Eifel-Müll
nicht, dass Förster oder Benesch etwas mit dem Mord zu schaffen haben, aber das ist gar nicht von Belang. Die Medien stellen Zusammenhänge her, die es eigentlich nicht gibt. Die Beamten stehen im öffentlichen Fokus, müssen sich rechtfertigen, sie geraten unter Druck. Das macht sie kaputt!«
»Wie sind Sie denn auf den Kosovo gekommen?« Er lächelte. »Ich habe eine Nachricht vom Innenministerium in Mainz bekommen, wonach Bayern und Rheinland-Pfalz je drei Polizeibeamte in den Kosovo abstellen können. Und da ich den Mann im Innenministerium gut kenne, habe ich ihm gesagt: ›Ich habe zwei für dich!‹ Damit war das gelaufen. Wenn wir den Mörder haben, kann ich die beiden zurückpfeifen. Alles in allem war das die richtige Entscheidung. Jetzt nämlich hat sich herausgestellt, dass Benesch und Förster in einem Nebenjob für Walter Hardbeck gearbeitet haben. Sie haben dessen Garten kultiviert, sie sind nämlich im Nebenberuf auf Gartenbau spezialisiert. Wenn mich ein Reporter fragt, ob ich davon gewusst habe, antworte ich mit Ja. Der Reporter wird trotzdem selbstverständlich andeuten, dass ich davon nichts gewusst habe und nur meine Leute decken will. Die Wahrheit ist, dass beide eine Genehmigung für diesen Nebenjob hatten. Ich selbst habe den Antrag unterschrieben. Das bedeutet, dass die Medien mich fertig machen werden, ohne dass ich gegen eine Verordnung oder gar gegen ein Gesetz verstoßen habe.«
»Sie sind Polizist und Sie kennen Land und Leute. Sie müssen doch einen Verdacht haben?«
»Nein. Leider nein. Das ist eine total verkorkste Geschichte. Wenn ich richtig informiert bin, können wir uns unter mindestens sechs Leuten einen Täter ausgucken. Diese Natalie war ein Satansbraten, Motive wie Sand am Meer. Sogar ihre Mutter hat eines, wenn man genau hinsieht.«
»Was ist mit dem Polen Ladislaw Bronski? Ist der hier schon einmal aufgefallen?«
»Nein, die zwölf Fässer waren die erste Meldung gegen ihn bei uns.«
Ich bedankte mich bei dem Mann und verschwand wieder. Er war einer jener aufrechten Eifler, von denen behauptet wird, sie sterben aus, aber möglicherweise hatte er für Nachwuchs gesorgt.
Ich ließ den Wagen am Behördenzentrum stehen und ging zu Fuß nach Daun hinein. Ich wollte meiner Gier nach einer Currywurst mit Fritten nachgeben. Von Zeit zu Zeit braucht meine Seele das einfach. So steuerte ich das Bistro am Busbahnhof an und schwankte, ob ich nicht lieber Schaschlik nehmen sollte. Dann entschied ich: erst die Wurst, dann das Schaschlik. Oder doch andersherum?
Während ich diese für mein Dasein gravierende Frage wälzte, bemerkte ich sie. Ich verband nicht sofort einen Namen mit ihr, aber das Haar und und die etwas demutsvoll geneigte Nackenlinie erinnerten mich an ein Bild im Wohnzimmer des Detlev Fiedler. Sie hockte geistesabwesend an einem kleinen Tisch und rührte ohne Unterlass in einer Tasse Kaffee herum. Dann sah sie hoch und erkannte mich. Augenblicklich wurde sie nervös, fuchtelte sinnlos mit den Händen auf dem Tisch herum.
»Guten Tag«, sagte ich.
»Ja, guten Tag«, grüßte sie zurück und lächelte verkrampft. Ich erinnerte mich, dass wir als Jugendliche solche Frauen als ›verhuscht‹ bezeichnet hatten.
»Ich glaube, ich muss mich entschuldigen«, stammelte sie. »Nehmen Sie doch Platz. Soll ich Ihnen einen Kaffee besorgen? Nein. Ah, das machen Sie selbst. Na ja, ich war neulich arg angeschlagen. Wissen Sie, seit Natalie tot ist, bin ich mit meinem Mann nicht mehr allein. Dauernd sitzen Journalisten da und wollen wissen, wie Natalie und Sven waren. Dann kommen Fernsehleute und bauen ihr ganzes Zeugs auf, machen ihre Aufnahmen und verschwinden wieder, nur damit die nächsten gleich nachrücken können. Das ist einfach furchtbar! Ich bete immer: Haut doch endlich ab!« Sie wedelte mit den Händen.
»Das kann ich gut verstehen. Aber ich denke, das Schlimmste ist ja nun überstanden.«
»Das hoffe ich auch.«
Der Mann hinter der Theke stellte meinen Kaffee auf die Anrichte und ich holte ihn mir.
»Wie haben Sie eigentlich Natalie erlebt?«
»Unverschämt souverän!«, antwortete sie wie aus der Pistole geschossen. »Ihre Arroganz war gnadenlos. Inzwischen wissen wir ja alle, was ihre Mutter da in Bongard getrieben hat, und wir wissen ja auch, was Natalie ... also, wie sie lebte. Ich habe mich immer gefragt: Was ist denn am Leben einer kleinen Nutte so aufregend, dass die sich was drauf einbildet?«
»Haben Sie denn schon vor Natalies Tod gewusst, dass sie
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