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Eifel-Kreuz

Eifel-Kreuz

Titel: Eifel-Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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gelesen, obwohl wir es eigentlich nicht durften. Die Kirche sagt ja, es
sei ein böses Buch. Das muss man sich mal vorstellen: Im Jahre 2006 kriegst du
die kirchliche Order, deine Hände von dem Stoff zu lassen. Und warum? Weil ein
Autor mit dem uralten Gerücht spielt, Jesus habe mit Maria Magdalena ein Kind
gezeugt. Davon abgesehen war Sven der Meinung, der Roman tauge als Krimi
nichts, sei schlecht strukturiert und stilistisch beschissen. Außerdem, sagte
Sven, habe der Autor historische Fehler eingebaut. Ich kann das nicht
beurteilen, Sven wusste da besser Bescheid. Wie auch immer: Richtig verboten hatten
die Pauker den Stoff nicht. Das konnten sie ja gar nicht; sie haben nur gesagt,
sie erwarten von einem Gymnasiasten, dass er das Buch nicht anpackt. Und Sven
ging hin und pinnte ein weißes DIN-A4-Blatt an das Schwarze Brett. Darauf
stand: Ich habe das Buch gelesen, plus
Unterschrift. Nach drei Tagen waren achtzig Unterschriften auf dem Blatt. Erst
dann realisierten die Lehrer die Aktion und das Echo war riesig. Pater Rufus
riss den Zettel vom Brett und schrie herum. So viel Stunk hatte ich noch nie
erlebt. Doch die Sache ging weiter. Anderntags schrieb Sven einen Jesus-Witz
auf und pinnte das nächste Stück Papier ans Schwarze Brett.«
    Â»Jesus-Witz? Einen hat mir Dickie schon erzählt. Wie geht
dieser?«
    Â»Ach, der ist uralt: Klein Fritzchen wird von Berlin aus
in die Ferien geschickt. Nach Bayern, in die Alpen. Dort machen sie jeden Tag
Ausflüge unter der Leitung katholischer Nonnen. Auf einmal sehen sie ein
Eichhörnchen, das munter über die Wiese am Waldrand hüpft. Da fragt Schwester
Theodora: ›Na, Fritzchen, kannst du uns sagen, wie dieses liebe braune kleine
Tier heißt?‹ Fritzchen überlegt ein paar Sekunden und antwortet dann: ›Also,
normalerweise würde ick sagen, dat is een Eichkater. Aber wie ick den Vaein
hier kenne, wird det wohl dat liebe Jesulein sein.‹ Der Witz hing zwei Tage
aus, dann wurde Sven zum Direktor bestellt. Weil Sven aber sagte: ›Das war ich
nicht!‹, konnte der nichts machen. Zu beweisen war da nichts.«
    Alex lachte und stand auf. Der Junge war ein riesiger
Kerl, er musste mehr als zwei Meter messen.
    Â»Du meine Güte, wo bekommen Sie denn Hemden und Hosen
her, in der Größe?«
    Er grinste. »In Köln gibt’s so ’nen Spezialladen.«
    Â»War die Geschichte damit zu Ende?«
    Â»Nein, natürlich nicht. Der Elternbeirat wurde zusammengerufen.
Was da besprochen wurde, wissen wir nicht so genau. Ich weiß aber, dass mein
Buch Sakrileg plötzlich weg war. Mein
Vater hat es verbrannt. Natürlich ohne mich zu fragen. Ähnliches passierte
anderen auch. Die Eltern haben mal wieder komplett neben der Spur reagiert,
keiner von denen hatte das Buch gelesen, sie wussten gar nicht, worum es
wirklich ging.«
    Â»Sven wurde in dem Haus St. Adelgund gekreuzigt. Waren
Sie jemals dort?«
    Â»Nein.«
    Â»Das Haus verfügt über Kameras und andere elektronische Sicherheitsvorrichtungen.
Fällt Ihnen jemand ein, der sich mit so was auskennt, der so ein System überlisten
kann?«
    Er lächelte, fast ein wenig spöttisch. »Das kann kein großes
Problem sein. Der Benedikt könnte so was, zum Beispiel. Der ist mal in den
Daten der örtlichen Kreissparkasse spazieren gegangen. Das habe ich selbst
gesehen.«
    Â»Gehört dieser Benedikt auch zur Clique?«
    Â»Na ja, so ein bisschen. Es gibt viele, die mal
dazugehören und mal nicht.«
    Ich wagte mich etwas weiter vor. »Halten Sie es für möglich,
dass jemand aus der Clique etwas mit den scheußlichen Vorgängen zu tun hat?«
    Â»Nein! Das ist unvorstellbar.«
    Emma kam auf die Terrasse heraus und verkündete: »Es gibt
eine Kleinigkeit zu essen, wenn ihr wollt.«
    Â»Nur noch eine Frage«, sagte ich hastig. »Jemand hat Sven
gekreuzigt. Und dann hat er die Szene fotografiert und die Fotos herumgefahren,
zu den Ermittlern nach Trier und nach Wittlich und zu den verschiedensten
Medien. Wer macht so was?«
    Â»Das weiß ich doch nicht«, antwortete Alex. Langsam wandte
er sich mir zu und murmelte: »Das heißt ja, dass jemand wollte, dass alles
rauskommt.«
    Â»Richtig«, nickte ich. »Leider verstehen wir die
Botschaft aber nicht. Was soll alles rauskommen?«
    Alex blieb stumm, sein längliches Gesicht wirkte ratlos
und war gleichzeitig voller Kummer.
    Emma

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