Eifel-Müll
Ladislaw. Ich habe ihn schon lange nicht mehr gesehen. Der ist ein lustiges Haus und säuft wie ein Loch. Ist immer für ein paar Witze gut.«
»Hat der auch einen Nachnamen?«
»Ja, klar. Aber ... warte mal ... ich muss überlegen. Brunski, nein halt, Bronski. Ladislaw Bronski.«
»Und hat er einen Beruf? Handelt er auch mit Müll? Oder transportiert er Müll?«
»Das weiß ich nicht.« Sie machte eine Pause. Dann weinte sie unvermittelt leise. »Wissen Sie, wann ich sie nach Hause kriege? Wann ich sie beerdigen kann?«
Die Trauer kam über sie und begann sie zu überschwemmen.
»Keine Ahnung. Ich würde aber davon ausgehen, dass das noch eine Weile dauert.«
»Ist gut«, sagte sie abrupt. »Wiederhören.«
Ich stand auf und trödelte im Garten herum. Rodenstock und Vera telefonierten pausenlos und Emma war im Haus ebenso beschäftigt. Der Knöterich an der Mauer wucherte wie verrückt und sah mit seinen Blüten wie ein Wasserfall aus Schnee aus. Mitten darin stand die prächtig weiße Blüte einer Schafgarbe. Ich bog den Knöterich beiseite und entdeckte, dass sich die Pflanze in eine Vertiefung zwischen zwei schweren Feldsteinen gesetzt hatte. Sie hatte nicht die übliche Höhe von Schafgarbe – dreißig bis vierzig Zentimeter. Sie war mindestens hundertzwanzig Zentimeter hoch. Der Knöterich hatte sie gezwungen, das Licht zu erreichen, Segen der Konkurrenz.
Vera rief: »Ich habe was!« Es klang optimistisch. »Aus Hardbecks Walther PPK ist nicht geschossen worden. Eindeutig. Das Projektil hat man nicht gefunden. Der Mini von Natalie ist nach wie vor weg und die Mordkommission knabbert genau wie wir an der Frage herum, wo Natalie den ganzen Tag über gewesen ist. Aber sie wissen nun genau, was in den Fässern ist. Alle zwölf Fässer enthalten eine ölige Substanz aus der Chlorchemie. Es ist PCP. Das wird als Kühlmittel verwendet, ist hochgiftig und stark krebserregend. Was das Zeug noch gefährlicher macht, ist eine starke Verunreinigung mit Dioxinen. Und sie wissen noch etwas: die Quelle der Brühe. Es sind die Rheinischen Olefin Werke, kurz ROW. Im Süden Kölns.«
»Weiß man etwas über das Alter des Zeugs?«, fragte Rodenstock.
»Nein, aber die Kommission kümmert sich um Spezialisten, die das ganz genau bestimmen können. Aber das kann dauern.«
»Ich kann beisteuern, dass die Finanzfahndung mit Sicherheit gegen ein oder mehrere Mitglieder der Männerrunde in Tinas Forsthaus tätig ist. Ich sage: tätig ist. Das hat mit den Todesfällen nichts zu tun, aber die Todesfälle zwingen die Fahnder selbstverständlich dazu, ein höheres Tempo vorzulegen. Auch die Frauen, das ist sicher, werden überprüft. Mein Informant nannte das ein bereits kaufendes Verfahrens Und schon wieder bin ich auf den Spitznamen Graf von Monte Christo gestoßen. Daneben gibt es noch einen scheinbar interessanten Mann mit dem Vornamen Ladi. Soweit die Neuigkeiten aus meiner Ecke.«
Rodenstock nickte langsam. »Ich möchte mit meinem Müll-Report warten, bis Emma dazukommt. Er wird ziemlich umfangreich ausfallen und ich als Rentner möchte die Arbeit nicht zweimal machen. Und dann steht da noch die Frage im Raum, ob man hier in diesem Haus etwas zu essen kriegt. Ich habe nämlich Kohldampf.«
»Hast du was im Eisschrank?«, fragte Vera.
»Ich hätte Gehacktes im Gefrierfach für Spaghetti, falls euch so was Ordinäres genügt.«
»Das klingt gut«, sagte Rodenstock erfreut. »Sieh an, da kommt die Mutter der Müll-Mafia.«
Emma schlenderte nachdenklich in den Garten und berichtete: »Misserfolg auf der ganzen Linie. Niemand der großen Geldherren ist zu Hause, alle sind auf Geschäftsreise. Herbert Giessen aus Münstereifel befindet sich angeblich im karibischen Raum, der Euskirchener Andre Kleimann ist in Hongkong und wird erst in der nächsten Woche zurückerwartet, Rechtsanwalt Dr. Lothar Grimm aus Koblenz ist zurzeit in Kolumbien, Hans Becker mit Wohnort Maria Laach ist zur Kur geschickt worden, angeblich nach Acapulco. Man stelle sich einen solchen Scheiß vor! Erreichbar sind nur die Büros, Sekretärinnen oder Geschäftsführer. Sie sind alle sehr freundlich, sie haben alle viel Verständnis, sie würden alle gern behilflich sein und sie alle sind untröstlich, nicht helfen zu können.« Sie lachte.
»Damit mussten wir rechnen«, sagte Vera. »Das kann nicht verwundern. Der ganze Club ist abgetaucht und ...«
»Bis auf Hardbeck«, unterbrach ich schnell. »Der kann ja nicht abtauchen, der muss wegen des
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