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Eifel-Schnee

Eifel-Schnee

Titel: Eifel-Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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der sogenannten guten Gesellschaft rausgeschmissen. Laß uns fahren, Öles Idee mit Kanada war sehr richtig.«
    »Aber du bleibst in der Eifel«, sagte sie sanft.
    »Na sicher. Ich mag das Land, und ich mag die Leute. Arschlöcher gibt es eben überall. Es gibt überall Prümmers und Mehrens und Kremers und Jonnys und Melanies und Marios.«
    »Übrigens Melanie«, seufzte Dinah. »Was spielt die denn eigentlich für eine Rolle.«
    Ich nahm die Linkskurve in Birgel mit zu hoher Geschwindigkeit und bremste quietschend ab. Ich mußte grinsen. »Thomas Mann hat ihre Rolle beschrieben, das ist eigentlich Frühkapitalismus pur. Da hat der Sohn eines reichen Mannes etwas zum Spielen, eine Art Edelnutte. Die wird gegen ein monatliches Fixum beschäftigt. Das funktioniert natürlich nur so lange, wie diese Frau für den Sohn attraktiv bleibt, sonst ist sie blitzschnell draußen ...«
    »Aber Melanie träumt davon, geheiratet zu werden, oder?«
    »Das glaube ich nicht«, sagte ich. »Eine echte Chance hat sie nicht. Sie wird immer eine Art unterbezahlte Nebenfrau bleiben. Das, was mit Jonny passiert ist, gibt Melanie allerdings Auftrieb. Sie weiß nämlich ekelhaft viel über diesen rauschgiftsüchtigen Sohn, und das ist ein enormes Kapital. Deshalb bezahlt der Vater sie auch weiter und kann es sich eigentlich nicht erlauben, sie rauszuschmeißen. Er fürchtet, daß sie sonst auspackt, zu einer Zeitung rennt, ihre Geschichte erzählt.«
    »Das ist doch Erpressung.«
    »Natürlich ist das Erpressung. Aber in dem Punkt bin ich fies: Ich gönne das solchen Kapitalisten aus tiefstem Herzen. Sie sollen für Melanie bezahlen. Wenn sie clever ist, legt sie in ihrer guten Zeit ein paar Sparbücher an.«
    Die Scheinwerfer warfen gleißende Reflexe auf den Schnee. Kurz vor Wiesbaum hockte ein Fuchs im Graben und machte sich nicht die Mühe zu flüchten. Seine Augen schillerten wie Bernstein, dann grün wie Jade.
    Zu Hause fanden wir einen Zettel von Rodenstock: Ich habe mir ein Taxi genommen und bin nach Daun ins Krankenhaus gefahren. Zu Mario.
    »Rodenstock ist etwas ganz Seltenes«, murmelte Dinah. »Trinkst du einen Kaffee mit?«
    »Ja, danke. Da gibt es einen katholischen Pfarrer namens Heinrich Buch. Angeblich hat Ole ihm sehr vertraut und viel mit ihm geredet. Ich möchte ihn treffen.«
    »Nicht mehr heute«, bestimmte sie. »Du siehst schon ziemlich mitgenommen aus, Baumeister. Und da wir schon über ein Baby gesprochen haben, muß ich dir sagen, daß du in diesem Zustand nicht mal eines zeugen könntest.«
    »Du unterschätzt mich, meine Liebe.« Aber sie hatte recht. Ich war müde und fühlte mich faltig wie ein alter Kartoffelsack.

FÜNFTES KAPITEL
    Wir waren zu überdreht, um sofort ins Bett zu gehen. Wir machten uns Brote zurecht, türmten sie auf ein Holzbrett, stellten sie auf den Couchtisch, setzten uns, aßen und starrten in den Fernseher. Irgendwann rief Rodenstock an und sagte seltsam belegt: »Ich bleibe noch eine Weile. Kann durchaus sein, daß ich die Nacht bei Mario verbringe.«
    »Wie geht es ihm?«
    »Gesundheitlich gut«, antwortete er hölzern. »Keinerlei Probleme in Sicht. Der Vater war hier und ist schier ausgeflippt. Mario mußte ihn trösten.«
    »Ich lege dir den Hausschlüssel unter die Fußmatte«, versprach ich.
    »Seid ihr weitergekommen?«
    »Ich denke schon, aber ein Durchbruch ist es nicht. Ich erzähle dir alles in Ruhe, wenn du hier bist. Und sei vernünftig und komm heim, wenn du müde wirst.«
    »Das ist kein Problem«, sagte er. » Grundmann hat mir eine Art Couch hier reinstellen lassen.«
    »Das ist gut. Grüß Mario herzlich und richte ihm aus, ich komme vorbei, sobald ich kann.«
    »Er ist wirklich sehr tapfer«, murmelte Rodenstock und beendete das Gespräch.
    Dinah starrte in den Fernseher, schien aber gar nicht wahrzunehmen, was dort lief.
    »Ich habe eine Frage an dich als Frau«, riß ich sie aus ihren Gedanken.
    »Nur zu, soweit ich weiß, bin ich eine.«
    »Das Bild, das wir von Betty bis jetzt haben, ist irgendwie zerrissen. Auf der einen Seite erlebt sie über Jahre mit Ole die große Liebe. Auf der anderen Seite erteilt sie Mario Unterricht und schläft mit diesem Holländer. Mario kann ich mir noch erklären, weil liebevolle Freundschaft so etwas bewirken kann. Aber der Holländer? Was soll das? Ist eine Frau fähig, mit jemandem zu schlafen, nur um Gewalt abzuwenden oder eine Gefahr zu bannen?«
    »Ja«, antwortete Dinah. »Nur Männer machen daraus das miese Problem der

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