ziemlich verfallen. Das Haus hat die Nummer zehn.
Vor diesem Haus steht der Opel, aber das Haus ist leer und der Fahrer nicht
aufzufinden. Der kann überall sein. Etwas ist komisch. Er hat den Wagen so
geparkt, daà man von der StraÃe aus das Heck sehen muÃ. Wäre er zehn Meter
weiter gefahren, wäre der Wagen verschwunden gewesen.«
»Was ist daran komisch?«
»Ich habe das Gefühl, daà dieser Botaniker namens Manfred Boll
wollte, daà man das Auto findet.«
»Warum soll er das
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