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Eifel-Müll

Eifel-Müll

Titel: Eifel-Müll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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liefen ins Haus. Dann hörte ich nur noch Scheiben splittern und Vorhänge reißen, Geräusche, die ganz schrecklich waren. Dann stürmten sie wieder raus, setzten sich auf die Motorräder und fuhren los. Und das Haus brannte. Ich konnte nur noch die Feuerwehr rufen.«
    »Du hast keine Ahnung, wer das war?«
    »Keine.« Sie schüttelte den Kopf, neigte ihn und verlor nun doch die Beherrschung. Sie schluchzte: »Das ist mein Untergang.«
    Vera setzte sich neben sie und nahm sie in den Arm.
    Ich lief auf die Rückseite des Hauses. Der erste Stock war bereits heruntergebrannt, die Fensterscheiben im Untergeschoss allesamt zertrümmert, das Wasser schoss in breiten Bahnen auf die Terrasse.
    »Darf ich in den Wohnraum reinsehen?«, fragte ich.
    »Bist du verrückt?«, fragte mich ein junger Feuerwehrmann.
    »Ja«, nickte ich und rannte auf die Tür zu.
    Er kam hinter mir her und keuchte: »He, stopp, du Irrer!«
    »Nur eine Sekunde«, sagte ich.
    Der Raum war verwüstet und das erste Bild, das sich unauslöschlich einprägte, war eine Wasserflut, die glasklar über den Isafahan schwappte, Tinas Schnäppchen, auf das sie so stolz war. Kein Bild an der Wand war unzerstört, alle zertrümmert. Aber eindeutig nicht zertrümmert von Wasser oder Feuer. Feuer gab es in diesem Raum noch gar nicht, obwohl das nur eine Frage der Zeit war.
    »Mehr wollte ich nicht sehen«, sagte ich dem jungen Feuerwehrmann ins Gesicht.
    »Da bin ich aber froh«, entgegnete er furztrocken.
    Vera hatte Tina noch immer im Arm und wiegte sie hin und her, wie man ein Kind wiegt.
    »Sie haben alles kurz und klein geschlagen«, sagte ich. »Tina, was glaubst du, wie lange sie im Haus waren?«
    »Ich weiß nicht. Lange, unheimlich lange, ich dachte, hört das denn nie auf ...?«
    »Und sie haben kein Wort geredet?«
    »Kein Wort. Und sie waren schwarz gekleidet. Ganz schwarz. Und Handschuhe trugen sie, dicke Handschuhe.«
    »Tina, hast du deine Tochter getötet?«
    Sie wandte den Kopf und sah mich an. Das, was mich am meisten beeindruckte, war, dass sie kein bisschen beunruhigt schien. Sie wirkte im Gegenteil vollkommen gleichgültig, als habe sie schon lange auf diese Frage gewartet.
    »Nein. Ich wusste ja, ich bin sie los. Ich wusste lange, dass ich sie los bin. Warum hätte ich sie töten sollen? Kann man das überhaupt? Sie lebt doch da drin.« Und sie deutete auf ihre Brust.
    »Und weißt du immer noch nicht, wie viel Natalie für den Müll-Deal als Extrabezahlung verlangte? Für sich persönlich?«
    »Wie viel es am Ende war, das weiß ich nicht. Fürs Erste hatte sie hunderttausend Mark Startgeld gefordert. Bevor sie die nicht hatte, wollte sie sich nicht an Adrian Schminck heranmachen.«
    »O Gott!«, hauchte Vera. »Und? Hat sie das Geld bekommen?«
    Tina nickte langsam, als sei das alles gar nicht mehr wichtig. »Aber ich weiß nicht, von wem.«
    »Das glaube ich dir nicht«, entgegnete ich scharf. »Du musst doch wissen, wer bei dem Deal die Feder führte. Wer war der Chef in der Truppe?«
    »Hans Becker und Herbert Giessen. Die haben die Oberbonzen gemacht.«
    »Wo ist das Geld?«, fragte Vera.
    »Keine Ahnung.«
    »Vielleicht steigt es gerade zum Himmel rauf«, murmelte ich. »Noch eine Frage. Hat der Deal am langen Ende überhaupt stattgefunden? Ich meine, haben die vier die Aktien von Adrian Schminck gekriegt?«
    »Haben sie«, sagte Tina düster. »Die ganzen dreißig Prozent. Nati hat noch gesagt, dass sie das besonders gut hingekriegt hätte. Das war, als sie mir sagte, sie würde erst mal für eine Zeit nach Hollywood gehen.«
    »Wohin?«, fragte ich verblüfft. »Wieso denn jetzt Hollywood? Es sollte doch Kuba sein, oder?«
    Tina sah mich an, als hätte ich von Töchtern nicht die geringste Ahnung. »Es war Kuba, es war Moskau, es war New York, es war alles Mögliche. Es war immer das, was sie gerade irgendwo aufgeschnappt hatte. In dem Moment war es halt Hollywood.«
    »Also nicht ernst zu nehmen?«, fragte Vera schnell.
    »Das weiß ich nicht«, antwortete Tina verkniffen. »Wir können sie ja nicht mehr fragen.«
    »Verdammte Scheiße«, fluchte ich. »Warum konntest du das nicht eher sagen?«
    »Weil ich es nicht wahrhaben wollte«, sagte sie seltsam endgültig.
    Es hatte keinen Sinn, weiter auf Tina einzudreschen, ihr ruppige, ekelhafte Fragen zu stellen. Auf eine Weise war sie zerstört und würde nun vermutlich alles aussagen, was sie aussagen konnte. Ich musste grinsen: bis auf eines. Sie würde sicherlich nie offen legen, wo

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